DIW Roundup: Kontroverse um Kapazitätsmechanismen

Fokussierter Kapazitätsmarkt

Alternativ zu einem umfassenden Kapazitätsmechanismus haben Öko-Institut, LBD und Raue LLP im Jahr 2012 einen Fokussierten Kapazitätsmarkt vorgeschlagen, der dem EWI-Modell zum Teil ähnelt. Bestandskraftwerke und steuerbare Lasten konkurrieren um ein- bis vierjährige Kapazitätszahlungen, während in einem zweiten Marktsegment Neubaukraftwerke und Speicher im Wettbewerb um 15-jährige Zahlungen stehen. Dabei werden an die Neubaukraftwerke hohe Flexibilitäts- und Umweltanforderungen gestellt. Zudem sollen Mitnahmeeffekte für fossile Bestandskraftwerke minimiert werden.

Dezentraler Leistungsmarkt

Während bei umfassenden und fokussierten Kapazitätsmärkten die Planung und Beschaffung gesicherter Kapazitäten zentral erfolgen, haben der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) und darauf aufbauend der BDEW einen dezentralen Leistungsmarkt vorgeschlagen. Auf eine staatliche Mengenplanung soll damit vollständig verzichtet werden. Die Versorger werden verpflichtet, im Knappheitsfall eine von ihnen bestimmte Leistung gesichert zur Verfügung zu stellen. Hierzu wird ein verbindliches System von Versorgungssicherheitsnachweisen (VSN) eingeführt. Die Versorger entscheiden unter Berücksichtigung nachfrageseitiger Maßnahmen selbst über den Bedarf an gesicherter Leistung und fragen entsprechend viele VSN am Markt nach. Kraftwerksbetreiber können VSN anbieten und verpflichten sich damit, vertraglich sichere Leistung in Knappheitssituationen bereitzustellen. Der staatliche Regelungsbedarf umfasst in diesem System insbesondere die Festlegung von Strafen für Versorger und Erzeuger sowie die Definition eines Marktpreises, der die Nachweispflicht auslöst.

Strategische Reserve

Einen grundlegend anderen Kapazitätsmechanismus stellt eine Strategische Reserve dar. Möglichkeiten ihrer Umsetzung in Deutschland wurden im Rahmen eines vom Bundesumweltministerium initiierten Fachdialogs konkretisiert, an dem sich verschiedene Verbände sowie Forschungs- und Beratungsinstitute beteiligt haben. Bei diesem Konzept wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass Spotmarktpreise ausreichende Investitionsanreize geben können. Lediglich für seltene Knappheitsphasen wird eine Kraftwerksreserve vorgehalten. Deren Beschaffung erfolgt zentral in einer Auktion, wobei eine Selektion hinsichtlich Bestands- und Neuanlagen oder in Bezug auf regionale oder technische Kriterien vorgenommen werden kann. Reservekraftwerke dürfen nicht im Strommarkt eingesetzt werden, sondern kommen nur bei Überschreitung eines definierten, sehr hohen Auslösungspreises zum Einsatz. Die Kosten der Reserve werden auf die Stromverbraucher umgelegt. In einer für das Umweltbundesamt erstellten Studie argumentiert Nicolosi, dass eine Strategische Reserve im Vergleich zu den Alternativen am kompatibelsten mit dem Ausbau erneuerbarer Energien ist, da sie Preisspitzen im Spotmarkt bewahrt. Diese können zusätzliche Anreize für künftig verstärkt erforderliche Investitionen in Speicher, Lastmanagement und andere Arten der Systemflexibilisierung geben.
Folgt: Bewertung in puncto Effektivität und Effizienz