Rolle der KWK in der Energiewende

KWK-Studie von Agora – Titel

Solarify dokumentiert: Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick

  1. Die KWK soll ihre Effizienzvorteile in die Energiewende einbringen – in einem fairen Wettbewerb mit anderen Technologien. KWK ist eine von mehreren Optionen, die zu Klimaschutz, Versorgungssicherheit und Effizienz im Stromsystem beitragen können. Sie muss sich diesem Wettbewerb stellen. Die KWK-Förderung muss deshalb in ein Energiewende-Marktdesign eingebettet werden.
  2. Die KWK-Förderung muss die Flexibilität der Anlagen belohnen. Damit das Stromsystem Erneuerbare Energien bestmöglich integrieren kann, braucht es flexible Kraftwerke. Auch die KWK muss deshalb technisch flexibler werden. Darüber hinaus muss die KWK-Förderung Anreize für systemdienliche Betriebsentscheidungen schaffen, indem Zuschläge bei negativen Preisen ausgesetzt werden.
  3. Die KWK-Förderung muss den Klimaschutzeffekt der KWK gezielt belohnen. Das Ziel der Energiewende ist der Klimaschutz. Gas-KWK-Anlagen haben einen deutlich höheren Klimaschutzeffekt als Kohle-KWK-Anlagen. Solange die CO2-Preise im Emissionshandel diesen Wert nicht spiegeln, sollte das KWK-G gezielt klimaschonende Gas-KWK unterstützen.
  4. Die Verzerrung von Betriebs- und Investitionsentscheidungen durch die indirekte KWK-Förderung sollte dringend abgebaut werden. Die größte KWK-Förderquelle ist nicht die KWK-G-Förderung, sondern die Vermeidung von Abgaben und Umlagen durch Selbstverbrauch. Selbst verbrauchter Strom sollte deshalb nicht auch noch KWK-Förderung erhalten. Auch die implizite Förderung aus den vermiedenen Netzentgelten ist nicht sinnvoll.

Fazit

Die Strom- und Wärmeerzeugung mittels Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) erlaubt die Erzielung hoher Gesamtwirkungsgrade in thermischen Kraftwerken. Im Vergleich mit der separaten Erzeugung von Strom und Wärme lassen sich so die Menge der einzusetzenden Energie und – im Falle des Vergleichs mit fossil betriebenen konventionellen Kraftwerken – entsprechend auch die Kohlenstoffdioxidemissionen der Energieumwandlung reduzieren. Die Transformation des Strom- und Wärmesektors im Zuge der Energiewende stellt die KWK vor neue Herausforderungen.

Ihre Rolle wird sich angesichts neuer Flexibilitätsanforderungen im Stromsektor, abnehmender Wärmesenken und des Zubaus emissionsfreier Ressourcen im Strom- und Wärmesektor andern. KWK ist dabei eine von vielen Optionen, die zu Klimaschutz, Versorgungssicherheit und Effizienz im Stromsystem beitragen können. Sie kann ihre Effizienzvorteile in die Energiewende einbringen, im Wettbewerb mit anderen Optionen für Flexibilität und Emissionsvermeidung.

Die vorliegende Analyse hat gezeigt, dass das bestehende Förderregime mit KWK-Vergütung, Selbstverbrauchsvorteilen und vermiedenen Netzentgelten sowie weiteren Elementen eine Reihe von Anreizen verursacht, die der notwendigen Flexibilisierung des Stromsystems in der Energiewende zuwider laufen. Aber auch das KWKG selbst wird dem Ziel, gezielt und effizient Anreize für emissionsmindernde Investitionen zu schaffen, kaum noch gerecht. Aufgrund dieser Fehlanreize sind Marktpreissignale für Investoren in KWK-Anlagen heute nur noch bedingt von Bedeutung; der Einsatz der KWK ist vielmehr zunehmend abhängig von Kriterien wie Selbstverbrauchsmöglichkeiten in Abwägung der Hohe vermeidbarer Abgaben, Umlagen und Steuern.

