Solarausstiegsgesetz: Letzte Ausfahrt Bundesrat

DUH-Appell an Bundesrat

Die Photovoltaikindustrie in Deutschland durchlebt ihren größten Boom und ihre erste existenzielle Krise. Und zwar beides gleichzeitig. Die Krise ist mindestens in Teilen hausgemacht von den Ministern Philipp Rösler (FDP) und Norbert Röttgen (CDU). Darauf hat die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) hingewiesen und gleichzeitig den Bundesrat aufgerufen, wegen des im Bundestag bereits verabschiedeten Gesetzes zur Einschränkung der Solarförderung und Deckelung des Photovoltaik-Ausbaus den Vermittlungsausschuss mit dem Ziel einzuberufen, das Gesetz grundlegend zu überarbeiten. Der Bundesrat entscheidet am kommenden Freitag (11. 05. 2012) über das Gesetz.

Insbesondere fordert die Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation, die in dem Gesetz vorgesehene drastische Absenkung des Zubaus der Photovoltaik auf nur noch 900 bis 1.900 Megawatt pro Jahr bis 2017 aufzuheben. Außerdem müsse sich die Höhe der Vergütungskürzungen eng an die Kostenentwicklung der Solarmodule anlehnen und dürfe diese nicht – wie insbesondere in diesem Jahr vorgesehen – deutlich übertreffen. Die Anlagenvergütungsklassen und ihre Vergütungssätze müssten überarbeitet und die Fördergrenze von 10 MW ersatzlos gestrichen werden. Auch das so genannte Marktintegrationsmodell werde seinen Zweck verfehlen und müsse aufgegeben werden.

Was Rösler und Röttgen durch den Bundestag gepaukt haben, könnte sich schnell zum nächsten Ausstiegsgesetz entwickeln – aber diesmal geht es nicht um gefährliche Atomkraft, sondern um eine Zukunftstechnologie“, sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Resch erklärte, die Krise der Photovoltaikindustrie trage auch Elemente einer Konsolidierungskrise, die schnell wachsende Branchen regelmäßig erlitten, insbesondere, wenn starker Druck über internationale Preiskämpfe bei gleichzeitig großen Überkapazitäten aufgebaut würde. „Das alles ist hier auch der Fall, aber zu einer umfassenden Existenzkrise wurde das Ganze erst durch den Versuch der schwarz-gelben Koalition, auf Basis falscher Behauptungen diese Zukunftstechnologie regelrecht außer Landes zu treiben“. Die Frage sei nicht, ob die Solarindustrie eine Zukunft habe, sondern ob Deutschland dabei bleibe.

Resch nannte es „vollkommen undenkbar, dass eine Bundesregierung im Fall unter Druck geratener eingesessener Industrien wie der Stahl-, Aluminium- oder Kupferindustrie einfach die Hand in den Schoß legen würde oder gar die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Handstreich zerstört.“ Genau das tue die schwarz-gelbe Koalition aber im Fall der Photovoltaik. Ohne die hektische, zusätzliche Verschlechterung der Förderbedingungen und die Deckelung auf einen Bruchteil des gegenwärtigen Zubaus sähe Resch durchaus Chancen, dass sich die Branche wenigstens zu Teilen zurückmelden würde. Der DUH-Geschäftsführer erinnerte daran, dass das Traditionsunternehmen Wacker Chemie soeben erst im sächsischen Nünchritz eine neue Fertigung für Polysilizium mit 500 neuen Mitarbeitern in Betrieb genommen habe. Auch in anderen Gliedern der Wertschöpfungskette gebe es mittelfristig gute Chancen für die deutsche Photovoltaikindustrie, gegen die Konkurrenz aus Fernost zu bestehen. Der US-amerikanische Hersteller von Dünnschicht-Solarmodulen First Solar sei durch die Begrenzung der Förderung auf Anlagen unter 10 Megawatt regelrecht außer Landes getrieben worden. Resch: „Die Arbeitslosen in Frankfurt/Oder sind die Arbeitslosen von Rösler und Röttgen“.

Kanzlerin Angela Merkel hatte bereits 2011 erklärt, die Umlage dürfe nicht über 3,5 Cent pro Kilowattstunde (Ct/kWh) steigen. In diesem Jahr liegt sie bei 3,592 Ct/kWh. Ohne die Besondere Ausgleichsregelung, also bei Verteilung der Umlage auf alle Endabnehmer von Strom in Deutschland, die ihren Strom nicht selbst erzeugen, läge der Wert hingegen nach ersten Prognosen bei nur mehr 2,39 Ct/kWh. An die Betreiber von Photovoltaikanlagen wurden 2011 etwa 47,5 Prozent der Umlage ausgezahlt. 04.05.2012
->Quelle