Dezentrale PV und Energiewende

Quaschning-Vortrag in Kloster Banz

Volker Quaschning hielt beim 30. Symposium Photovoltaische Solarenergie am 05.03.2015 auf Kloster Banz, Bad Staffelstein (gemeinsam mit Johannes Weniger, Joseph Bergner und Tjarko Tjaden von der HTW Berlin) einen Vortrag über das Thema „Die Bedeutung von dezentralen PV-Systemen für die deutsche Energiewende“ – Solarify dokumentiert mit freundlicher Genehmigung des Vortragenden.

Durch die politischen Eingriffe der deutschen Bundesregierung ist der PV-Zubau extrem eingebrochen. Während in den Jahren 2010 bis 2012 noch jeweils rund 7,5 GW installiert wurden, erreichte der Zubau 2014 nicht einmal mehr die im novellierten EEG anvisierten 2,5 GW. Die Angabe des Zielkorridor-Wertes wird im EEG neuerdings durch den Zusatz „brutto“ ergänzt. Der Brutto-Zubau umfasst alle Neuanlagen, auch wenn diese ausgediente Altanlagen ersetzen. Für die Biomasse nennt das Gesetz Zielwerte für den jährlichen Zubau von 0,1 GW brutto und für die Onshore- Windkraft von 2,5 GW netto.

Zielkorridore im EEG ermöglichen keinen effektiven Klimaschutz

Mit den aktuell beschlossenen Zielen würde die in Deutschland installierte PV-Leistung bis zum Jahr 2030 auf lediglich 70 GW ansteigen. Da die Anlagenlebensdauer in der Regel 20 Jahre beträgt, würden nach 2030 die Anlagen der Boomjahre 2010 bis 2012 wieder außer Betrieb gehen. In diesen Jahren wurden jeweils über 7 GW errichtet. Ein Zubau von 2,5 GW kann das nicht kompensieren. Dadurch würde die PV-Leistung langfristig wieder auf 50 GW schrumpfen. Noch verheerender ist der Entwicklungspfad bei der Biomasse. Von der derzeit installierten Leistung – rund 8 GW – blieben langfristig nur noch 2 GW übrig.

Der Windkraftbranche ist es immerhin gelungen, die Zielwerte als Nettoangaben zu manifestieren. Dadurch kann der Rückbau von Anlagen durch weitere Neuanlagen kompensiert werden. Da ausgediente Altanlagen zusätzlich zu den 2,5 GW ersetzt werden dürfen, könnten die jährlichen Neuinstallationen im Jahr 2020 bereits 4 GW überschreiten und im Jahr 2040 sogar deutlich über 6 GW liegen. An Land wäre damit bis zum Jahr 2040 eine Gesamtleistung von gut 100 GW möglich. Bei der Offshore-Windkraft sollen bis zum Jahr 2030 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 15 GW errichtet werden. Aus heutiger Sicht erscheint es allerdings sehr unwahrscheinlich, dass diese Ausbauwerte mit den aktuellen Rahmenbedingungen für die Windkraft erreicht werden können.

In Bild 1 wurde dennoch davon ausgegangen, dass der Ausbau erneuerbarer Energien bei allen Technologien langfristig entlang der derzeitigen Zielkorridore des EEG erfolgt. Außerdem wurde unterstellt, dass der Stromverbrauch wie auch in den letzten 20 Jahren weiterhin ansteigt. Durch den Ausbau der Elektromobilität und von Wärmepumpenheizungen ist trotz größerer Effizienz im Strombereich ein sinkender Verbrauch wenig wahrscheinlich. Selbst bei einem ambitionierten Windenergieausbau lassen sich mit den Ausbauwerten der derzeitigen EEG-Zielkorridore für Deutschland weder die Klimaschutzziele noch die Ausbauziele für erneuerbare Energien der Bundesregierung für das Jahr 2050 erreichen.

Langfristig erfüllen die derzeitigen Zielkorridore damit nicht den Zweck des EEG, „im Interesse des Klima- und Umweltschutzes eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu ermöglichen.“ Dazu müssen wir bis 2040 nahezu kohlendioxidneutral werden. Das ist nur erreichbar, wenn die bisherigen Zielvorgaben deutlich angehoben werden. Der Brutto-Zubau müsste dafür bei der Photovoltaik 10 GW, bei der Biomasse 0,7 GW und bei der Onshore-Windkraft 7 GW pro Jahr betragen. Das was bei der Windkraft an Land aus Akzeptanzgründen nicht realisierbar ist, müssten Offshore-Windkraft oder Photovoltaik zusätzlich kompensieren. Bild 2 zeigt die Entwicklung der Stromversorgung mit den optimierten Ausbaupfaden, die einen effektiven Klimaschutz berücksichtigen.

Ein derart schneller Ausbau der Photovoltaik würde allerdings bedeuten, dass bereits in rund 20 Jahren eine installierte Photovoltaikleistung von 200 GW in Deutschland erreicht wird. Das hätte signifikante Auswirkungen auf das Stromversorgungssystem. Bild 3 zeigt den Verlauf der Stromversorgung am 08.06.2014 in Deutschland bei einer installierten Leistung von rund 37 GW. Wären am gleichen Tag 200 GW an PV-Leistung installiert gewesen, würde sich der Tagesverlauf signifikant verändern. Wie Bild 4 zeigt, käme es zu sehr hohen Überschüssen, die sich heute nur durch Abregelung von Anlagen beherrschen ließen.

Folgt: Dezentrale Speicher ermöglichen eine installierte PV-Leistung von 200 GW