SRU: Energiewende kein Kostentreiber

Energiekosten nur kurzzeitig um ein Sechstel erhöht – gegen Energieministerium

Der Sachverständigenrat der Bundesregierung für Umweltfragen stellte ein Gutachten zur Gestaltung des Strommarktes mit Ratschlägen für die nächsten politischen Entscheidungen vor. Der Ausbau der Erneuerbaren sollte nicht gebremst werden. Statt eines eigenen Energieministeriums soll die  Richtlinienkompetenz des Bundeskanzleramts institutionell unterlegt werden. Mengensteuerung mit Quotenmodell, mit Ausbaudeckel oder Auktionsverfahren werden nicht für tauglich angesehen. Solarify dokumentiert die Kurzfassung.

Bis 2030 sei ein Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung von 60 bis 70 Prozent zu volkswirtschaftlichen Zusatzkosten von deutlich unter zehn Milliarden Euro im Jahr realisierbar, so eine Pressemeldung zum Sondergutachten „Den Strommarkt der Zukunft gestalten“. Eine Vollversorgung mit erneuerbaren Energien sei am Ende umweltfreundlicher, kostengünstiger und sichere mehr Arbeitsplätze als die konventionelle Energieversorgung. Der Ausbau der erneuerbaren Energien sollte nicht gebremst werden. [note „Der Umbau der Energieversorgung muss energisch fortgesetzt werden“, mahnte Umweltrat-Vorsitzender Martin Faulstich.]

In seinem Sondergutachten plädiert der SRU für mehr Kostenehrlichkeit. Der enge Fokus auf die EEG-Umlage überzeichne die Kostenentwicklung und verstelle den Blick auf die volkswirtschaftliche Gesamtbilanz der Energiewende. Energieintensive Industrien seien Gewinner der Energiewende, weil sie bisher von der Zahlung der EEG-Umlage weitgehend befreit seien und zugleich einen deutlich niedrigeren Börsenpreis für Strom zahlen müssten. Dies müsse bei der Debatte um die Wettbewerbsfähigkeit energieintensiver und im internationalen Wettbewerb stehender Industrien stärker berücksichtigt werden.

Einleitung

*1. Eine klimaneutrale Stromerzeugung ist notwendig und möglich. Sie ist notwendig, weil sich die Bundesrepublik Deutschland zusammen mit den anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu dem Ziel bekannt hat, die Treibhausgasemissionen bis 2050 um mindestens 80 % gegenüber 1990 zu vermindern. Dies ist der Mindestbeitrag der Industrieländer zum international vereinbarten Ziel, die globale Durchschnittstemperatur um höchstens 2 °C gegenüber vorindustriellen Werten ansteigen zu lassen. Dieses Ziel ist nur mit einer weitestgehend auf erneuerbaren Energien beruhenden Stromversorgung zu erreichen, da deutliche Emissionsreduktionen im Stromsektor einfacher und kostengünstiger durchführbar sind als in anderen Sektoren.

Zugleich ist es auch technisch möglich, den Strombedarf bis 2050 weitestgehend aus erneuerbaren Energiequellen zu decken. Dabei kann ein hohes Niveau an Versorgungssicherheit gewährleistet werden. Dies wird zu Kosten möglich sein, die langfristig unter denen einer konventionellen Stromversorgung liegen werden, da anzunehmen ist, dass die Preise für fossile Energieträger in den nächsten Jahrzehnten aller Voraussicht nach, trotz der Schiefergasförderung in den USA, steigen werden. Das hat der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) 2011 in Übereinstimmung mit vielen anderen Gutachten für Deutschland und für die EU in seinem Sondergutachten „Wege zur 100 % erneuerbaren Stromversorgung“ aufgezeigt.

In dem Sondergutachten „Den Strommarkt der Zukunft gestalten“ soll die Linie des Sondergutachtens aus dem Jahre 2011 weiterentwickelt und dabei Fragen der Strommarktordnung adressiert werden. Zentrales Anliegen dieses neuen Sondergutachtens ist es, Ideen für eine Marktordnung vorzulegen, die einerseits Antworten auf die aktuellen Herausforderungen geben, andererseits aber auch kompatibel mit dem Langfristziel einer weitestgehend erneuerbaren Stromversorgung sind. Vorab sollen in diesem Eckpunktepapier die wichtigsten Empfehlungen des SRU zusammengefasst werden.

Die deutsche Energieversorgung befindet sich im Umbruch. In den Jahren 2010 und 2011 hat die Bundesregierung Klimaschutzziele und Ausbauziele für die erneuerbaren Energien bis 2050 sowie den Ausstieg aus der Atomenergie bis 2022 beschlossen. Auch wenn dieses Zielsystem von einem breiten, parteiübergreifenden politischen Konsens getragen wurde, bestehen hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung des Übergangs sehr unterschiedliche Auffassungen. Im Zentrum der öffentlichen Diskussion stehen die Kosten für die Förderung der erneuerbaren Energien und die Versorgungssicherheit. Viele Vorschläge aus dem politischen und wissenschaftlichen Umfeld haben dabei nicht im Blick, dass die Energieversorgung langfristig weitgehend auf der Basis der erneuerbaren Energien gestaltet werden muss, wenn die Klimaziele erreicht werden sollen. Sie fokussieren auf kurzfristige Lösungen und setzen teilweise auf einen grundsätzlichen Systemwechsel bei der Förderung oder auf eine Wachstumsbremse für erneuerbare Energien sowie auf neue Fördermechanismen für konventionelle Kraftwerke.

Dem SRU geht es hingegen vor allem um die Frage, wie der kontinuierliche Ausbau der erneuerbaren Energien sichergestellt werden kann, sodass auch die Langfristziele erreichbar bleiben. Zentrale Themen hierbei sind die Effizienz und die Refinanzierung der Investitionen in Erneuerbare-Energien-Anlagen, Speicher und die ergänzende Infrastruktur, wie Netze. Die Leitfragen des Sondergutachtens sind, in welchem Maß der Strommarkt den Ausbau der erneuerbaren Energien sowie der Speicher und des Lastmanagements sicherstellen kann und welche ergänzenden Maßnahmen dafür notwendig sind.

Die Antworten auf diese Leitfragen müssen für einen Strommarkt, der überwiegend von erneuerbaren Energien geprägt ist, anders ausfallen als in der aktuellen Situation. Der SRU hat sich daher für einen Ansatz entschieden, der vom Ziel her denkt: Zunächst werden plausible Eigenschaften eines zukünftigen Strommarktes identifiziert, der auf erneuerbaren Energien aufbaut. Dann werden Schritte für den Übergang vorgeschlagen, die im Einklang mit der Langfristperspektive stehen.

Folgt: Der Energiemarkt der Zukunft