Albig zu EEG: „Bundesregierung läuft Gefahr, falsche Abzweigung zu nehmen“

Welche sind die kritischen Punkte in Gabriels EEG-Reformpapier ?

Der Bundeswirtschafts- und Energieminister geht von falschen Voraussetzungen aus. Sein Plan ist, den Ausbau regenerativer Energien zu drosseln und zu deckeln, weil sie über die EEG-Einspeisevergütung die Strompreise für Verbraucher und Unternehmen antreiben. Natürlich will keiner, dass die Konjunktur durch exorbitante Energiepreise abgewürgt wird. Aber es ist falsch, die Erneuerbaren grundsätzlich als Preistreiber auf den Nebenkostenabrechungen von Mietern und Wohnungseigentümern zu sehen. Explodiert sind in den vergangenen Jahren nicht die Strompreise, sondern vor allem die Wärmekosten. Zudem sind die regenerativen Energien nicht gleich teuer.

Ökonomisch unsinnig, Wind-Ausbau in engen Korridor zwängen zu wollen

Gerade die Windenergie an Land trägt dazu bei, die Preise niedrig zu halten. Windstrom an Land, gewonnen in windstarken Regionen, ist die preisgünstigste Form der erneuerbaren Energiegewinnung und auch besonders zuverlässig. Hätten wir in ganz Deutschland den Erneuerbaren Energiemix, den wir in Schleswig-Holstein mit unseren vielen Windkraftanlagen an Land haben, wäre die EEG-Umlage um 3 Cent niedriger. Es ist also geradezu ökonomisch unsinnig, den Ausbau der Windenergie in einen engen Korridor zwängen zu wollen. Und es geht auch ohne: Die EEG-Vergütung für Windmüller ist heute in der Tat recht hoch. Sie könnte abgesenkt werden, ohne dass Windkraftanlagen dadurch unrentabel würden. Das ist in Ordnung. Eine Deckelung der Windenergie ist es aber nicht.

Was sind die nächsten Schritte?

Die Bundesregierung hat erklärt, dass sie jetzt mit allen Akteuren das Gespräch über diese Frage suchen wird. Es geht hierbei nicht um die Interessen einer Region oder einer Lobby, sondern um handfeste ökonomische und ökologische Argumente für den Industriestandort Deutschland. Die Erneuerbaren Energien sind eine sehr dynamische Branche, die uns in die Lage versetzt, sowohl bei Forschung als auch beim Anlagenbau vor allen anderen Ländern in der Welt zu sein. Andere – beispielsweise China – lernen von uns. Wir haben also gegenüber der Bundesregierung gemeinsam mit der Branche gute Argumente. Es ist daher sehr wichtig, dass die Unternehmen und Verbände, die für Erneuerbare Energien stehen, fest an unserer Seite bleiben. Ich werde gemeinsam mit meinen norddeutschen Kollegen unser Gewicht im Bundesrat in die Waagschale werfen. Der Norden kann einen entscheidenden Beitrag zu einer für alle bezahlbaren Energiewende leisten, aber man muss uns auch lassen.

Torsten Albig, Jahrgang 1963, ist seit Mai 2012 Ministerpräsident von Schleswig-Holstein. Der gebürtige Bremer, in Ostholstein aufgewachsen, studierte Jura und ging Ende 1994 in die Bonner Landesvertretung Schleswig-Holsteins. 1996 wechselte er in das Büro des damaligen SPD-Chefs Lafontaine – nach dessen Berufung zum Bundesfinanzminister leitete Albig als Sprecher die Kommunikation des Ministeriums, auch für Eichel und Steinbrück. Zwischenzeitlich arbeitete er als Konzernsprecher der Dresdner Bank. Von Juni 2009 bis Mai 2012 war Albig direkt gewählter Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Kiel.