Nachhaltige Magnete

Forschung zum Ersatz wertvoller seltener Erden

Windkraftanlagen und Elektromotoren enthalten Magnete mit Metallen, die unter bedenklichen Umweltbedingungen fast ausschließlich in China gewonnen werden. Der Darmstädter Materialwissenschaftler Oliver Gutfleisch forscht an Alternativen.

„Ohne Magnete funktioniert in unserem Alltag nicht viel“, sagt Oliver Gutfleisch, Professor an der TU Darmstadt. Er meint jene Hochleistungsmagnete, die in Mobiltelefonen und Computern, in medizinischen Geräten, Elektromotoren und Generatoren stecken. „50 bis 100 solcher Magnete besitzt der moderne Mensch“, unterstreicht der Materialwissenschaftler, „und neue Technologien werden den Bedarf zukünftig noch deutlich steigern.“

An magnetischen Materialien für kompressorfreie Kühlschränke und Klimaanlagen forschen sowohl Gutfleisch als auch einige Unternehmen bereits – wird die Technik praxisreif, eröffnet sich Magnetherstellern ein weiterer Riesenmarkt. Die derzeit gängigen Hochleistungsmagnete für technische Anwendungen enthalten hauptsächlich Eisen, etwas Bor zur Stabilisierung und fast 30 Gewichtsprozent Neodym, teils auch dessen Verwandten Dysprosium, der Magnete hitzetauglich macht. Die beiden exotisch klingenden Metalle gehören zur Gruppe der sogenannten Seltenen Erden.

So rar, wie die Bezeichnung vermuten lässt, ist aber zumindest Neodym nicht. Gesichert ist die Versorgung dennoch nicht, denn 97 Prozent der Seltenen Erden werden in China gefördert. Das spiegelt sich in der Magnetproduktion: China stellt 80 Prozent aller Neodym-Eisen-Bor-Magnete her, gefolgt von Japan mit 18 Prozent. Die restlichen zwei Prozent werden in Deutschland, genauer: in Hanau, produziert.

Förderung der Metalle alles andere als grün

Seltene Erden kommen in der Natur meist gemeinsam mit Thorium oder Uran vor, bei der Förderung entsteht radioaktiver Müll. Neue Minen im Westen sind daher aus Umweltschutzgründen nicht einfach in Betrieb zu nehmen, doch verzichten kann die moderne Industriegesellschaft auf die Metalle nicht. Mit der Energiewende sei der Bedarf sogar noch gestiegen, betont Gutfleisch.

Moderne Windgeneratoren enthalten pro Megawatt Leistung ungefähr eine halbe Tonne seltenerdhaltige Magnete, in einem Hybridfahrzeug stecken bis zu zwei Kilogramm. Das ausschließlich in Südchina gewonnene Dysprosium, das dort mit Säure aus dem Erdreich gewaschen wird, ist für diese beiden Anwendungen derzeit unersetzlich. „Windkraft und Elektrofahrzeuge bezeichnen wir zwar als grüne Technologien. Die dafür benötigten Metalle sind aber nicht grün“, beschreibt Gutfleisch das Dilemma.

Gehalt der seltenen Elemente senken

Eins seiner Forschungsziele lautet daher, den Gehalt des besonders bedenklichen Dysprosiums in Magneten zu senken. Üblicherweise wird das Metall in die Ausgangslegierung eingeschmolzen und ist daher homogen im Material verteilt. „Das muss nicht sein“, erklärt Gutfleisch und skizziert die Struktur eines Magneten. Er besteht aus vielen kleinen Kristallen. Entscheidend für die Hochtemperaturstabilität sind die Dysprosium-Gehalte an den Grenzflächen zwischen diesen Kristallen. Auf Dysprosium im Innern hingegen könnte man verzichten.

„Mit hochauflösenden mikroskopischen Untersuchungen und Rechnungen wollen wir genau verstehen, wie die Kristallgrenzen beschaffen sind, um dann dort gezielt Dysprosium einzubringen oder es vollständig zu substituieren“, erklärt Gutfleisch. Ein entsprechendes Verfahren entwickeln er und seine Mitarbeiter bereits: Neodym-Eisen-Bor-Blöcke beschichten sie mit Dysprosium und unterziehen sie anschließend einer Wärmebehandlung. Dadurch diffundiert das Seltenerdmetall entlang den Kristallgrenzen ins Innere des Magneten und lagert sich dort an. Mit solchen Verfahren ließe sich der Dysprosium-Gehalt von teils acht auf unter zwei Gewichtsprozent senken, schätzt Gutfleisch.

Es geht auch ohne seltene Erden

Auch an komplett seltenerdfreien Magneten arbeiten die Darmstädter Materialwissenschaftler. Zu den vielversprechenden Kandidaten zählen Eisen-Kobalt-Legierungen. Um diese in Dauermagneten zu verwandeln, zwängen die Darmstädter Forscher dem Material eine magnetische Vorzugsrichtung auf. Sie lassen die Legierung beispielsweise auf einem Träger wachsen, der eine geeignete Struktur vorgibt.

Das funktioniert aber nur für dünne magnetische Schichten, die man beispielsweise für Computer und Speichermedien braucht. Ein anderes Verfahren basiert auf dem Einbau von Fremdatomen wie Bor, Kohlenstoff oder Wolfram in das Kristallgitter – in der Hoffnung, dass es sich dadurch verzerrt und dann eine magnetische Vorzugsrichtung aufweist.

Im Projekt Response, das im Rahmen der hessischen Landes-Offensive zur Entwicklung wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz (LOEWE) mit 4,4 Millionen Euro gefördert wird, sollen massive Materialien zudem bei hohen Drücken und Temperaturen so verformt werden, dass Vorzugsrichtungen entstehen. – Uta Neubauer / feu
->Quelle: tu-darmstadt.de; ausführliche Fassung: hoch³ FORSCHEN