Gabriel, Seehofer und der SuedLink

Streit um die Energiewende – Keine Trassen auf bayerischem Boden

Zeitweise fand der CSU-Chef die Energiewende mal wichtig. Doch davon ist nicht mehr viel zu merken: Trassen wie der „SuedLink„, der Windstrom nach Bayern bringen soll, findet Seehofer jetzt überflüssig. Ein Affront gegen die Bundesregierung. – Von Oliver Mayer-Rüth, BR, ARD-Hauptstadtstudio (tagesschau.de).

Dutzende Meter hohe Stahlmasten, faustdicke Kabel – so soll eine Stromautobahn aus dem windreichen Norden in die Industriegebiete im Süden und Südwesten der Republik aussehen. Und so stellt sich Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel die Energiewende vor. Dort, wo Bürgerinitiativen und Naturschützer zu viel Widerstand leisten, könnten die Leitungen streckenweise auch unterirdisch verlaufen. Doch aus Sicht der Experten im Bundeswirtschaftsministerium steht fest: Der Windstrom aus dem Norden muss in den Süden.

Spätestens, wenn 2022 die letzten Atomkraftwerke abgeschaltet werden, sollte die Stromautobahn stehen. Nur so dürften die langfristigen Ziele der Energiewende zu schaffen sein. Damit alles seine deutsche Ordnung hat, legen die Bundesnetzagentur, die Übertragungsnetzbetreiber und das Wirtschaftsministerium in einem Netzentwicklungsplan den Verlauf der Strecke fest. Die wichtigste Verbindung zwischen Norden und Süden ist der „SuedLink“, der sich von der Nordsee bei Hamburg bis nach Grafenrheinfeld in Unterfranken ziehen soll.

Dass diese Trasse nötig ist, war bisher Konsens zwischen Bund und Ländern. Doch Horst Seehofer, Allzeitrebell aus Bayern, lässt keine Chance verstreichen, um den Preußen – wie auch Berliner Politiker aller Couleur im Münchner Jargon gerne mal genannt werden – Paroli zu bieten. Erst vor einer Woche hat Seehofer bei der CSU Klausur in Banz den Landtagsabgeordneten seiner Partei noch einmal dargelegt, dass die Stromtrassen auf bayerischen Boden noch längst keine abgemachte Sache seien und erneut umfangreich diskutiert werden müssen.

Bayerische Verzögerungstaktik

Nur wenige Tage später lässt der bayerische Ministerpräsident seine Wirtschaftsministerin Ilse Aigner verkünden, dass es vorerst keinen Bedarf an Nord-Süd-Stromtrassen gebe. Denn bis 2021 sei die Versorgung Bayerns gesichert. Außerdem müsse in einem umfassenden Dialog mit Experten und Betroffenen, also Netzbetreibern, Wirtschaft, Energieagentur, Bund Naturschutz und Bürgerinitiativen gesprochen werden, so Aigner gegenüber dem ARD-Hauptstadtstudio. Das klingt alles ziemlich nach Verzögerung.

Jedoch kollidiert die bayerische Strategie frontal mit den Vorstellungen Sigmar Gabriels. Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministers stellt gegenüber dem ARD-Hauptstadtstudio schriftlich fest: „Bundeswirtschaftsminister Gabriel hat wiederholt klargestellt, dass der Netzausbaubedarf nicht infrage gestellt wird und dass wir beim Netzausbau deutliche Fortschritte brauchen, um den vor allem im Norden und Osten produzierten Windstrom zu den Verbrauchsschwerpunkten nach Süden und Westen zu transportieren.“