Studie: Kohle-Notbremse spart 70 Mio t Kohlendioxid

Greenpeace: Strompreise kaum berührt – Gaskraftwerke könnten wieder Gewinn erwirtschaften

Die Bundesregierung kann 36 der ältesten Kohlekraftwerke sofort abschalten und dabei weiterhin eine sichere Stromversorgung garantieren. Deutschland würde mit diesem Schritt 70 Millionen Tonnen CO2 einsparen, seine Klimaziele erreichen und den Strommarkt stärken. Das ist das Ergebnis der Studie „Auswirkungen eines partiellen Kohleausstiegs“ von Energy Brainpool im Auftrag von Greenpeace.

„Deutschland überflutet seine Nachbarländer mit dreckigem Kohlestrom, flexible Gaskraftwerke verdienen kaum noch Geld und deutsche Kohlekraftwerke emittieren trotz Energiewende CO2 und Quecksilber auf Rekordniveau“, schreibt Greenpeace-Energieexperte Tobias Austrup im Vorwort der Studie. „Deutschland kann ohne Probleme die Notbremse bei der Kohleverstromung ziehen. Die Bundesregierung ginge damit einen konsequenten Schritt hin zu mehr Klimaschutz. Und sie würde die internationale Blamage vermeiden, die eigenen Klimaziele krachend zu verfehlen.“

Energy Brainpool hat die Auswirkungen untersucht, wie der europäische Strommarkt auf eine Reduzierung der Überkapazitäten bei Kohlekraftwerken reagieren würde. Dafür simuliert die Studie, dass nicht benötigte, alte und CO2-intensive Kohlekraftwerke mit einer Leistung von insgesamt 15 GW aus dem Strommarkt in eine strategische Reserve wandern. Diese Kraftwerke werden nicht benötigt. Sie produzieren vornehmlich für den Export. 15 GW entsprechen beinahe der Hälfte aller deutschen Braunkohlekraftwerke und einem Fünftel der Steinkohlekraftwerke. Sie kämen nur dann zum Einsatz, wenn nicht genügend Strom am Markt verfügbar wäre. Im Jahr 2015 würden die Reservekraftwerke nach dem errechneten Szenario nicht gebraucht. Auch im Jahr 2023, in dem alle Atomkraftwerke abgeschaltet sind, werden lediglich vier Gigawatt Reservekraftwerke in sechs Stunden des Jahres benötigt. Das zeigt: Viele Kohlekraftwerke können direkt abgeschaltet werden und müssen nicht als Reserve vorgehalten werden.

Wirksamer Klimaschutz würde 0,6 ct/kWh mehr kosten

Die Kohle-Notbremse ließe den Börsenstrompreis geringfügig ansteigen, so dass Gaskraftwerke wieder kostendeckend produzierten. Ihr Einsatz erhöhte sich laut Studie dementsprechend um 31 Prozent. Im Gegenzug käme es zu einer sinkenden gesetzlichen Umlage für die Erneuerbaren Energien (EEG-Umlage). Haushalte zahlten daher für ihren Strom unter dem Strich nur 0,6 ct/kWh mehr.

Europaweit sänken die hohen deutschen Stromexporte und die -importe nach Deutschland nähmen zu. Die Bundesrepublik hätte so im Jahr 2015 eine ausgeglichene Import/Export-Bilanz. Europa sparte insgesamt 35 Millionen Tonnen CO2 ein. „Deutschland muss aufhören, seine Nachbarländer mit dreckigem Kohlestrom zu überfluten. Gleichzeitig braucht es dringend eine konsequente europaweite Energiewende“, so Austrup. Sigmar Gabriel habe also alle Karten in der Hand, meint Astrup: „Er kann seinen Vorschlag der Klimaschutzabgabe durchsetzen – oder er kann den großen Wurf wagen.“

Laut Spiegel-Online sind Verbraucherschützer zwiespältig. Für Udo Sieverding, Energieexperte der Verbraucherzentrale NRW, klingen die „0,6 Cent plausibel“. Doch die Wertung „lediglich“ teilt er nicht. „Ein Haushalt mit einem Verbrauch von 4000 Kilowattstunden zahlt dann pro Jahr 24 Euro mehr.“ Zwar gebe es sicher viele zahlungsbereite Deutsche; einkommensschwachen Haushalten aber würde wegen der erneuten Strompreiserhöhung Geld für Kinderschuhe oder Mittagessen fehlen.

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