Kein Schiefergas-Wunder

Fracking: Ausländische Kapitalgeber ziehen sich zurück

Die EU-Kommission ebnet Fracking in Europa den Weg, dabei zeigt sich in den USA: Die Erwartungen an die umstrittene Förderung von Erdgas aus Schiefergestein sind überzogen. Die ausländischen Kapitalgeber ziehen sich bereits zurück, sie investierten 2013 nur noch halb so viel wie im Jahr zuvor. Eine Analyse des Rates für Nachhaltige Entwicklung.

Die Gaspreise in den Vereinigten Staaten sind gesunken, und die Abhängigkeit von Importen hat abgenommen. Der Auslöser: Fracking zur Förderung von Erdgas. US-Präsident Barack Obama lobte erst in seiner jüngsten Rede zur Lage der Nation die heimische Schiefergasförderung. „Amerika ist der Energieunabhängigkeit heute näher, als wir es über mehrere Jahrzehnte hinweg waren“, so Obama. „Einer der Gründe dafür ist Erdgas.“ Was in den USA gut läuft, sollte auch in Europa klappen, so argumentieren die Befürworter der Fracking-Technik, die derzeit so umstritten ist wie kaum eine andere.

Der deutsche EU-Energiekommissar Günter Oettinger sagte es auf einer Tagung des Energiewirtschaftlichen Institut der Universität Köln (EWI) und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung in Köln im September letzten Jahres zum Beispiel so: „Haltet die Option offen, die Putin nervös macht.“ Die EU-Kommission hat sich jetzt Oettingers Linie angeschlossen. Dabei mehren sich die Anzeichen, dass der Boom so schnell wieder vorbei sein könnte wie er begonnen hat und dass die Zweifler recht bekommen.

Skeptiker warnen vor ökologischen Gefahren

Diese Zweifler hatten von der EU-Kommission strikte Regeln gefordert. Sie warnen vor großen ökologischen Gefahren. Beim Fracking wird mit großem Druck Wasser, Sand und eine spezielle Chemikalienmischung in die Bohrstelle gepresst, um das Schiefergestein aufzubrechen, in dem Erdöl und -gas eingeschlossen sind. Gesundheitsgefährdende Chemikalien, so die Befürchtung, könnten ins Grund- und später ins Trinkwasser gelangen. Der Vorsitzende des EU-Umweltausschusses, Matthias Groote (SPD), sagt: „Fracking darf nur eingesetzt werden, wenn Gefahren für Umwelt und Gesundheit ausgeschlossen sind.“

Doch die Brüsseler Beamten veröffentlichten letzte Woche nur unverbindliche Empfehlungen. Die Staaten sollen demnach prüfen, wie sich das Fracking an den Bohrstellen auf die Umwelt auswirkt und was sich vermeiden lässt. Die Öffentlichkeit soll die wichtigsten Daten bekommen, auch dazu, welche Chemikalien verwendet werden. Und die Staaten sollen die Brüsseler Beamten informieren, wie sie die Empfehlungen einhalten. Die Kommission überlässt damit den Mitgliedstaaten, ob Geologen und Ingenieure die Technik voranbringen sollen. Einige sind schon entschieden.

In Deutschland sehen Wissenschaftler das größte Potenzial im südlichen Bereich des Norddeutschen Beckens und in Teilen des Oberrheintal-Grabens. Im Koalitionsvertrag der schwarz-roten Regierung steht allerdings, Fracking sei „eine Technologie mit erheblichem Risikopotential“, die Auswirkungen auf Mensch und Umwelt seien „nicht hinreichend geklärt“. Das ist ein Aufschub. In Frankreich ist Fracking verboten. Polen und andere osteuropäische Länder wollen indes Pilotprojekte starten, um weniger abhängig von russischem Gas zu werden.
Folgt: In den USA wird die Industrie Opfer ihres Erfolgs