Echos auf COP21-Klimaabkommen

US-Republikaner ziemlich allein

Während die Republikaner im amerikanischen Kongress bereits den Shredder anwerfen, denn dort gehöre der Vertrag nach der nächsten Präsidentenwahl 2016 hinein, wie Mehrheitsführer Mitch McConnell sofort verlauten ließ, fiel das weltweite Echo aus Politik, NGOs und Wirtschaft fast ausschließlich positiv aus – viele schlossen weitergehende Forderungen an ihr Lob an, wie verstärkten Ausbau der Erneuerbaren Energien und Dekarbonisierung. Solarify zitiert – eine Auswahl.

Die Republikaner haben die Mehrheit in beiden Häusern des Kongresses. McConnell polemisierte, mit seiner Unterstützung für das Abkommen schreibe Präsident Barack Obama „Schecks aus, die er nicht einlösen kann und trampelt über die Mittelschicht hinweg“. Der republikanische Senator James Inhofe mutmaßte, die Regierung werde das Abkommen als Vorwand nehmen, der US-Wirtschaft Emissionsziele vorzugeben. Der Klimaschutz werde in den Vereinigten Staaten Jobs kosten. Obama selbst warb hingegen vehement für das Abkommen aus Paris. „Ich glaube, dieser Moment kann ein Wendepunkt für die Welt sein“, sagte er.

Avaaz: „Erfolg! Der Anfang vom Ende für fossile Energie…“

…jubelt das Kampagnennetzwerk Avaaz auf seiner Webseite (dort auch eine ausführliche Chronik des Kampfes gegen die fossilen Energien). „Bei den Klimaverhandlungen der UNO haben Politiker aus aller Welt gerade ein bahnbrechendes Ziel gesetzt, das alles retten kann, was uns am Herzen liegt! Dafür sind wir auf die Straße gegangen, haben Petitionen unterzeichnet, Anrufe und Spenden getätigt und Nachrichten geschrieben.

Die Netto-Emissionen sollen auf Null gesenkt werden — das bedeutet, ein Gleichgewicht zu erreichen, zwischen den Emissionen, die wir in die Luft ausstoßen, und denen, die wieder herausgeholt werden. Und wenn sich der Wind gelegt hat und das Pariser Abkommen in die Hände der Gesetzgeber gelangt, wird saubere Energie das beste, günstigste und effektivste Mittel sein, um ihr Versprechen umzusetzen. Das bietet uns die nötige Plattform, um den Traum einer sicheren Zukunft für künftige Generationen zu verwirklichen!

Für diesen Moment brauchte es eine Bewegung. In den vergangenen Wochen hat unsere Gemeinschaft eine außergewöhnliche Rolle gespielt, um zur Durchsetzung dieses historischen Abkommens beizutragen. Erst haben wir weltweite Rekorde gebrochen, als wir zu Hunderttausenden rund um den Globus auf die Straße gingen. Dann haben wir unsere Stimmen buchstäblich ins Gipfeltreffen hineingetragen: Als die Delegierten eintrafen, erschallte ein Chor aus persönlichen Nachrichten von Avaaz-Mitgliedern. Avaaz hat unsere Petition außerdem direkt dem UN-Generalsekretär übergeben und damit eine Vielzahl von Kampagnen in Gang gesetzt.“

BUND: Schneller Kohleausstieg zwingend erforderlich

Nach Auffassung des BUND-Vorsitzenden Hubert Weiger bringt das Abkommen die Welt bei der Abwendung der drohenden Klimakatastrophe nur wenig voran: „Das Paris-Abkommen befreit die Welt nicht von ihrer Abhängigkeit von Kohle, Öl und Gas. Es liefert keine angemessenen Antworten auf die Klimakrise. Trotzdem: Nach Paris hat die Welt ein Instrument, das den Klimaschutz stärkt. Positiv ist, dass im Vertrag 1,5 Grad als maximal hinnehmbare Erderwärmung benannt werden. Dafür haben sich viele vom Klimawandel bedrohte Inselstaaten, aber auch die Bundesregierung und der BUND eingesetzt“, sagte Weiger.

[note Bild: Screenshot vom ZDF-heute-Journal, 12.12.2015]„Bundesumweltministerin Hendricks gebührt für ihre Unterstützung der 1,5-Grad-Grenze ausdrücklich Dank. Um tatsächlich unter 1,5 Grad zu bleiben, müssen die nationalen Klimaschutzpläne deutlich nachgebessert werden. Gut ist, dass schon 2018 der Stand des globalen Klimaschutzes auf den Prüfstand kommt“, sagte Weiger. „Für Deutschland steht jetzt der schnellere Ausbau der erneuerbaren Energien und ein rascher Ausstieg aus der Kohleverstromung auf der Tagesordnung“, sagte der BUND-Vorsitzende.

