Kabinett will Netzausbau anschieben

Mit Erdverkabelung Weichen für zügigeren Ausbau der Stromnetze gestellt – Kommentare von Kemfert, Krischer und Fell

Die Bundesregierung will laut zweier Presssemitteilungen die Akzeptanz für den Netzausbau in der Bevölkerung stärken. Daher sollen künftig die neuen „Stromautobahnen“ (HGÜ, Höchstspannungs-Gleichstrom-Übertragungsleitungen, siehe solarify.eu/hochspannungs-gleichstrom-uebertragung-hgue) vorrangig unterirdisch anstatt Freileitungen gebaut werden. Damit hat sich Bayerns Ministerpräsident Seehofer nach langer Blockade weitgehend gegen seine Koalitionspartner durchgesetzt. Der Vorrang betrifft vor allem die großen Nord-Süd-Trassen wie SuedLink oder die Gleichstrompassage Süd-Ost. Laut dem Bericht des BMWi im Kabinett zum Stand des Netzausbaus nach dem Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) sind von den Vorhaben ein Viertel – etwa 500 Kilometer – gebaut.

Am 07.10.2015 hat sich das Bundeskabinett mit dem Thema befasst, und konkretisiert damit die „Eckpunkte für eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende“ vom 01.07.2015. Nun soll der gesetzliche Rahmen für die Änderung im Leitungsbau geschaffen werden.

Erdkabel für Gleichstrom, Freileitungen für Wechselstrom

Der Netzausbau soll schneller vorangehen und braucht dafür die Akzeptanz vor Ort. Dort, wo Menschen wohnen, sind künftig HGÜ-Trassen verboten. Sie sollen als Erdkabel im Boden verlegt werden. Wechselstrom-Leitungen bleiben dagegen weiterhin größtenteils Freileitungen. Das hat technische Gründe, denn es gibt noch zu wenig Erfahrung mit Erdkabeln bei Wechselstrom-Trassen. Die Anzahl von Pilotvorhaben in diesem Bereich wird jedoch nochmals erhöht.

[note Der energiepolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Oliver Krischer, auf Fragen von Christiane Meier im ARD- Morgenmagazin dazu: „Seehofer hat zwei Jahre lang das Ganze blockiert. Er hat zusätzliche Kosten verursacht. Er hat Konflikte im Land geschürt. Das ist keine erfolgreiche Politik von Seehofer!“ Und es sei „auch keine zielgerichtete Politik. Das schafft eigentlich nur neue Konflikte.“ Erdkabel seien sinnvoll, um Konflikte zu lösen, man brauche sie an vielen Stellen auch. Aber dass man jetzt sage, „überall sollen Erdkabel hin und erst recht in Bayern und koste es, was es wolle, das ist ein bisschen zu viel des Guten“. Krischers Fazit: „Wir werden in den Planungen im Grunde genommen um drei Jahre zurückgeworfen. Das, was die Bundesnetzagentur drei Jahre lang mit Millionenaufwand gemacht hat, ist quasi auf null jetzt zurückgestellt. Das hat Seehofer verursacht.“ Allerdings sei er „froh, dass die Bundesregierung jetzt mal endlich ihre Blockade beendet hat“. Aber: „Sie macht leider wieder im Konkreten das Falsche und nicht das richtig Passende“].

Folgt: Ausbaupläne an aktuelle Entwicklungen anpassen