AKW als Geschenk – sollen wir’s einpacken?

Man nennt es „übertölpeln“: Kinder spielen solche Spiele, „schenken“ einander mit der Aufforderung: „Augen zu!“ Sachen, die sich als leer, lästig oder schmutzig herausstellen – und rufen dann: „Geschenkt ist geschenkt!“ Man will es kaum glauben: Aber die großen EVU scheinen es wirklich für möglich zu halten, die Regierung auf ähnliche Weise zu übertölpeln. Sie wollen der Regierung ihre hochsubventionierten ehemaligen Goldesel namens „Atomkraftwerke“ schenken, weil diese ihrer Goldesel-Eigenschaft verlustig gehen und nur noch Heu fressen und tun dabei so, als wären sie hiervon überrascht worden. Gleichzeitig erwecken sie den Anschein, als könnten sie 36 Milliarden Euro angeblich gebildeter Rückstellungen in eine Stiftung einzahlen; die hätte dann für alles aufzukommen: Den Restlauf bis zur Abschaltung, den Abriss (euphemistisch „Rückbau“) und die Endlagerung des Atommülls (Dauer, Art und Ort unbekannt). Diese 36 Milliarden haben sie aber gar nicht: Experten sagen, die stünden nur als Buchgeld auf dem Papier. Aber selbst wenn sie das Geld hätten: Es würde hinten und vorne nicht einmal für den Abbau der strahlenden Beton-Riesen ausreichen, geschweige denn für eine mehrere tausend Jahre dauernde terror- und erdbebensichere Endlagerung des hochgefährlichen Abfalls.
Die Konstruktion von Parallelen zur Kohle (Braun- und Stein-) misslingt: Dort reichen die Rückstellungen – wie eben bekannt wurde – nämlich ebenfalls nicht für die Folge-, vor allem die sogenannten „Ewigkeitskosten“ (Abpumpen, Einbrüche, Erdrutsche, Kohlebrände), werden also auf die Steuerzahler abgewälzt. (Das ist nicht ganz neu. Neu ist, dass Kohlekraftwerke die Umwelt jährlich mit mehreren hundert Kilogramm Quecksilber-Ausstoß die Umwelt belasten. Gäbe es strengere Emissions-Grenzwerte wie in den USA, müssten fast alle Kohlekraftwerke vom Netz. Wer kommt für diese Schäden auf?) Dabei wurde den fossilen Energien das Subventionsgeld stets nachgeworfen: 2012 wurden sie laut IEA-World Energy Outlook 2013 weltweit mit 400 Milliarden Euro bedacht – erneuerbare Energien dagegen nur mit 75.
Bundes- und Landespolitiker lehnten das großherzige „Angebot“ sofort dankend ab:  „Die volle Kostenverantwortung liegt bei der Industrie“, sagte Schleswig-Holsteins Energieminister Habeck, die Industrie habe sich „an der Atomenergie eine goldene Nase verdient“. Bundesumweltministerin Hendricks konstatierte trocken, die „uneingeschränkte Verantwortung für den sicheren Auslaufbetrieb, die Stilllegung, den Rückbau und die Zwischenlagerung des Atommülls“ liege bei den Energieunternehmen. Und die Kanzlerin verbeschied das vergiftete Geschenk lakonisch mit „werden wir nicht machen“.
Die EVU sollen für die Annahme des Geschenks gar angeboten haben, ihre Klagen gegen die Regierung wegen Ausstiegs und Brennelementesteuer zurückzuziehen. Doch das können sie vermutlich gar nicht, weil ihre Aktionäre ein Recht darauf haben. Die seitens der EVU als teuer verschriene Energiewende wird sich am Ende weit billiger herausstellen als das Abenteuer „Laufzeitverlängerung einer Brückentechnologie“.