Geht das Täuschen weiter? VW und Porsche erneut in Verdacht

Greenpeace wirft VW irreführende CO2-Kompensation vor – Porsche soll Spritverbrauch manipulieren

Greenpeace wirft Volkswagen in einer jüngst veröffentlichten Recherche Täuschung bei der CO2-Kompensation seiner Fahrzeugproduktion vor. VW spiegle den Käufern seiner Elektroautos die klimaneutrale Produktion der Fahrzeuge lediglich vor. In Stuttgart ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Porsche wegen möglicher Manipulationen beim Kraftstoffverbrauch, so die FAZ. Dort seien in Prüf-Fahrzeugen durch Einbau unterschiedlicher Zahnräder der Verbrauch rechtswidrig gesenkt worden.

Tankstelle - Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Tankstelle – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Vier Mitarbeiter des Sportwagenherstellers stehen im Verdacht, Autos im großen Stil manipuliert und dadurch Kunden in aller Welt getäuscht zu haben. Dabei gehe es „nicht um Diesel-Manipulationen, für die sich mittlerweile auch Vorstände aus dem VW-Konzern in einem Strafprozess verantworten müssen“. Die Stuttgarter Juristen gehen dem  Verdacht nach, Porsche-Flitzer hätten zehn Jahre lang (2007 bis 2017) aufgrund manipulierter Zertifizierungsmessungen nicht über wirksame Typ-Genehmigungen verfügt; Käufer seien über den tatsächlichen Verbrauch getäuscht worden, und in mittelbarer Täterschaft sei es zu Steuerhinterziehung gekommen, berichtete die FAZ.

Porsche-Mitarbeiter hatten gegenüber der internen Revision erklärt, bei Prüffahrzeugen seien andere Zahnräder im Getriebe verwendet worden als bei der Serienproduktion. Dadurch wurde bei der Typzulassung ein geringerer Kraftstoffverbrauch erfasst als im Straßenbetrieb. In Unternehmenskreisen wurden die Ermittlungen bestätigt. Es sei kein Vorstand unter den Beschuldigten. Die internen Ermittlungen zu dem Thema könnten noch mehrere Wochen dauern.

Volkswagens Baumpflanzungen in Indonesien „wirkungslos“

Zwar entsteht bei der Produktion der Autos bei VW nach wie vor CO2, VW gibt jedoch an, „unvermeidbare“ Emissionen bei der Produktion seiner E-Autos über den Kauf von Zertifikaten auszugleichen. Diese Zertifikate unterstützen beispielsweise Aufforstungsprojekte in anderen Ländern. Die so gepflanzten Bäume sollen das freigesetzte CO2 wieder ausgleichen. Laut Greenpeace ist der Kauf dieser Zertifikate jedoch unwirksam und Volkswagens Aussagen inkorrekt. „Wie Volkswagen sich mit einem wirkungslosen Kompensationsprojekt vor möglichen CO2-Einsparungen drückt“, titelt die Umweltschutzorganisation in einer kürzlich veröffentlichten, 17-seitigen Publikation. Solarify dokumentiert die Zusammenfassung:

Greenpeace quantifiziert in seiner Untersuchung zunächst, wie hoch der Anteil der Kompensation am CO2-Fußabdruck des E-Autos ID.4 ist. Beim ID.4 mit 82-kWh-Batterie sind es nach Greenpeace-Schätzungen pro Fahrzeug knapp 14 Tonnen CO2, die VW mit Projekten wie Katingan (auf Kalimantan/Borneo) „kompensiert“. Das entspricht rund 90 Prozent der ursprünglichen CO2-Emissionen des Herstellungsprozesses. Die Analyse zeigt zudem, dass weitere Emissionen im Herstellungsprozess vermeidbar wären: durch eine Fokussierung auf Ressourcenschonung und Energieeffizienz in der Produktplanung sowie die Zusammenarbeit mit Rohstofflieferanten bei der Adaption moderner, technisch ausgereifter Lösungen für CO2-arme Produktionsverfahren. Allein durch den möglichen Bezug CO2-neutralen Stahls könnte die CO2-Bilanz jedes VW-Autos um mindestens eine Tonne sinken.

Vor allem führt dieses Papier den Nachweis, dass den behaupteten Emissionseinsparungen des Ausgleichs-Projekts Katingan Mentaya eine Kette fragwürdiger Annahmen zugrunde liegt. So ist das für die Berechnung der „Zusätzlichkeit“ der Einsparungen behauptete Business-as-usual-Szenario („Baseline scenario“) an mehreren Stellen unplausibel und in hohem Maße unwahrscheinlich. Die Vergleichs-Regionen des Projekts, die den zusätzlichen Klima-Nutzen belegen sollen, liegen hunderte Kilometer entfernt und sind entsprechend kaum vergleichbar. Zudem ist die behauptete Bedrohung für den Wald durch Papierholz-Plantagen in der gesamten Provinz des Projekts nicht annähernd so hoch, wie von den Betreibern skizziert. Offenbar schätzten die Projektbeteiligten in der Entstehungsphase das Business-as-usual-Szenario selbst als unwahrscheinlich ein und wählten es erst im Zertifizierungsprozess aus. Durch ein nationales Moratorium ab Mai 2011 wäre das Projektgebiet auch ohne REDD+-Projekt (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degradation) zumindest rechtlich vor Entwaldung zugunsten von Plantagen geschützt gewesen. All dies stellt die unterstellte Zusätzlichkeit an Emissionseinsparungen grundlegend in Frage und damit auch den Versuch VWs, die Emissionen der ID.4-Produktion mit diesem Projekt verrechnen zu können.

Die Analyse zeigt außerdem Konflikte mit der lokalen Bevölkerung über den rechtlichen Status des Landes und eine negative Wahrnehmung des Projekts in den vom REDD+-Projekt betroffenen Dörfern. Das widerspricht VWs eigener Lesart, wonach Projekte wie Katingan Mentaya angeblich Vorteile für lokale Kommunen bringen.

Trotz Investitionen in Maßnahmen gegen den Waldverlust hat sich die Waldfläche im Projektgebiet seit Start des Projektes verringert. Es gibt Hinweise auf das sogenannte Leakage-Problem: In Dorfgebieten, die an das Projektgebiet angrenzen, hat die Entwaldung im Projektzeitraum zugenommen. Zudem gibt es eine Migrationsbewegung von Dorfbewohnern in andere Gegenden.Die Analyse zeigt damit insgesamt, dass selbst bei einem REDD+-Vorzeigeprojekt wie Katingan Mentaya der zusätzliche Nutzen für das Klima und die lokale Bevölkerung höchst fragwürdig und erst recht nicht bezifferbar ist. Im Gegenteil: Das Offsetting trägt zur Illusion einer vermeintlichen Klimaneutralität bei und verzögert so eine schnelle Anpassung der Produktionsprozesse, der Produktpalette und Geschäftsmodelle, die zu einer echten CO2-Einsparung führen könnten.

Greenpeace fordert, VW müsse, „statt zu versuchen, sich mit CO2-Zertifikaten freizukaufen, das Geschäftsmodell selbst klimaverträglich umbauen. Große und schwere Autos wie SUV benötigen in Herstellung und Nutzung mehr Ressourcen und Energie als vergleichbare Nicht-SUV. VW sollte deren Produktion einstellen und durch klimaverträgliche Produkte und Dienstleistungen ersetzen.“

Die Branchenzeitung Automobilwoche berichtet, dass Volkswagen auf die Täuschungsvorwürfe bereits reagiert hat und diese prüfen möchte. Den aktuell erhobenen Anschuldigungen werde im Detail nachgegangen, kündigte der Autobauer demnach an.

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