Die anstehende KWK-G-Novelle 2015 ist eine Gelegenheit, die Rahmenbedingungen für die KWK in Richtung eines Energiemarktdesigns weiterzuentwickeln, das an die Erfordernisse der Energiewende angepasst ist. Darüber hinaus müssen bestehende Sonderregelungen und Privilegierungen auf den Prüfstand. Direkte Förderung, wo erforderlich und in Einklang mit allgemeinen Marktregeln, sollte gegenüber immer komplexeren indirekten Fördertatbestanden den Vorzug erhalten.

Die nachfolgende Zusammenfassung der Schlussfolgerungen aus den Analysen betreffen deshalb nicht nur das KWK-G und seine anstehende Novelle, sondern reichen rechtlich und zeitlich darüber hinaus.

Eckpunkte für die Weiterentwicklung des KWK-G

  1. Streichung des KWK-Ausbauziels (25 Prozent an der Nettostromerzeugung)
    Ziel der KWK-Förderung sollte ein Beitrag zur Energiewende sein, nicht ein fixer Anteil an der Stromerzeugung. Ein ambitioniertes Investitionsprogramm, wie es die Erreichung des 25-Prozent-KWK-Ziels erforderlich machen wurde, ist angesichts gegenwärtiger Überkapazitäten nicht sinnvoll und wurde zugleich erhebliche zusätzliche Förderkosten auslosen. Das auf die Nettostromerzeugung 2020 bezogene KWK-Ziel sollte deshalb gestrichen werden.
  2. Förderung des Bestands der FernWärme-Gas-KWK
    Bestandsförderung für Gas-KWK der öffentlichen Versorgung ist klimapolitisch begründbar. Die aktuell niedrigen Strompreise gefährden den Bestand gasgefeuerter FernWärme-KWK-Anlagen. Die Stilllegung sollte verhindert werden, da es sich hierbei um die emissionsärmsten fossilen Kraftwerke mit geringen CO2-Vermeidungskosten handelt. Dafür ist eine relativ geringe Fördersumme in Hohe von circa 170 bis 340 Millionen pro Jahr erforderlich. Die Bestandsförderung sollte jedoch zeitlich begrenzt und rechtzeitig evaluiert werden.
  3. Abschaffung der Förderung von selbstverbrauchten KWK-Strommengen
    Die Selbstverbrauchsprivilegierung ist mit mehr als zwei Milliarden Euro jährlich die Hauptförderquelle der KWK. Selbstverbraucher sparen bereits in großem Umfang Umlagen, Abgaben und Steuern. Eine zusätzliche Förderung mittels KWK-Zuschlag ist nicht vertretbar. Darüber hinaus trägt die Förderung zu inflexibler Fahrweise von KWK-Anlagen bei. Um einen ähnlichen Standard wie im EEG zu erreichen, sollte jegliche Förderung selbstverbrauchter KWK-Strommengen gestrichen werden.
  4. Abschaffung der KWK-Förderung bei negativen Strompreisen
    Um einen Anreiz zur Anpassung der Erzeugung bei negativen Preisen zu geben und so einen Beitrag zur Flexibilisierung des Stromsystems und zur Integration Erneuerbarer Energien in den Strommarkt zu leisten, sollte bei negativen Preisen keine KWK-Förderung gezahlt werden.
  5. Abschaffung der sogenannten „vermiedenen Netzentgelte“
    KWK-Anlagen erhalten Auszahlungen von Netzbetreibern, deren Gesamtvolumen das der Förderung der KWK-Stromerzeugung durch das KWK-G erreicht. Dieses Instrument vergütete ursprünglich eine mögliche Netzdienlichkeit dezentraler Anlagen, die aber aus heutiger Sicht praktisch nicht mehr besteht. Die Auszahlung vermiedener Netzentgelte sollte deshalb aus systematischen Gründen abgeschafft werden.
  6. Verbesserung der Anreize für die Flexibilisierung der KWK durch Wärmespeicher KWK erzeugt gleichzeitig Strom und Wärme. Wärmespeicher ermöglichen flexible Reaktionen auf niedrige und negative Strompreise. Die bereits im KWK-G vorgesehene Förderung thermischer Speicher sollte deshalb geprüft und gegebenenfalls mit Augenmaß ausgebaut werden.
  7. Konsequente Einführung der Direktvermarktung
    In Analogie zum EEG sollten nur noch Anlagen unterhalb einer Bagatellgrenze von 100 Kilowatt Leistung von der Pflicht zur Direktvermarktung entbunden werden. Entsprechende Mengen sind vom aufnehmenden Netzbetreiber an der Borse zu verkaufen.

Eckpunkte für bessere Rahmenbedingungen jenseits des KWK-G

  1. Schaffung von mehr Transparenz bei impliziten Fördertatbestanden
    Die Förderung der KWK über Selbstverbrauchsprivilegierung und vermiedene Netzentgelte ist in hohem Maße intransparent: Weder das Fördervolumen aus der Privilegierung des Selbstverbrauchs noch das Volumen der ausgezahlten vermiedenen Netzentgelte ist bekannt. Dies erschwert den politischen Entscheidungsprozess zur Weiterentwicklung des Regulierungsrahmens und verletzt Verbraucherschutzinteressen.
  2. Entwicklung einer Marktdesignstrategie im Spannungsfeld von Flexibilisierung und Finanzierung
    Am Beispiel der KWK zeigt sich, dass die Refinanzierung von Fixkosten über variable Strompreisbestandteile die Flexibilisierung des Energiesystems beeinträchtigt: Sowohl das Problem des Selbstverbrauchs (Inflexibilität, verzerrte Investitionsmuster) als auch die Verhinderung von Power-to-Heat-Losungen liegen hier begründet. Eine zentrale Herausforderung für das Marktdesign der Zukunft wird sein, möglichst unverzerrte Preissignale zu schaffen und gleichzeitig die Refinanzierung von Erzeugungs- und Netzkapazitäten zu gewährleisten. Hierfür muss eine umfassende Marktdesignstrategie entwickelt werden.
  3. Entwicklung eines sektorübergreifenden Energiewendemarktdesigns
    Die Sektorgrenzen zwischen Strom-, Wärme- und Mobilitätssektor verwischen im Zuge der Energiewende. Energieflüsse und Substitutionsmöglichkeiten über diese Grenzen hinweg erfordern verstärkte Aufmerksamkeit für regulatorisch bedingte Verzerrungen von Preissignalen. Auch hierfür sind eine umfassende Bestandsaufnahme und eine Strategie für den Abbau von Verzerrungen erforderlich.
  4. Einleitung der Wärmewende und Schaffung des regulatorischen Rahmens für einen dynamischen Wärmemarkt
    Im Vergleich zum Stromsektor hat der Wärmesektor in den vergangenen Jahren wesentlich weniger Aufmerksamkeit erfahren. Die Politik muss eine Wärmewende einleiten, indem sie bundesweite, regionale und kommunale Klimakonzepte bereitstellt. An dem Versuch, die langfristige Perspektive der KWK zu beschreiben, zeigt sich, dass heute die Unsicherheit zu hoch ist, um langlebige und kostenintensive Investitionen in die Wärmeversorgung ohne die Gefahr von Lock-in-Effekten  tätigen zu können. Aus Investorenperspektive sind gegenwärtig die regulatorischen Risiken zu hoch. Die Politik muss deshalb die Rahmenbedingungen so gestalten, dass die Marktteilnehmer unter Berücksichtigung der Wechselwirkungen von Strom- und Wärmemarkt für die Erreichung der Ziele die am besten geeigneten Lösungen entwickeln können.

->Quellen: