Klimawandel und Tiefsee-Kohlenstoff

Diversität gelöster organischer Moleküle in der Tiefsee

In Experimenten, in denen gelöstes organisches Material aus dem Wasser aus 2.000 bis 5.000 Meter Tiefe des Atlantiks aufkonzentriert wurde, konnten Herndl und sein Team nun zeigen, dass Tiefwassermikroben durchaus in der Lage sind, dieses organische Material effizient zu nutzen. „Die hohe Diversität der gelösten organischen Moleküle in der Tiefsee und deren große Verdünnung ist der Grund, warum Tiefseemikroben diese Moleküle nicht effizienter nutzen können“, erklärt Gerhard Herndl.

Die Diversität der gelösten organischen Moleküle wurde mit einem speziellen Instrument, dem „Fourier-transform ion cyclotron resonance mass spectrometry (FT-ICR-MS)“, gemessen. Tausende von organischen Verbindungen konnten mit dieser Methode in der Tiefsee nachgewiesen werden. Berechnungen ergaben, dass in der Tiefsee eine Bakterienzelle aufgrund der geringen Konzentration der Moleküle und der großen Molekülvielfalt nur etwa alle 15 Sekunden bis 12 Minuten auf ein gleiches organisches Molekül trifft. „Unsere conclusio lautet also: Die gelösten organischen Moleküle sind zu stark verdünnt, als dass sie von den Mikroben effizient genutzt werden können“, so Herndl: „Diese Erkenntnisse stellen auch die vielfach diskutierte Strategie des Geo-Engineering in Frage, durch Speicherung von gelöstem organischem Kohlenstoff in der Tiefsee dem Anstieg des Kohlendioxid in der Atmosphäre entgegenzuwirken“.

Die aktuellen Forschungsergebnisse sind Resultat einer im Rahmen einer ERC-finanzierten Forschungsfahrt im Sommer 2012 mit dem Forschungsschiff Pelagia. Gegenwärtig bereiten sich Mitarbeiter von Herndl auf eine Forschungsfahrt vor Hawaii vor, um den Einfluss der in der Tiefsee herrschenden Druckverhältnisse auf die mikrobielle Aktivität in der Tiefsee zu studieren. Finanziert werden Herndls Forschungen über einen ERC Advanced Grant sowie einen Wittgenstein-Preis des FWF.

Die Universität Wien ist eine der ältesten und größten Universitäten Europas: An 19 Fakultäten und Zentren arbeiten rund 9.700 MitarbeiterInnen, davon 6.900 WissenschafterInnen und rund 92.000 nationale und internationale Studierende. Mit über 180 Studien verfügt sie über das vielfältigste Studienangebot Ödterreichs. 1365 gegründet, feiert die Alma Mater Rudolphina Vindobonensis im Jahr 2015 ihr 650-jähriges Gründungsjubiläum.(Veronika Schallhart)

->Quellen:

Publikation in „Science“: Jesus M. Arrieta, Eva Mayol, Roberta L. Hansman, Gerhard J. Herndl, Thorsten Dittmar, Carlos M. Duarte: Dilution limits dissolved organic carbon utilization in the deep ocean. In: Science, 20.3.2015 – DOI: 10.1126/science.1258955