Energiewende wird akademisch

Neues Forschungsforum für die Energiewende: „Energiesysteme der Zukunft“

„Alle Akteure, die wichtigsten Köpfe und die besten Ideen gehören an einen Tisch“ – mit diesen Worten eröffnete Bundesforschungsministerin Johanna Wanka im Rahmen einer Pressekonferenz im BMBF am 04.03.2013 die neue Nationale Dialogplattform „Forschungsforum Energiewende“ – und mit der Frage: “Wie kann der Prozess, in dem die Forschung Impulsgeber und Motor für die Energiewende ist, moderiert und, was die einzelnen Player tun, möglichst effektiv koordiniert werden? Uns geht es auch darum, dass das, was insgesamt erforscht wird, rückgekoppelt wird in die Gesellschaft, auch in die Wirtschaft, auch in die Industrie.“ Siehe auch die Berichterstattung auf solarify.eu.

Nachhaltigkeit, Finanzierbarkeit, Versorgungssicherheit und gesellschaftliche Akzeptan, sind die Ziele der Initiative „Energiesysteme der Zukunft“, einer von drei Säulen der neuen Initiative, getragen von acatech, Leopoldina und der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften. Mehr als 180 Hochschulen sowie 120 Forschungszentren und -institute forschen in Deutschland zum Thema Energiewende. Um die Aktivitäten besser zu koordinieren, rief die Ministerin in Berlin zusammen mit Vertretern der Wissenschaftsakademien die neue nationale Dialogplattform „Forschungsforum Energiewende“ ins Leben.

Drei große Säulen

  1. Das Akademieprojekt „Energiesysteme der Zukunft“:  Das Wissen über Energiethemen wird aufgearbeitet, Energieszenarien ausgearbeitet und neue Forschungsthemenidentifiziert. Alle Akademien arbeiten zusammen, schon seit längerem, so die Ministerin, sei „von dort die Initiative an die Politik herangetragen worden, dass man die Forschung für die Energiewende jetzt mit enormer, neuer Kraft betreiben will“. Eingerichtete Arbeitsgruppen funktionierten schon und arbeiteten an den verschiedensten Fragestellungen. „Das wollen wir mit einer Koordinierungsstelle, wo acatech die Federführung hat, richtig systematisieren.“
  2. Das „Mittelstück“: Die Dialogplattform „Forschungsforum Energiewende“. Hier gehören laut Ministerin „alle Beteiligten der Bundesrepublik hinein, also die unterschiedlichen Ressorts, also das Wirtschaftsministerium, das Umweltministerium, alle, die Forschungsleistungen erbringen; dort sind die Länder vertreten, weil in den Ländern wird aus eigenen Mitteln und in eigenen Einrichtungen Energieforschung betrieben, dort müssen die gr0ßen Wirtschaftsverbände hinein, die mit Energie zu tun haben. Es müssen die Zivilgesellschaft und sämtliche Forschungseinrichtungen hinein.“ Die Moderation und Koordination übernimmt das BMBF gemeinsam mit dem Bundeswirtschafts- und dem Bundesumweltministerium.
  3. Die großen außeruniversitären Forschungseinrichtungen zusammen mit den Hochschulen: Von der Hochschulrektoren-Konferenz sei der Anspruch gekommen, einen „Koordinierungskreis Forschung“ einzurichten, damit die teils vorhandene Kommunikation untereinander systematischer gestaltet werde. Vertreter großer Forschungseinrichtungen und der Hochschulen treffen einander – gemeinsames Ziel: in eigener Verantwortung werden wissenschaftliche Schwerpunkte in der Energieforschung erarbeitet.

10 Millionen auf drei Jahre

Wanka: „Diese Plattform bekommt eine Geschäftsstelle und wird keine Einrichtung, wo einmal im Jahr ein Kongress stattfindet, wo man sich informiert, wie ist der Stand, sondern eine organisierte Dialogplattform, wo systematisch von dort der Dialog angestoßen, organisiert wird – die Rückkopplung in die Gesellschaft.“ Denn Ergebnisse landeten nicht immer unmittelbar bei denen, die dann daraus Technologien entwickelten, aber auch dass Forschungsergebnisse unter Umständen Bedenken auslösten, solle schon am Anfang in diesen Foren diskutiert werden. Als Hauhalt für die Initaiven seien 10 Millionen vorgesehen.

