Die Sonne als Wandelstern: Strahlungsstärke schwankt…

Network könnte langfristige Trends erklären

Bislang wurden die Calcium-II-Fotoaufnahmen noch nicht systematisch untersucht. Neben den Sonnenflecken und den Faculae gibt es aber eine dritte, die Strahlungsintensität beeinflussende Struktur auf der Sonnenoberfläche: Ein feines Netzwerk noch kleinerer heller Flecken, von Astronomen als Network bezeichnet. „Wir wissen sehr wenig über das Network“, sagt Krivova. „Wir vermuten, dass es ebenfalls einen Zyklus aufweist, der jedoch zeitversetzt zum Sonnenfleckenzyklus schwankt.“ Krivova und auch andere Forscher glauben allerdings, dass dieses Network zu den graduellen langfristigen Schwankungen in der Strahlungsintensität der Sonne beiträgt – den langen Phasen im Laufe der Jahrtausende, in denen es besonders viele oder wenige Sonnenflecken gab, so wie während der Kleinen Eiszeit.

Treibhausgase haben stärker zur Erderwärmung beigetragen als die Sonne

„Secular change“ nennen die Experten diesen Langfristtrend – „langsame, systematische Veränderung“. „Die Rolle, die das Network dabei spielt, ist noch weitgehend unverstanden – wir hoffen daher sehr, in den Calcium-II-Aufnahmen auch das Network erkennen und analysieren zu können.“ Was die langfristige Änderung der Sonnenaktivität betrifft, tritt die Sonne derzeit offenbar in eine aus Perspektive der Erdbewohner sehr interessante Phase ein. Denn Zählungen der Sonnenflecken in den vergangenen Jahren deuten darauf hin, dass die Sonnenaktivität nach 60 starken Jahren wieder abnimmt.

Für die kommenden Jahrzehnte erwarten die Forscher eine Abnahme der Sonnenstrahlung. Klimaskeptiker behaupten nun, dass diese Abkühlung die durch den Ausstoß der Treibhausgase menschenverursachte Erderwärmung ausgleicht. Doch Krivova winkt ab: „Aktuelle wissenschaftliche Arbeiten und die Berichte des IPCC zeigen deutlich, dass die Treibhausgase zur Veränderung des Wärmehaushalts der Erde in den vergangenen Jahrzehnten vielfach stärker beigetragen haben als die Sonne.“

UV-Strahlung soll genauer erforscht werden

Krivova will weiter daran arbeiten, das wechselhafte Wesen der Sonne zu verstehen. Dazu gehört für sie vor allem  auch eine genauere Erforschung der ultravioletten Strahlung – die ja wesentlich zur Variabilität der Sonnenstrahlung beiträgt. Die UV-Strahlung wird vor allem beeinflusst durch das Magnetfeld in der äußeren Hülle der Sonne, der Chromosphäre.

Die Chromosphäre schwebt über der Photosphäre, die wir Menschen von der Erde aus als scheinbare Oberfläche des Gasballons Sonne sehen. Die Vorgänge in der Chromosphäre sind jedoch so kompliziert, dass sie sich nur schwer in Modellen berücksichtigen lassen. Krivova will nun aber versuchen, ihren Modellen eine Art Rechenmodul für die Chromosphäre einzupflanzen.

Mit den Untersuchungen zur Strahlungsleistung der Sonne ist ihre Arbeitsgruppe am Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung nicht allein. Sie und ihre Mitarbeiter kooperieren eng mit anderen Gruppen aus dem Bereich „Sonne und Heliosphäre“ unter Sami Solankis Leitung. Die Arbeit wiederum ist Teil des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Forschungsprogramms ROMIC (Role of the MIddle atmosphere in Climate), in dem zurzeit die mittlere Erdatmosphäre genauer untersucht wird.

[note Übergeordnetes Ziel von ROMIC ist die Untersuchung der Rolle der mittleren Atmosphäre für das Klima. Hierzu sollen wichtige Prozesse in der mittleren Atmosphäre in Hinblick auf ihre Bedeutung für das Klima untersucht werden. Einer der Untersuchungsschwerpunkte, dem das Teilprojekt MUSIC (Modeling and Understanding Solar Irradiance Changes) gewidmet ist, ist der Einfluss der solaren Variabilität.]

Zwar spielen sich das Wetter und das Klima auf der Erde in den bodennahen Atmosphärenschichten, der Troposphäre, ab. Doch haben die Vorgänge in den Etagen darüber einen erheblichen Einfluss auf die Troposphäre. Die Prozesse in der mittleren Atmosphäre haben Forscher bis heute nicht wirklich verstanden. Auch das Wissen über den Einfluss der Sonne ist fragmentarisch. Natalie Krivova und ihre Kollegen am Max- Planck-Institut für Sonnensystemforschung werden also auch künftig immer wieder solares Neuland betreten.

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