DIW Roundup: Kontroverse um Kapazitätsmechanismen

Unterschiedliche Kapazitätsmechanismen diskutiert

In Deutschland werden seit einigen Jahren verschiedene Kapazitätsmechanismen diskutiert. Dazu gehören zum einen umfassende oder selektive zentrale Kapazitätsmärkte, die mit Call-Optionen kombiniert werden können, sowie dezentrale Leistungsmärkte. Zum anderen wird eine sogenannte Strategische Reserve diskutiert, die nur in extremen Knappheitssituationen zum Einsatz kommt und den Spotmarkt weitgehend unberührt lassen soll.

Die unterschiedlichen Konzepte lassen sich anhand verschiedener Kriterien unterscheiden:

  • Planung und Beschaffung gesicherter Kapazitäten: Diese können jeweils zentral erfolgen, beispielsweise durch die zuständige Regulierungsbehörde, oder dezentral durch die Marktakteure.
  • Selektion der Anlagen, die vom Kapazitätsmechanismus erfasst werden: Beispielsweise können – über eine grundsätzliche technische Präqualifikation hinaus – Unterscheidungen zwischen Alt- und Neuanlagen getroffen oder umwelt- oder regionalspezifische Kriterien berücksichtig werden.
  • Einsatz der Anlagen im Spotmarkt: Nicht in allen diskutierten Konzepten dürfen die vom Kapazitätsmechanismus erfassten Anlagen am Spotmarkt teilnehmen.
  • Steuerungsgrößen für den Regulierer: Dazu gehören beispielsweise die Höhe der vorgehaltenen Kapazität, das Setzen von Auslösungs- oder Ausübungspreisen, die Festlegung von Sicherheitsmargen oder Pönalen sowie technische oder regionale Präqualifikationsbedingungen.
  • Finanzierung des Kapazitätsmechanismus: Diese kann beispielsweise durch verschiedene Formen von Umlagen oder durch Marktpreise erfolgen.

Umfassender Kapazitätsmarkt

Das Energiewirtschaftliche Institut an der Universität zu Köln (EWI) hat im Jahr 2012 basierend auf Vorarbeiten von Cramton und Ockenfels ein Konzept für einen umfassenden Kapazitätsmarkt vorgelegt, das auf Versorgungssicherheitsverträgen beruht. Dabei definiert der Regulierer einen Gesamtbedarf an gesicherter Leistung. Dieser wird in einer zentralen Auktion mit hinreichend langen Vorlauffristen beschafft, bei der grundsätzlich alle erzeugungs- und nachfrageseitigen Anlagen teilnehmen können. Alle erfolgreichen Anbieter von gesicherter Leistung ergänzen ihre Erlöse im Spotmarkt durch eine jährliche Kapazitätszahlung (Neuanlagen für 15 Jahre), die durch eine Umlage von den Stromverbrauchern finanziert wird. Im Gegenzug geben die Leistungsanbieter eine Call-Option aus, die den Stromnachfragern im Fall von hohen Spotmarktpreisen eine Zahlung zusichert, die der Differenz zwischen dem Spotmarktpreis und einem vorgegebenen Ausübungspreis entspricht. Dadurch soll die Marktmachtausübung von Stromerzeugern in Knappheitsphasen begrenzt werden, während die Stromnachfrager gleichzeitig gegen hohe Preisspitzen abgesichert werden.
Es folgen: Fokussierter Kapazitätsmarkt, Dezentraler Leistungsmarkt und Strategische Reserve