Prof. Reinhard Hüttl, Präsident der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (Acatech), bezeichnete die Form der Kooperation als einzigartig: „Die zwei nationalen Akademien und die aus acht Länderakademien bestehende Union der Länderakademien interagieren im Ständigen Ausschuss der nationalen Akademien der Wissenschaften. In diesem Gremium haben wir beschlossen, das Thema Energieforschung besonders aufzugreifen, ausgehend von der Ethikkommisison nach der Havarie von Fukushima.“ Wichtig sei Qualitätssicherung, dazu gebe es einen erarbeiteten Kodex, alles was erarbeitet werde, werde begutachtet und veröffentlicht: „Wir werden als Akademien unsere Expertise bündeln, um Umsetzungsoptionen für den sicheren, bezahlbaren und umweltverträglichen Umbau der Energieversorgung aufzuzeigen“.

Systemische Betrachtung nötig

Prof. Robert Schlögl, Direktor am Fritz-Haber-Institut, Berlin, und am Max-Planck-Institut für Chemische Energie-Konversion, Mülheim: „Warum so eine komplizierte Struktur für ein doch offensichtlich einfaches Problem? Man muss die Energie in unserem Land systemisch betrachten. Ein System besteht aus vielen Akteueren, aus Rahmenbedingungen, Technologien und Wissenschaft.  Bisher liegen die Dinge parallel zueinander mit einigen Interaktionen, aber ohne Koordination. Deswegen sind wir heute nicht in der Lage zu sagen, wie ein System einwandfrei funktioniert.“

Als Beispiel nannte Schlögl, dass in Deutschland zwar die regenerativen Energien anstiegen, gleichzeitg aber auch die Emissionen zunähmen. Daran könne man sehen, dass die Dinge noch nicht genügend verstanden seien. Dieses Verständnis herbeizuführen sei die eigentlich wesentliche Aufgabe. Man betrachte das System Energie unter zwei verschiedenen Gesichtspunkten: „Es gibt  interdisziplänre Fragestellungen, welche die Technolgie, die Rahmenbedingungen, die Ökonomie und  Akzeptanzen aber auch Rohstoffe betreffen – auf der anderen Seite ist das Energiesystem leider ein dynamisches System, das heißt, es hat einen Anfang, einen Weg und ein Ziel. Und dieses System ist unangenehmermweise deshalb dynamisch, weil wir das Ziel nicht genau kennen.“

„Weg auf sich veränderndes Ziel suchen“

Unsere Wunschvorgaben würden moderiert durch unsere Möglichkeiten und Fähigkeiten, durch  internationale Einflüsse und anders. Also habe man einen Weg zu suchen, um ein sich veränderndes Ziel zu finden, mit verschiedenen Optionen und mit verschiedenen Technologien, die sich permanent veränderten. Daher sei eine vernünftige Beschreibung und Koordinerinung der Energieforschung, die das Ziel erst umsetzbar macht,“ ein aufwendiger Prozess, der kontinuierlich immer wieder neu gestaltet werden muss. Es gibt also nicht den Energiewendeplan, den war abarbeiten“.

Bisher einzigartiges Vorhaben

Das Vorhaben ist bisher einzigartig in der europäischen Energieforschung: Es bringt über 100 hochrangige Experten aus den Technik-, Natur-, Wirtschafts-, Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen, um die komplexen Herausforderungen der Energiewende zu analysieren und Handlungsoptionen für ein künftiges Energiesystem zu erarbeiten.

Ein Steuerkreis unter Vorsitz von Robert Schlögl koordiniert acht wissenschaftliche Arbeitsgruppen der Initiative zu den Themen: Ausgangssituation, Umsetzungsoptionen, Szenarien, Ressourcen, Technologien, Recht, Gesellschaft und Ökonomie.

Die Ergebnisse der Arbeit bilden die wissenschaftliche Grundlage für die Dialogplattform „Forschungsforum Energiewende“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Das hochrangig besetzte Forum unter Vorsitz von Staatssekretär Georg Schütte bringt die wichtigsten Stakeholdergruppen der Energiewende zusammen, um politische Handlungsempfehlungen für die Umsetzung der Energiewende zu formulieren.

Die wissenschaftliche Begleitung der Energiewende durch das Vorhaben „Energiesysteme der Zukunft“ ist zunächst auf drei Jahre ausgelegt mit einer Option zur Verlängerung um weitere drei Jahre.
->Quelle: ho und bmbf.de; acatech.de