Greenpeace fragt: Geld für AKW-Rückbau verzockt?

Und Pensionskasse auch?
Greenpeace schickt offene Briefe an Merkel, Gabriel, Bsirske

Auch hier geht RWE vorweg: Erstmals gab ein Energiekonzern Probleme mit der Finanzierung der Atomrückstellungen zu. In offenen Briefen forderte die Umweltorganisation Greenpeace jetzt: „Die Kosten dürfen nicht die Steuerzahler tragen“. So Cornelia Deppe-Burghardt in einem Artikel auf greenpeace.de.

Die Warnung habe Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) gegolten und sich auf die von ihm geplante Klimaschutzabgabe auf alte Braunkohlekraftwerke bezogen: „Wenn sie so kommt, wie sie ursprünglich vorgesehen war, trifft das zu 80 bis 90 Prozent die Braunkohle. In einem Ausmaß, in dem das RWE nicht mehr stemmen können würde“, prophezeite RWE-Chef Peter Terium im Nachrichtensender n-tv.

AKW Philippsburg – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft

Terium wurde noch konkreter: „Wir brauchen das Geld, das wir in der Braunkohle noch verdienen, um zukünftig die Versprechungen einzuhalten, etwa in Altersteilzeit und vorgezogenem Ruhestand – all das, was wir unseren Mitarbeitern gegeben haben, um den Wandel sozialverträglich zu gestalten.“ Das Geld müsse schließlich irgendwo herkommen; das gelte auch für den Rückbau der Kernkraftwerke und die Endlagerung. „Das braucht alles Geld“, so Terium. „Das Geld muss verdient werden. Und wenn nicht in der Braunkohle, dann wird es schon sehr schwierig, all das zu stemmen.“

35 Milliarden Euro an Atomrückstellungen müssten die Energiekonzerne RWE, Vattenfall, Eon und EnBW eigentlich für den Rückbau und die Entsorgung ihrer Atomkraftwerke zurückgelegt haben. Doch nun werde klar: Zumindest RWE muss seine zehn Milliarden Euro offenbar erst noch verdienen.

Konzerne müssen Atomrückstellungen selbst finanzieren

Deshalb fordert Greenpeace nun von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel und Verdi-Chef Frank Bsirske in drei offenen Briefen, sicherzustellen, dass die Konzerne selbst für ihre atomaren Hinterlassenschaften gerade stehen. Die Kosten für Rückbau der AKW und die Entsorgung des Atommülls dürfen nicht den Steuerzahlern aufgebürdet werden.

„Nun bricht ein ganzes Lügengebäude zusammen“, sagt Tobias Riedl, Greenpeace-Experte für Energie. „Merkel und Gabriel dürfen sich nicht länger von den Atomkonzernen an der Nase herumführen lassen. Sie müssen als Sofort-Maßnahme einen öffentlich rechtlichen Fonds einführen, in den die noch vorhandenen Rückstellungen der EVU fließen.“

Seit Jahrzehnten hat Greenpeace davor gewarnt, dass die Rückstellungen von RWE und Co. nicht sicher seien. Stets sträubten sich die EVU dagegen und beteuerten, mit ihren eigenen Rückstellungen ausreichend vorgesorgt zu haben. Doch nun müssen möglicherweise Kosten in Milliardenhöhe für den Rückbau von RWE-Atomkraftwerken und die Lagerung von Atommüll des Konzerns von den Steuerzahlern bezahlt werden – weil RWE sich nicht in der Lage sieht, diese zu übernehmen.

Rückstellungen futsch, Pensionskassen verzockt?

Vor nur einem Jahr habe Peter Terium in einem dpa-Interview behauptet, dass es ausreichend Rückstellungen gebe: „Die Mittel stehen zur Verfügung, wenn sie gebraucht werden.“ Doch heute sieht Teriums Welt offenbar ganz anders aus. Denn nicht nur die Atomrückstellungen scheinen futsch, sondern auch die Pensionskassen der Angestellten sind wohl von Grossmann und Terium verzockt worden. Deshalb fordert Tobias Riedl: „Frank Bsirske muss sich als Verdi-Chef und RWE-Aufsichtsrat für Transparenz bei der Altersversorgung bei RWE Mitarbeitern einsetzen.“ (nach einem Artikel von Cornelia Deppe-Burghardt auf greenpeace.de)

Jochen Stay: „Bund muss Stromkonzerne jetzt zur Kasse bitten“

„Der Kaiser ist nackt: RWE hat kein Geld für die Folgekosten der Atomkraft auf die Seite gelegt, wie es gesetzlich vorgeschrieben ist, sondern alles verpulvert. Jetzt muss auch der Letzte in der Bundesregierung erkennen, dass dringender Handlungsbedarf besteht“, so Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt, in einer Pressemitteilung.

Stay weiter: „Die Stromkonzerne müssen die Gelder, die in ihren Büchern für AKW-Abriss und Atommüll-Lagerung stehen, endlich in einen öffentlich-rechtlichen Fonds abgeben. Sie müssen sogar noch deutlich mehr zahlen: Die Regierung sollte nachrechnen, wie teuer die Sache wirklich wird, etwaige Kostensteigerungen eingerechnet. Und wenn RWE nicht zahlen kann, dann müssen eben Unternehmensteile verkauft werden. Wer Milliarden mit Atomkraft verdient hat, muss auch zahlen, wenn das dicke Ende kommt.“

->Quellen: