Beunruhigende „monströse wissenschaftliche Fehleinschätzung“

Klima auf der Kippe

„Während die europäische Politik den Klimawandel in die Fußnoten verbannt, scheinen die Kipppunkte des globalen Klimasystems in der Arktis überschritten zu werden“, schreibt im Portal telepolis. Seine Sorge: „Der Sommer 2019 könnte als die große Umbruchszeit in die Menschheitsgeschichte eingehen, in der das Überschreiten der Kipppunke des globalen Klimasystems evident wurde – falls in den kommenden Dekaden überhaupt noch so etwas wie Geschichtswissenschaft betrieben werden sollte.“

Das Grönland-Eis schwindet – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Denn Mitte Juni sei aus der kanadischen Arktis „eine monströse wissenschaftliche Fehleinschätzung“ korrigiert worden. Der Permafrostboden der kanadischen Arktis taue viel schneller auf, als eigentlich von Klimawissenschaftlern befürchtet.  Neuen Forschungsergebnissen zufolge sei ein großer Teil der Böden schon so weit aufgetaut, wie es der Weltklimarates (IPCC) in aktuellen Szenarien erst für 2090 prognostiziert habe. : „Die Klimawissenschaft hat sich somit um rund 70 Jahre in dieser entscheidendsten aller wissenschaftlichen Fragen verkalkuliert.“

Die an den Untersuchungen in der kanadischen Arktis beteiligen Wissenschaftler erklärten laut taz rundweg: „An allen untersuchten Stellen traf oder übertraf die maximale Auftautiefe seit 2003 die in einem Szenario des UN-Weltklimarats IPCC für 2090 prognostizierten Werte.“ Der taz-Untertitel: „Grönland verliert 2 Milliarden Tonnen Eis am Tag“. Das klingt unglaublich, aber: „Ungewöhnlich, aber nicht einmalig“, war laut taz das Urteil des Grönland-Experten Thomas Mote dazu von der University of Georgia gegenüber CNN. In der Folge tauen die Permafrostböden seit 2003 fast dreimal so schnell auf wie in den vorherigen Jahrzehnten, weil das arktische Ökosystem offenbar besonders sensibel auf klimatische Veränderungen wie heiße arktische Sommer reagiert.

Ebenfalls dramatisch entwickelt sich laut Konicz die Lage in Grönland, wo die Eisschmelze neue Rekordwerte erreiche: „Bei Temperaturen bis 20° C im Süden und deutlichen Plusgraden im Norden bilden sich in weiten Regionen regelrechte Schmelzwasserseen auf dem Eispanzer Grönlands, der dadurch immer schneller abtaut, da das Wasser die Sonneneinstrahlung nicht so stark reflektiert wie Eis. Der Eispanzer im nördlichen Eismeer der arktischen Region verzeichnete im Juni ebenfalls einen Negativrekord. Derzeit sind nur noch 10,8 Millionen Quadratkilometer von Meereis bedeckt, während es im langfristigen Mittelwert rund 12 Millionen Quadratkilometer waren.“

Die arktische Eisdecke habe zwar bisher einen Großteil der Sonneneinstrahlung im hohen Norden reflektiert, sei aber in vielen Regionen in einem „’sprunghaften‘ Schmelzprozess“ – dadurch schwindet die sogenannte Albedo (siehe: solarify.eu/albedo). Das Seeeis in der Beringsee scheine schon ziemlich  verschwunden zu sein: Im März, wo normalerweise die Eisdecke in der Region wachsen müsste – sei die Beringsee als „nahezu eisfrei“ gemeldet worden.

Vorhersagen für Meeresspiegelanstieg immer dramatischer

Auch die aktuellen Vorhersagen für den Anstieg des Meeresspiegels seien immer dramatischer, wie etwa die FAZ: „Diese Warnung stellt alle Klimaberichte in den Schatten: Das Meer steigt um zwei Meter, 187 Millionen Menschen könnten in den nächsten drei Generationen ihr Zuhause verlieren. Ein beunruhigendes Klimawandel-Update von 22 Polarexperten“. Die viel zu optimistischen wissenschaftlichen Prognosen des IPCC würden längst von der Klimarealität überholt. : „Abschmelzendes Meereis und auftauender Permafrost bilden sogenannte Kipppunkte des Weltklimasystems, weil sie nach der Überschreitung eines quantitativen Schwellwerts das globale Klima in eine andere Qualität überführen. Dieser dialektische Umschlag von Quantität (steigende CO2-Konzentration) in Qualität (Globaler Umbruch des Klimasystems) wird von der Klimawissenschaft als eine Reihe positiver Rückkopplungseffekte begriffen, die zu einer irreversiblen globalen Beschleunigung des Treibhauseffektes führen. Der Klimawandel wird gewissermaßen zum ‚Selbstläufer'“.

Dazu kommt – extrem verschwierigend – das im Permafrost und dem Methanhydrat in den arktischen Meeren gespeicherte Methan – siehe Frank Schätzings „Schwarm“. Methan ist als Treibhausgas rund 30-mal so wirksam (nach neuen Quellen sogar 86mal – siehe: solarify.eu/der-neue-gasboom-stranded-asset) wie CO2. In sibirischen Permafrost scheine dieser Prozess bereits eingesetzt zu haben.

Svalbard Global Seed Vault aufgetaut

Hohen symbolischen Wert für Konicz hat ein von der Öffentlichkeit kaum beachtetes Ereignis: Schon 2017 sei der berühmte „Doomsday Vault“ überflutet worden, das 2008 fertiggestellte Projekt der norwegischen Regierung auf Spitzbergen, das Svalbard Global Seed Vault. Im inzwischen zu Unrecht so genannten „ewigen Eis“ der arktischen Inselgruppe sollte die Saatgutvielfalt der Welt katastrophensicher über lange Zeiträume gelagert werden – um einen postapokalyptischen Neuanfang zu ermöglichen, wie Kritiker dieses Unterfangens scherzten. Konicz: „Nicht einmal zehn Jahre nach der Inbetriebnahme des Tresors ist dieser im Mai 2017 durch Schmelzwasser beschädigt worden. Der für die Ewigkeit bestimmte Tresor musste aufwendig gesichert werden, da die ‚globale Erwärmung einen außergewöhnlichen Temperaturanstieg‘ in der Region verursachte, der Schmelzwasser produziert hat, das in den Tresor eingedrungen ist. Dieser Vorfall um den norwegischen „Endzeitbunker“ illustrierte somit die verhängnisvolle Diskrepanz zwischen den Prognosen der Klimawissenschaft und der tatsächlichen Dynamik des Klimawandels. Man hatte den Permafrostboden Spitzbergens als Aufbewahrungsort ausgewählt, weil die Wissenschaft noch 2008 davon ausging, dass er auf Dauer gefroren bleiben würde.“

Wissenschaftler warnen inzwischen laut Konicz „offen davor, dass der Menschheit noch fünf Jahre bleiben, um ’sich vor dem Klimawandel zu retten‘. Der Klimawandel droht somit, außer Kontrolle zu geraten – jetzt und hier, nicht erst in ein paar Dekaden oder Jahren.“

->Kompletter Artikel und weitere Quellen: