Siemens: „Wasserstoff macht Karriere“

Auch Stromversorger setzen auf Power-to-Gas

Die Stromversorger sehen ebenfalls großes Potenzial für die Wasserstoff-Technologie: „Wir wollen den CO2-Ausstoß der Stromproduktion deutlich reduzieren. Dafür bauen und entwickeln wir neue effiziente Kraftwerkstechnologien und betreiben immer mehr Windparks“, sagt Dr. Sebastian Bohnes aus der Forschungsabteilung von RWE Power. „Windanlagen werden heute vor allem wegen Netzengpässen abgeregelt oder temporär vom Netz genommen. Mit dem anvisierten Ausbau der Erneuerbaren können künftig Überkapazitäten rasant zunehmen. Hier bietet die Elektrolyse eine interessante Möglichkeit, den nicht verwertbaren Strom in Form von Wasserstoff zu speichern.“ Voraussetzung dafür ist, dass die Elektrolyseure, die aus Strom das energiereiche Gas produzieren, schnell auf das schwankende Angebot an elektrischer Leistung reagieren können. Bisher waren die Anlagen mit einer Reaktionszeit von einigen Minuten zu träge.

Flexible Wasserstofffabrik PEM

Forscher von Siemens Corporate Technology haben daher seit einigen Jahren eine alternative Elektrolysetechnologie weiterentwickelt, die wesentlich flexibler ist: In ihrem Elektrolyseur trennt eine protonenleitende Membran (PEM-Membran) die beiden Elektroden, an denen Sauerstoff und Wasserstoff entstehen – im Gegensatz zur konventionellen alkalischen Elektrolyse-Technik. „Unser PEM-Elektrolyseur reagiert hoch dynamisch innerhalb von Millisekunden und kann problemlos einige Zeit das Dreifache seiner Nennleistung verkraften – so kann er selbst bei einem steilen Anstieg der Stromproduktion den Überschuss problemlos verarbeiten“, berichtet Roland Käppner, Leiter der Geschäftseinheit Hydrogen Solutions im Siemens-Sektor Industry.

Die PEM-Technik von Siemens ist inzwischen schon so ausgereift, dass sie von der Forschung in die Anwendung überführt werden kann: Als Nachfolger des Labor-Elektrolyseurs mit zehn Kilowatt Nennleistung baut das Team von Käppner gerade in einem Container eine Anlage mit 0,1 Megawatt Nennleistung und 0,3 MW Spitzenleistung auf, die pro Stunde zwei bis sechs Kilogramm Wasserstoff produzieren kann und noch 2012 einsatzbereit sein soll. „Wir haben die Konstruktion und die gesamte Peripherie wie Regelung und Stromversorgung optimiert“, beschreibt Käppner den Weg vom Labor in die Praxis. „Außerdem arbeiten wir daran, mit innovativen Materialien und Konstruktionen die Kosten erheblich zu senken.“

Noch schlägt die Wasserstoffproduktion per Elektrolyse mit einem fünfstelligen Euro-Betrag pro Kilowatt elektrischer Anschlussleistung zu Buche – mit weiter verbesserten Konstruktionen will Käppner die Kosten bis spätestens 2018 auf unter 1.000 Euro pro Kilowatt verringern. Dann soll die dritte Generation der Siemens-Elektrolyseure bis zu 100 Megawatt Leistung aufnehmen können und überschüssigen Öko-Strom in großen Mengen in Wasserstoff verwandeln. Ein 60- oder 90-MW-Elektrolyseur würde ausreichen, um die Überschussenergie eines großen Windparks aufnehmen zu können.