Geo-Engeneering kann Klimawandel nicht aufhalten

Sonneneinstrahlung beeinflusst Wasserkreislauf stärker als Treibhauseffekt

Die Verdunstung spielt bei der Erderwärmung eine Schlüsselrolle, weil sie viel Energie benötigt. Da das verdunstete Wasser aber auch in die Atmosphäre transportiert werden muss, haben Kleidon und Renner eine physikalische Grenze für den Transport in höhere Atmosphärenschichten in ihre Rechnungen einbezogen und konnten damit erklären, warum im Zuge des Klimawandels nur zwei Prozent mehr Wasser durch das Erdsystem transportiert wird. Demnach kann die Atmosphäre in verschiedenen Höhen unterschiedliche Mengen Feuchtigkeit halten. In Bodennähe speichert sie nämlich deutlich mehr Wasser als in höheren Atmosphärenschichten, in denen die Feuchtigkeit kondensiert. Bei der Erwärmung ist die Änderung dieses Unterschieds entscheidend dafür, wie stark der Wasserkreislauf mit der Erderwärmung angekurbelt wird.
[note Sollte der anthropogene Treibhauseffekt zu einer globalen Erwärmung von 5 Grad Celsius führen, so verstärkte sich den Rechnungen der Jenaer Forscher zufolge der Niederschlag um 11 Prozent (Sterne und roter Pfeil). Wollte man diese Erwärmung durch Abschirmung der Sonnenstrahlung kompensieren, nähme der Niederschlag jedoch stärker ab (blauer Pfeil). Daher ließe sich durch Geo-Engineering zwar möglicherweise die Temperaturänderung kompensieren, die Niederschlagsmenge würde im Vergleich zum heutigen Klima aber um fünf Prozent sinken. Eine kürzlich veröffentlichte Vergleichsstudie mit weitaus komplexeren Klimamodellen (Kreise) kommt zu ähnlichen Ergebnissen. © Axel Kleidon und Maik Renner]

Sonneneinstrahlung und Treibhauseffekt wirken unterschiedlich

Kleidon und Renner fanden allerdings auch, dass der globale Wasserkreislauf sich nur um zwei Prozent verstärkt, wenn der Temperaturanstieg durch einen stärkeren Treibhauseffekt verursacht wird. Findet die Erwärmung hingegen durch mehr Sonneneinstrahlung statt, nimmt der globale Niederschlag ihren Berechnungen zufolge stärker zu. Denn die Sonne erwärmt die Erdoberfläche stärker und führt ihr mehr Energie zu, sodass mehr Wasser verdunstet.

„Diese unterschiedlichen Auswirkungen der Erwärmung sind leicht zu erklären“, sagt Kleidon, und veranschaulicht die Situation mit  einem Topf auf dem Herd. „Die Temperatur in dem Topf lässt sich erhöhen, indem man entweder einen Deckel darauf setzt oder die Herdplatte stärker heizt. Beides führt zu einer Erwärmung, bei einer hochgeheizten Herdplatte fließt aber mehr Wärme durch den Topf“. Ähnliche Effekte finden in der Atmosphäre statt, wenn sie sich erwärmt: Ein stärkerer Treibhauseffekt entspricht einem dichteren Deckel, die Erwärmung durch Sonnenlicht dagegen dem Hochregeln der Herdplatte. Da mit einer stärkeren Sonneneinstrahlung jedoch mehr Wärme durch die Atmosphäre fließt, steigt die Verdunstung stärker.

Geo-Engineering würde die globale Niederschlagsmenge überproportional senken

Diese Diskrepanz bei unterschiedlicher Erwärmung hat weitreichende Folgen. Frühere Studien zur globalen Klimaerwärmung unterscheiden meist nicht zwischen den beiden Gründen für die Erderwärmung. Axel Kleidon und Maik Renner zeigen dagegen, dass sich die verschiedenen Arten der Erwärmungen unterschiedlich auf den Wasserkreislauf und den Transport von Feuchtigkeit in höhere Atmosphärenschichten auswirkt. Ihre Ergebnisse haben wichtige Konsequenzen für mögliche Interventionen durch Geo-Engineering. Manche der in diesem Zusammenhang diskutierten Maßnahmen würden darauf abzielen, der Erwärmung durch stärkere Reflektion von Sonnenlicht entgegen zu wirken. Zu dem Zweck müssten etwa Spiegel im Weltall positioniert oder Staubteilchen in oberen Atmosphärenschichten freigesetzt werden.

Kleidon und Renner berechneten jedoch, dass der Wasserkreislauf um zwei Prozent und der Vertikaltransport um acht Prozent sänke, wenn die Temperatur mithilfe des Geo-Engineering um zwei Grad gesenkt würde. Ähnliche Effekte wurden auch in einer anderen, gerade veröffentlichten Vergleichsstudie von Klimamodellsimulationen zum Geo-Engineering beschrieben. „Das wäre, als ob man gleichzeitig einen Deckel auf den Topf setzte und die Herdplatte reduzierte“, erklärt Kleidon. „Während man in der Küche damit Energie sparen kann, führt Geo-Engineering im Erdsystem zu einer Verlangsamung des Wasserkreislaufs mit weitreichenden Auswirkungen“. MPIBGC/PH
->Quelle: bgc-jena.mpg.de; mpg.de; earth-syst-dynam.net; Fotos © Gerhard Hofmann/Agentur Zukunft