Klimawandel steigert Wasserknappheit

40 Prozent mehr Menschen unter dem Risiko absoluten Wassermangels – Klimaforschung auf neuer Ebene

Wasserknappheit trifft schon heute Menschen in vielen Ländern, und durch das Bevölkerungswachstum wird der Bedarf an Süßwasser noch weiter steigen. Zusätzlich aber ist in Zukunft vielerorts weniger Wasser verfügbar, weil sich etwa Regenfall und Verdunstung verändern. Der Klimawandel aufgrund unverminderter Treibhausgasemissionen wird wahrscheinlich noch in diesem Jahrhundert rund 40 Prozent mehr Menschen einem Risiko absoluter Wasserknappheit aussetzen, als es ohne Klimaänderungen der Fall wäre. Das zeigt eine neue Studie, auf die das  Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung hinweist, für die eine noch nie dagewesene Zahl von Klimafolgenmodellen verwendet wurde – ein einzigartiger und von Wissenschaftlern weltweit getragener Versuch, die Forschung zu den Folgen des Klimawandels auf eine neue Ebene zu bringen.

„Die stärkste Zunahme von globaler Wasserknappheit könnte es bei einer globalen Erwärmung von zwei bis drei Grad über dem vorindustriellen Niveau geben – und das werden wir in den nächsten Jahrzehnten bereits erleben, wenn die Emissionen nicht bald gesenkt werden“, sagt Leitautor Jacob Schewe vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. „Dass die Wasserknappheit zunimmt, ist bereits länger bekannt. Aber unsere Studie bestimmt erstmals den relativen Anteil des Klimawandels daran, im Vergleich – und zusätzlich – zu der wachsenden Wasserknappheit, die einfach auf das Bevölkerungswachstum zurückzuführen ist.“

In Pionierarbeit haben Forschergruppen weltweit gemeinsam umfassende Erkenntnisse zu den zukünftigen Auswirkungen des Klimawandels gewonnen, von Wasserknappheit bis zu Ernterisiken. Über Fächergrenzen hinweg wurden umfangreich Computersimulationen verglichen. Das ermöglicht es, einerseits Forschungslücken zu erkennen – und andererseits auch die wirklich belastbaren Ergebnisse zu indentifizieren. Dies bietet Entscheidungsträgern wichtige Informationen für das Abwägen von Maßnahmen für Klimaschutz oder Anpassung. Die Analyse wird in einem Sonderteil der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences erscheinen, die erste Ergebnisse des Inter-Sectoral Impact Model Intercomparison Project (ISI-MIP) versammelt. Dieses ist ein einzigartiger und von Wissenschaftlern weltweit getragener Versuch, die Forschung zu den Folgen des Klimawandels auf eine neue Ebene zu bringen.

„Es ist ein Elefant im Zimmer: gegenwärtige und zukünftige Klimaänderungen. Merkwürdigerweise scheinen aber viele ihn nicht zu sehen“, sagt Hans Joachim Schellnhuber, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und einer der Autoren des Editorials und weiterer Artikel der Sonderausgabe. „Viele Entscheidungsträger ziehen es vor, sich gegenüber den Auswirkungen der globalen Erwärmung blind zu stellen, während viele Wissenschaftler ihren Blick nur auf sehr spezielle Aspekte des Klimawandels fokussieren. So ähneln wir den Blinden aus der Fabel, die unterschiedliche Teile des gleichen Elefanten berühren: beim Ergreifen des Rüssels ist einer von ihnen davon überzeugt, eine Schlange in der Hand zu halten, ein anderer hält den Schwanz für ein Seil. Um das Tier wirklich zu erkennen, müssen sie miteinander reden, um die unterschiedlichen Teile zu identifizieren und zusammen zu setzen. Dies ist genau das, was in diesem internationalen Projekt passiert.“

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