DIW Roundup: Kontroverse um Kapazitätsmechanismen

Bewertung in puncto Effektivität und Effizienz

Hauptkriterien zur Bewertung von Kapazitätsmechanismen sind ihre Effektivität im Hinblick auf Versorgungssicherheit und ihre ökonomische Effizienz unter Berücksichtigung von Regulierungsaufwand und Transaktionskosten. Darüber hinaus sind Verteilungseffekte und die Vermeidung des Missbrauchs von Marktmacht zu beachten. Im Kontext der langfristig angelegten Energiewende können auch die spätere Modifizierbarkeit beziehungsweise Reversibilität eines Mechanismus eine entscheidende Rolle spielen. Wichtig sind auch die Wirkungen auf den Kraftwerksmix und auf Investitionen in verschiedene Optionen zur Steigerung der Systemflexibilität. Nicht zuletzt sollte der Mechanismus möglichst gut mit den Regeln für den europäischen Binnenmarkt kompatibel sein. Die Strategische Reserve bringt im Vergleich zu den komplexeren Kapazitätsmärkten die geringsten Markteingriffe und den geringsten Regulierungsbedarf mit sich. Allerdings ist umstritten, ob sie eine langfristig tragfähige Lösung darstellt.

Im aktuellen Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD findet sich noch keine konkrete Festlegung auf eines der oben skizzierten Modelle. Dem Koalitionsvertrag zu Folge soll die Bundesnetzagentur kurzfristig prüfen, ob auf Grundlage der bestehenden Reservekraftwerksverordnung regional neue Kraftwerkskapazitäten erforderlich sind. Mittelfristig sei „ein Kapazitätsmechanismus zu entwickeln, unter dem Gesichtspunkt der Kosteneffizienz im Einklang mit europäischen Regelungen und unter Gewährleistung wettbewerblicher und technologieoffener Lösung“ (S. 57).

Die Gutachten wirtschaftswissenschaftlicher Beratungsgremien enthalten unterschiedliche Bewertungen von Kapazitätsmechanismen. Während sich der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie – abgesehen von einem Minderheitenvotum – für die Einführung eines umfassenden Kapazitätsmarkts in Deutschland ausspricht, da ein Marktversagen vorläge, sieht der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung „bislang keine ausreichenden Anzeichen dafür, dass diese Form des Marktversagens auf dem deutschen Strommarkt vorliegt“ (S.462). Auch die Monopolkommission sieht derzeit keine Notwendigkeit zur Einführung eines Kapazitätsmarktes. Nach ihrer Ansicht sollte man das „Vertrauen in den Energy-only-Markt nicht vorschnell aufgeben“ (S. 202).
Autoren: Wolf-Peter Schill, Jochen Diekmann
->Quelle, Grafiken und Quellenangaben der Autoren: diw.de