Vorbehalte widerlegt: Rezyklate sind für Hochleistungsteile geeignet

Die Industrie setzt bei Hochleistungsteilen weiter auf Neumaterial aus Erdöl, aus Angst, Rezyklate könnten mit der Zeit ihre Festigkeit verlieren. Eine
15-Jahres-Studie des Fraunhofer LBF zeigt nun: Diese Sorge ist unbegründet.

Materialproben aus POM: Fraunhofer LBF zeigt, dass technische Kunststoffe auch nach 15 Jahren ihre Schwingfestigkeit behalten. Foto: Fraunhofer LBF

Ein zentrales Argument gegen den Einsatz von Rezyklaten in technisch anspruchsvollen Anwendungen lautet, dass die Materialqualität unsicher sei und sich die mechanischen Eigenschaften mit der Zeit verschlechtern würden. Eine Langzeitstudie des Fraunhofer-Instituts für Betriebsfestigkeit und Zuverlässigkeit LBF hat diese Befürchtung widerlegt. Demnach behalten recycelte Kunststoffe wie Polyoxymethylen (POM) und glasfaserverstärktes Plastik auch nach 15 Jahren Lagerung ihre Schwingfestigkeit. Für die Studie wurden Materialproben wiederholten Belastungszyklen ausgesetzt – vergleichbar mit den mechanischen Beanspruchungen, denen ein Zahnrad oder ein Saugrohr im Betrieb standhält. Das Fraunhofer LBF testete die Proben bei unterschiedlichen Temperaturen über 100.000 Lastwechsel. Für die Kreislaufwirtschaft ist das relevant, weil technische Kunststoffe einen erheblichen Anteil am Gesamtverbrauch haben: In Deutschland werden jährlich über 10,4 Millionen Tonnen neuer Kunststoff verarbeitet, ein großer Teil davon in Automobil- und Haushaltsgeräten.

Die Unsicherheit über die Langzeitstabilität von Rezyklaten führt bislang dazu, dass viele Hersteller auf Neumaterial setzen, selbst wenn Altkunststoffe verfügbar wären. Die Befürchtung ist, dass sich Stoffe während der Nutzung oder Lagerung abbauen könnten, wodurch die Belastbarkeit sinken könnte. Besonders bei hochbelasteten Bauteilen, wie zum Beispiel Zahnrädern in Automobilen oder motornahen Komponenten wie Saugrohren, galt Rezyklat bisher als Risiko. Das Fraunhofer LBF hat diese Annahme überprüft, indem es Proben aus dem Jahr 2010 erneut testete. Die Materialien lagerten 15 Jahre unter Kellerbedingungen, also ohne extreme Einwirkungen.
Die Ergebnisse sind eindeutig: Die Schwingfestigkeitseigenschaften blieben stabil, in einigen Fällen verbesserten sie sich sogar leicht. Selbst bei hohen Temperaturen zeigte sich keine Reduktion der Belastbarkeit. Die im Kunststoff enthaltenen Stoffe und Stabilisatoren bleiben demnach auch nach Jahrzehnten wirksam. Für die Recyclingwirtschaft ist das ein Beleg dafür, dass Rezyklate unter kontrollierten Bedingungen keiner systematischen Qualitätsminderung unterliegen. Damit entfällt ein zentrales Argument, das bislang gegen geschlossene Materialkreisläufe angeführt wurde.

Die Konsequenzen für die Kreislaufwirtschaft sind erheblich. Wenn sich nachweisen lässt, dass recycelte Kunststoffe ihre technischen Eigenschaften behalten, sinkt das wirtschaftliche Risiko für Hersteller. Rezyklate könnten in größerem Umfang in hochbelasteten Anwendungen eingesetzt werden – von Automobilteilen über Haushaltsgeräte bis zu Industriekomponenten. Das reduziert nicht nur den Bedarf an Neumaterial, sondern auch die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen. Denn bislang scheitert die Umsetzung zirkulärer Modelle oft nicht an der technischen Machbarkeit, sondern an fehlenden Daten über die tatsächliche Leistungsfähigkeit von Rezyklaten. Studien wie die des Fraunhofer LBF liefern genau diese Datengrundlage. Offen bleibt jedoch, inwieweit die Ergebnisse auf Materialien übertragbar sind, die unter realen Einsatzbedingungen stärkeren Belastungen oder Witterungseinflüssen ausgesetzt waren. Die Untersuchung zeigt jedoch: Die pauschale Annahme, Rezyklate seien per se weniger belastbar, ist nicht haltbar.

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