Indiens Weg zum Klimaschutz – offen

Energieeffizienz soll steigen

Vashist glaubt nicht, dass Indien bereits in Lima konkrete Klimaschutzziele benennen wird, sondern bis März nächsten Jahres warten wird. Bis dahin müssen alle Mitgliedsstaaten der UN-Klimarahmenkonventionen UNFCCC, die derzeit in Lima verhandeln, ihre freiwilligen Beiträge zum Klimaschutz benennen. Vor allem für Entwicklungsländer ist noch nicht endgültig klar, wie diese sogenannten Intended Nationally Determined Contributions (INDCs) genau aussehen können.

Auch darüber wird in Lima verhandelt. Vashist sieht für Indien drei Möglichkeiten:

  1. Erstens eine Erhöhung des Energieeffizienzziels. So beschloss das Land bereits 2010, bis 2020 seine Energieproduktivität im Vergleich zu 2005 um 20 bis 25 Prozent zu erhöhen – jede Rupie Wirtschaftsleistung wäre dann also um fast ein Viertel effizienter erzeugt als noch vor 10 Jahren.
  2. Eine zweite Möglichkeit wäre ein höheres Ausbauziel für erneuerbare Energien. Das indische Ministerium für neue und erneuerbare Energien gab erst kürzlich bekannt, dass in den nächsten fünf Jahren Solarprojekte mit einer Leistung von 24 Gigawatt in Indien geplant sind. Diese Ziele könnte die Regierung auf 100 Gigawatt bis zum Jahr 2022 erhöhen, sagt Vashist.
  3. Eine dritte, unwahrscheinliche Möglichkeit wäre es, einen Peak der Emissionen ähnlich wie in China bekannt zu geben, nur später.

Die IEA hat auch mehrere Szenarien der künftigen Stromerzeugung in Indien durchgerechnet. Eines davon zeigt, was das Land tun müsste, um das internationale Ziel einer maximalen globalen Klimaerwärmung von zwei Grad einzuhalten. Demnach muss vor allem Solar-, Wind- und Wasserkraft ausgebaut werden. Wie in allen ihren Szenarien empfiehlt die IEA auch den Bau neuer Atomkraftwerke.

Das Szenario scheint machbar: Momentan ist Indien bei der installierten Windkraft weltweit auf Platz fünf. Die Regierung plant einen Ausbau von zwei Gigawatt pro Jahr; die IEA empfiehlt 4 bis 4,3 Gigawatt, um ein zwei 2-Grad-Szenario zu erreichen. Laut IEA sei das machbar, wenn der Netzausbau beschleunigt und bürokratische Hemmnisse abgebaut würden.

Luftverschmutzung schlimmer als in China

Ähnlich wie China, das erst kürzlich bekannt gab, spätestens ab 2030 seine CO2-Emissionen zu senken, leidet auch Indien an massiven Umweltproblemen. Die Luftverschmutzung ist in indischen Großstädten sogar noch schlimmer als in China, wie die University of Chicago kürzlich in einer Studie zeigte.

Weil Abwässer nicht gereinigt werden, sind zudem 75 Prozent des Oberflächenwassers Indiens verschmutzt. Eine Studie ergab kürzlich, dass Indien wegen des Klimawandels und der Luftverschmutzung durch Ruß, Feinstaub und oberflächennahes Ozon bereits heute ein Drittel seiner Weizenernte verliert.

Seit dem Jahr 2008 hat Indien einen National Action Plan on Climate Change, der allerdings keinerlei bindende Ziele für CO2-Emissionen vorsieht. 28 Bundesstaaten haben mittlerweile Pläne zum Klimaschutz vorgelegt. Das Centre for Policy Resarch in Delhi hat fünf dieser bundesstaatlichen Maßnahmenkataloge evaluiert. Das Fazit: „Die Pläne haben das Potenzial, den Entwicklungsprozess zu verändern.“

Noch allerdings scheint dieser Prozess am Anfang zu stehen. So sei in vielen Bundesstaaten der Fokus darauf gelegt worden, den von der Zentralregierung geforderten Klimabericht zu erstellen, nicht aber auf den langfristigen Aufbau von Kompetenzen, um Maßnahmen gegen den Klimawandel als inhärentes Entwicklungsziel zu verstehen. Vielerorts gehe es darum, einzelne Projekte umzusetzen.

Das sei zwar wichtig, aber: „Die Projekte sind von begrenztem Nutzen, wenn sie nicht von einer fundierten Idee begleitet werden, wie sich vom Klima betroffene Bereiche wie die Wasser- und Energieversorgung und die Landwirtschaft entwickeln sollen“, schreibt der indische ThinkTank. Dennoch seien die Pläne eine gute Grundlage, auf die sich aufbauen ließe – wenn sie als Beginn eines langen, komplexen Prozesses begriffen werden und nicht als Abschluss eines solchen.

->Quelle: nachhaltigkeitsrat.de