Siemens: „Wasserstoff macht Karriere“

Die Grundidee: Kohlenmonoxid (CO) ist ein wichtiges Zwischenprodukt der Chemieindustrie, das bisher aus fossilen Energieträgern gewonnen wird. Stattdessen ließe es sich aber auch aus CO und H2 erzeugen, wobei als Abfallprodukt Wasser entsteht. „Diese Reaktion findet dank spezieller Katalysatoren statt, die Bayer zusammen mit Partnern aus der Wissenschaft entwickelt“, erklärt Daniel Wichmann von Bayer, der Gesamtprojektleiter für CO2RRECT. „Mit Hilfe eines anderen Katalysators lässt sich auch Ameisensäure herstellen, die ebenfalls eine wichtige Grundsubstanz für die organische Chemie ist.“

Entscheidend ist, dass die Rohstoffe CO2 und H2 in ausreichender Menge zur Verfügung stehen, und dafür sind die Projektpartner Siemens und RWE verantwortlich: Der Energieversorger betreibt in Nordrhein-Westfalen das Braunkohlekraftwerk Niederaußem, das mit einer Anlage für die Rauchgaswäsche ausgestattet ist, die CO2 aus den Kraftwerks-Abgasen „herauswäscht“ und für die Erforschung der CO2-Nutzung zur Verfügung stellt.

Dazu soll hier Ende 2012 einer der Elektrolyse-Container von Siemens aufgebaut und unter realistischen Bedingungen getestet werden: „Wir werden netzspezifische Lastprofile sowie die Einspeise-Charakteristik realer Windparks simulieren“, erklärt RWE-Experte Bohnes. „So können wir feststellen, ob der Elektrolyseur mit dem schwankenden Stromangebot zurecht kommt.“

Wilde Ehe mit CO2

Bayer und sein Kooperationspartner Invite bauen in Leverkusen zudem eine Testanlage, die Ende 2013 ihre Arbeit aufnimmt. In ihr soll die Reaktion von CO2 und H2 zu CO stattfinden. Wenn sich das Verfahren bewährt, könnte das so erzeugte CO in Zukunft im industriellen Maßstab unter anderem für die wirtschaftlich interessante Produktion von Isocyanaten verwendet werden – einem Ausgangsstoff für den Kunststoff Polyurethan, der in vielen Dingen des täglichen Lebens wie Autos, Möbeln oder Dämmstoffen steckt. „Mit der Anlage wollen wir demonstrieren, dass sich die fluktuierende Wasserstoffproduktion und die konstanten Prozesse der chemischen Industrie miteinander kombinieren lassen“, sagt Wichmann.

CO2RRECT läuft noch bis Ende 2013, und von seinen Resultaten profitieren chemische Industrie und Energieversorger gleichermaßen: Die Kraftwerksbetreiber können das mit hohem Aufwand abgeschiedene CO2 sinnvoll nutzen – statt es nur unterirdisch zu speichern – und sie vermeiden Kosten für Emissionszertifikate. Die Kunststoff-Hersteller wiederum verringern ihre Abhängigkeit vom Erdöl. Und schließlich profitiert auch das Klima: „Durch den CO2RRECT-Prozess und seine Weiterentwicklung ließen sich in Deutschland pro Jahr mehrere Millionen Tonnen CO2-Emissionen vermeiden“, sagt Bohnes. „Das entspricht ein bis zwei Prozent des gesamten deutschen Kohlendioxid-Ausstoßes.“
->Quelle: siemens.com1;  siemens.com2