Klimawandel dämpft frühen Baumaustrieb

Bäume treiben trotz Klimawandels nicht früher aus

Der Mechanismus, dass Blätter aufgrund des veränderten Klimas früher austreiben, hat sich seit den 80er-Jahren abgeschwächt. Dies ist das Ergebnis einer kürzlich in Nature veröffentlichten Studie, an der auch Professorin Annette Menzel vom Fachgebiet für Ökoklimatologie der TU München beteiligt war. Die abnehmende Temperaturempfindlichkeit der Pflanzen könnte das Potenzial von Wäldern reduzieren, mehr Kohlenstoff zu binden als dies heute der Fall ist.

Die verfrühte Blattentfaltung im Frühling ist eine häufig beobachtete Reaktion von Pflanzen auf die Klimaerwärmung. Um ihre Winterruhe (Dormanz) zu durchbrechen, brauchen viele Laubbaumarten einen Kältereiz, das sogenannte „Chilling“. Da sich durch den Klimawandel die Kältereize jedoch verringert haben, ist auch die verfrühte Blattentfaltung rückläufig. Bisher konnte dies allerdings nur sehr begrenzt empirisch nachgewiesen werden.

Um herauszufinden, ob die warmen Winter bereits die Verfrühung der Frühlingsphänologie abgeschwächt haben, hat ein internationales Forscherteam mit Wissenschaftlern aus China, Belgien, Frankreich, Spanien, der Schweiz und Deutschland den veränderten Zeitpunkt der Blattentfaltung aufgrund der Klimaerwärmung untersucht. Dazu wurden an 1.245 Standorten in Mitteleuropa Langzeitbeobachtungen für sieben in Europa vorherrschende Baumarten durchgeführt wie etwa Buche, Eiche, Esche, Linde oder Birke.

Früherer Blattaustrieb ging um 40 Prozent zurück

Diese Analysen haben ergeben, dass der Blattaustrieb zwischen 1980 und 1984 durchschnittlich um vier Tage je Grad Celsius Anstieg der Frühlingstemperatur früher erfolgte. Dieser Wert ist zwischen 1999 und 2013 auf 2,3 Tage je Grad Celsius gesunken – was einem Rückgang um mehr als 40 Prozent entspricht.

„Dass die Bäume weniger stark auf den Klimawandel reagieren, hängt wahrscheinlich mit wärmeren Wintermonaten zusammen“, erläutert Yongshuo H. Fu von der Universität in Peking (School of Earth and Space Science), Erstautor der Studie. Denn Kälte zögert normalerweise das Ende der Dormanz hinaus. „Allerdings können wir photoperiodische Effekte und die Strahlung der Sonne als ebenfalls beteiligte Mechanismen nicht vollständig ausschließen“, sagt Yongshuo H. Fu – „diese beiden Einflüsse könnten auch zu limitierenden Faktoren werden, wenn der Blattaustrieb im Frühjahr zu früh einsetzt.”

Die Studie liefert den ersten groß angelegten empirischen Nachweis, dass der zunächst festgestellte zu frühe Blattaustrieb wegen der Klimaerwärmung bei ausgewachsenen Bäumen in Mitteleuropa abnimmt. „Die europäische Phänologiedatenbank PEP725 bot eine perfekte Ausgangsbasis, um aufzuzeigen, dass eine starke Wintererwärmung den verfrühten Blattaustrieb künftig abschwächen könnte“, sagt Professorin Annette Menzel von der Technischen Universität in München.

Wälder können bei verfrühtem Blattaustrieb weniger Kohlenstoff binden

Je nachdem, in welchem Entwicklungsstadium eine Pflanze steckt, beeinflusst das ihre Kohlenstoffaufnahme. Ebenso ist davon der Wasserhaushalt von Ökosystemen abhängig. Daher kann der Zeitpunkt des Blattaustriebs das Potenzial von Wäldern reduzieren, mehr Kohlenstoff zu binden, als heute der Fall ist. Letztendlich könnte sich dies aber ebenso vorteilhaft auf Bäume auswirken, weil so das Risiko von Frostschäden im Spätfrühling reduziert werde, wenn in Zukunft – so die Prognosen – die klimatischen Extremereignisse zunehmen.

Publikation: Yongshuo H. Fu, Hongfang Zhao, Shilong Piao, Marc Peaucelle, Shushi Peng, Guiyun Zhou, Philippe Ciais, Mengtian Huang, Annette Menzel, Josep Peñuelas, Yang Song, Yann Vitasse, Zhenzhong Zeng and Ivan A. Janssens: ‚Declining global warming effects on the phenology of spring leaf unfolding‘, Nature 23.9.2015 – DOI: 10.1038/nature15402

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