PV-Ausschreibungsmodell schadet Bürgerenergie-Genossenschaften

„Politischer Gegenwind schwächt Bürgerenergie existenziell“

Das zum 01.02.2015 in Kraft getretene PV-Ausschreibungsmodell schwächt Bürgergerenergie-Genossenschaften. Nachdem „Bürgerenergie sich über Jahre hinweg gut entwickelt“ habe und zum tragenden Pfeiler der Energiewende geworden sei, „brach die Zahl der Gründungen von Bürgerenergiegenossenschaften 2014 ein“, heißt es in einer Mitteilung des Bündnisses Bürgerenergie (BBEn) e.V..

Thomas Banning (li.) bei der BBEn-Gründung, mit Falk, Sladek, Blittersdorff und Zuber – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft

Nachdem Bürgerenergie sich über Jahre hinweg gut entwickelt habe und „zum tragenden Pfeiler der Energiewende“ geworden sei, „brach die Zahl der Gründungen von Bürgerenergiegenossenschaften in 2014 ein“. Das Bündnis Bürgerenergie macht dafür die Energiepolitik der Bundesregierung verantwortlich und befürchtet angesichts der Einführung von Solarenergie-Ausschreibungen, dass Bürgerenergie schweren Zeiten entgegen geht.

So seien im Jahr 2014 nur noch ganze 29 Bürgerenergie-Genossenschaften gegründet worden – „ein Einbruch auf gut ein Viertel des Vorjahresniveaus“, wie eine Untersuchung von Wissenschaftlern der Universität Erfurt und der Leuphana Universität Lüneburg für das Bündnis Bürgerenergie ergibt. Habe die Zahl der Neugründungen 2012 noch bei 183, gelegen, sei sie bereits 2013 auf 104 zurück gegangen.

Für das Bündnis Bürgerenergie liegt der Grund für diesen drastischen Einbruch bei den Neugründungen, aber auch bei neuen Projekten bereits vorhandener Bürgerenergiegesellschaften, auf der Hand: „Die Politik der Bundesregierung in den letzten Monaten ist eine Katastrophe für die Bürgerenergie. Es begann mit dem Kapitalanlagegesetzbuch, das für hohe Verunsicherung und eingeschränkten Handlungsrahmen bei Bürgerenergieakteuren gesorgt hat. Die Novelle des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes im letzten Jahr war gespickt mit Benachteiligungen für dezentrale Akteure. Der Anti-Bürgerenergiekurs findet mit dem aktuellen Entwurf zum sogenannten Kleinanlegerschutzgesetz, das in Wahrheit ein Gesetz zur Verhinderung von bürgerschaftlich organisiertem unternehmerischen Engagement ist, seine Fortsetzung. Mit dem Kabinettsbeschluss über die Einführung von Ausschreibungen bei Photovoltaik-Freilandanlagen findet das staatliche Bremsmanöver für die Bürgerenergie einen weiteren traurigen Höhepunkt“, sagt Dr. Thomas Banning, Vorstandsvorsitzender des Bündnisses Bürgerenergie.

Aussichtsloser Wettbewerb mit großen Energiekonzernen

Die Bundesregierung zwinge Bürgerenergiegesellschaften, die Solaranlagen auf freier Fläche errichten wollen, ab Februar 2015 in einen Wettbewerb mit großen Energiekonzernen und Finanzinvestoren. „Ausschreibungen sind prinzipiell das falsche Mittel in einer nachhaltig ausgerichteten Energiepolitik. Wenn man sie aber dennoch für große Projekte und einen anonymisierten Strommarkt einführen will, dann müssen sie so gestaltet sein, dass auch kleine Projekte – und damit gerade auch bürgergetriebene Projekte vor Ort – noch realisiert werden können. Das Bündnis Bürgerenergie, unabhängige Ökostromanbieter und diverse Experten haben diesbezüglich mehrere Vorschläge unterbreitet. Leider hat die Bundesregierung alle ignoriert. Mit der Verordnung zur Einführung von Ausschreibungen versetzt die Bundesregierung der Bürgerenergie einen weiteren heftigen Nackenschlag“, so Thomas Banning.

Die widrigen politischen Vorgaben schlagen sich nach Erkenntnissen von Wissenschaftlern bereits heute im Gründungs- und Investitionsverhalten von Bürgerenergiegesellschaften nieder. „Unsere Erhebung zeigt, dass viele Menschen, die einen Beitrag zum Ausbau von Erneuerbaren Energien leisten wollen, durch die aktuelle Energiepolitik tief verunsichert werden. Dies erklärt, warum sich die positive Entwicklung zur Gründung von Energiegenossenschaften in den letzten Monaten so deutlich abgeschwächt hat“, sagt Jakob Müller von der Universität Erfurt. „Dieser negative Trend steht sinnbildlich für die Verunsicherung der Bürgerenergie-Akteure, also bei Menschen, die sich alleine oder gemeinschaftlich vor Ort für die Energiewende engagieren möchten“, so Müller.

Und Banning bekräftigt: „Politiker haben sich immer wieder für eine starke Rolle der Bürgerenergie, dem Marktführer der Energiewende, ausgesprochen. Doch es wird nun deutlich, dass es sich dabei um bloße Rhetorik handelte, der keine Taten folgen. Im Gegenteil müssen wir feststellen: Die Bundesregierung hat die Bürgerenergie radikal im Stich gelassen. Als Verfechter einer dezentralen Energiewende werden wir, die engagierten Bürger und der BBEn, uns davon aber nicht entmutigen lassen. Wir arbeiten mit vielen Akteuren daran, der falschen Entwicklung Paroli zu bieten und neue Wege für eine nachhaltige Energieversorgung zu finden“.

Das gemeinnützige Bündnis Bürgerenergie (BBEn) e.V. ist Vordenker der dezentralen Energiewende in Bürgerhand. Das BBEn setzt sich für eine verbrauchsnahe Energieerzeugung und Direktversorgung der Verbraucher durch regenerative und dezentrale Energien ein, bei denen die Bürger Anteil und Einfluss haben. Im BBEn schließen sich lokale, regionale und bundesweit agierende Netzwerke, Organisationen und Unternehmen zusammen. Es wurde im Januar 2014 gegründet und zählt derzeit rund 100 Mitglieder.

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