Stärkere Erwärmung zu befürchten

Klima reagiert empfindlicher auf CO2 als bis jetzt gedacht

Das Erdsystem wird sich aufgrund der Treibhausgas-Emissionen wohl stärker erwärmen als bisher angenommen. Das legen Forschungen von Peter J. Huybers und Cristian Proistosescu (Harvard-Universität) nahe, die sie in der Wissenschaftszeitschrift Science Advances veröffentlicht haben.

Langfristige Erwärmungsmuster nicht berücksichtigt

Bis jetzt errechneten Klimaforscher nur eine sehr vage, breite Spanne von 1,5 bis 4,5 Grad Erderwärmung als Folge einer Verdopplung des CO2-Gehalts. Damit glaubte man, die sogenannte Klimaempfindlichkeit der Erdatmosphäre bestimmen zu können. Eine genauere Abschätzung als 1,5 bis 4,5 Grad sei wegen der geringen Übereinstimmung der vorliegenden Studien nicht möglich, hieß es noch 2013 im IPCC-Bericht.

Proistosescu und Huybers fanden jetzt heraus, dass die von historische Beobachtungen angenommene geringe Temperaturerhöhung – zwischen 1 und 3 Grad Celsius – langfristige Erwärmungsmuster nicht berücksichtigte. Wenn diese Muster zugrundegelegt würden, fielen die Temperaturen nicht nur in den kanonischen Bereich zwischen 1,5 und 4,5 Grad Celsius, sondern es könnten noch höhere Werte, vielleicht bis zu 6 Grad, ebenfalls möglich sein, wenn sich der CO2Gehalt der Atmosphäre verdopple.

Auf dieses Ergebnis kamen die Forscher, indem sie schnelle und langsame Anstiege von Temperaturen gesondert in Modellen betrachteten. Damit konnten sie auch die Widersprüche zwischen den drei großen Quellen der Klimaforschung in Einklang bringen: Klimamodelle, Temperaturaufzeichnungen der Neuzeit und indirekte Daten zum Klima der Vergangenheit etwa aus Eisbohrkernen.

Es ist gut dokumentiert, dass sich verschiedene Teile des Planeten mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten erwärmen. Das Land über der nördlichen Hemisphäre zum Beispiel erwärmt sich deutlich schneller als das Wasser im Südpolarmeer. „Das historische Muster der Erwärmung ist, dass die stärkste Erwärmung über Land, vor allem über der nördlichen Halbkugel aufgetreten ist“, sagt Erst-Autor Cristian Proistosescu. „Dieses Muster der Erwärmung ist bekannt als der schnelle Modus – man emittiert CO2 in die Atmosphäre und kurz darauf wird das Land in der nördlichen Halbkugel warm.“

Chinesisches Meer – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Aber es gibt auch einen langsamen Modus der Erwärmung, der Jahrhunderte braucht. Diese Erwärmung, die am meisten mit dem südlichen Ozean und dem östlichen äquatorialen Pazifik verbunden ist, geschiceht mit positiven Rückkopplungsschleifen, die den Prozess verstärken. Zum Beispiel verringert sich die Wolkendecke und eine weiße reflektierende Oberfläche wird durch eine dunkle absorbierende Oberfläche ersetzt, wenn die Ozeane warm sind.

Die Forscher entwickelten ein mathematisches Modell, um die beiden Modi in verschiedenen Klimamodellen zu analysieren. „Die Modelle simulieren ein wärmendes Muster wiedas gegenwärtige, zeigen aber, dass starke Rückkopplungen auftreten, wenn das Südpolarmeer und der östliche Äquatorialpazifik schlussendlich warm sind, was zu höheren Gesamttemperaturen führt, als wenn sie einfach von der gegenwärtigen Erwärmung extrapoliert werden würden“, sagte Peter Huybers, Professor für Erd- und Planettwissenschaften in der Abteilung für Erd- und Planetenwissenschaft sowie für Umweltwissenschaften und Ingenieurwissenschaften an der Harvard John A. Paulson School of Engineering und Angewandte Wissenschaften (SEAS), Co-Autor der Studie.

Huybers und Proistosescu erkannten, dass, während der langsame Modus der Erwärmung einen großen Teil zum endgültigen Ausmaß der globalen Erwärmung beiträgt, er in den heutigen Erwärmungsmustern kaum vorkommt. „Historische Beobachtungen geben uns viel Einblick in die Klimaveränderungen und sind ein wichtiger Test unserer Klimamodelle“, sagte Huybers, „aber es gibt kein perfektes Analogon für die kommenden Veränderungen.“

Aufzeichnungen der vergangenen 200 Jahre zeigen nämlich bei gleichem Anstieg des CO2 einen schwächeren Anstieg der Temperatur als die Klimamodelle und die indirekten Klimadaten. „Das liegt daran, dass das Erdsystem bisher noch nicht im energetischen Gleichgewicht ist“, schreiben die Forscher. Kurzzeitig wird Wärmeinstrahlung zum großen Teil von den Ozeanen aufgenommen und dort gespeichert. Wenn sich diese Erwärmung dann beispielsweise auf eine geringere Wolkenbildung über dem Meer auswirkt und die Sonne dort stärker einstrahlt, steigt die Temperatur langfristig weiter an.

Bis zur Verdoppelung des CO2-Gehalts in der Erdatmosphäre ist es nicht mehr lange hin: Seit Beginn der Industrialisierung hat sich der Gehalt von 280 ppm auf mehr als 400 erhöht.

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