Bundesverband Erneuerbare Energie: Ausbauziele für Erneuerbare Energien erhöhen

BEE-Geschäftsführer Hermann Falk sieht „mit dem Klimavertrag die Dekarbonisierung der Weltwirtschaft endgültig besiegelt. Die Weltstaatengemeinschaft sendet ein starkes Signal auch an Deutschland, die Energiewirtschaft beschleunigt umzubauen, weg von Kohle und Öl.“ In der Konsequenz sollten die Bundesregierung und die EU die nationalen und europäischen Ausbauziele für Erneuerbare Energien jetzt anheben, so Falk, um unsere Energieversorgung rasch auf die saubere Basis von 100 Prozent Erneuerbare Energien zu stellen. Im Stromsektor könnten wir bereits 2020 einen Anteil von über 45 Prozent Ökostrom erreichen – und damit fünf Jahre schneller als von der Bundesregierung vorgesehen. Auch aus Brüssel sei jetzt in der Pflicht.

Falk weiter: „Für die deutschen Unternehmen bieten sich mit diesem globalen Klimakonsens große Chancen, ihre Technologieführerschaft bei Wind-, Sonnen- und Biomassekraftwerken und in der Effizienztechnik in Exporterfolge umzumünzen. Doch nicht nur der Stromsektor muss dekarbonisiert werden. Im Wärmesektor und im Verkehr muss die Bundesregierung durch Anreize und ordnungspolitische Maßnahmen endlich eine Kehrtwende einleiten. Hier ist das Potenzial für den Klimaschutz besonders groß. Noch immer gibt es zu viele gesetzliche Barrieren für Erneuerbare Energien. Zu viele Förderprogramme laufen nicht synchron und widersprechen der von der Bevölkerung mit überwältigender Mehrheit gewollten Energiewende. So ist es ein Skandal, dass die staatliche KfW noch immer Ölheizungen fördert und damit den Klimaschutzzielen entgegenearbeitet.“

->Folgt: CARE: „Hoffnungsstrahl, aber jetzt muss auch ‚geliefert‘ werden“

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„Einen Meilenstein im Kampf gegen den Klimawandel“ nennt die internationale Hilfsorganisation CARE das Abkommen – alleine wedre es „die Welt jedoch nicht auf einen sichereren Weg bringen“. „Das Klima-Abkommen von Paris ist ein Hoffnungsstrahl für die besonders betroffenen Länder dieser Welt und für die Menschen an vorderster Front des Klimawandels. Jetzt ist wichtig, dass die Regierungen auch liefern und ihre Versprechen einhalten. Der Kampf um eine klimasicherere Welt hat gerade erst begonnen“, so CARE-Klimaexperte Sven Harmeling. Es sei ein großer Gewinn für die verletzlichsten Entwicklungsländer, dass die 1,5 Grad-Grenze im Abkommen verankert worden sei. Nun müssten die Regierungen den Ausstieg aus den fossilen Energien beschleunigen und stärker zusammenarbeiten, um die Beschlüsse auch umzusetzen.

Harmeling weiter: „Die Industrieländer haben die Debatte um den Umgang mit unvermeidbaren Klimaschäden, die arme Staaten durch die Auswirkungen des Klimawandels erleiden, unnötig politisiert. Aus Paris gehen sie mit einer größeren moralischen Pflicht gegenüber den ärmsten Menschen heraus, die Unterstützung für Schutz gegenüber dem Klimawandel drastisch zu erhöhen, und gleichzeitig ihre Emissionen schneller zu senken.“ Das Paris-Abkommen, so Harmeling, könne ein Sprungbrett sein für eine Stärkung der Menschenrechte im Klimakontext, wenn die Regierungen ihre Versprechen umsetzen.

NABU: Klaffende Lücke zwischen Anspruch und Realität nur durch den schnellen Fossil-Ausstieg zu schließen

NABU-Präsident Olaf Tschimpke diagnostiziert „eine noch größere Lücke zwischen Anspruch und Realität. Wer die Fieberkurve der Erde kennt, muss jetzt auch die notwendige Medizin nehmen.“ Bisher liefen die freiwilligen Klimaschutzpläne der Staaten auf 2,7 Grad zu. Der Vertrag lasse offen, wie diese Lücke geschlossen werden könne. „Wenn die Klimaziele, wie vorgesehen, erst 2023 überprüft und nachgeschärft werden, ist das eindeutig zu spät, um wieder auf den Pfad der Begrenzung der Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad zu kommen“, so Tschimpke. „Deutschland muss durch einen schnelleren Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas bei den eigenen Klimazielen nachschärfen“, so Tschimpke.

Denn der NABU sieht eine entscheidende Schwächung darin, dass der Begriff der Dekarbonisierung, den selbst die G7-Staaten in Elmau schon beschlossen hätten, in den letzen Verhandlungsstunden aus dem Vertragstext gestrichen worden sei. Denn damit wäre eindeutig der Pfad für eine weltweite Energiewende für 100 Prozent naturverträgliche erneuerbare Energien eingeschlagen worden. „Die jetzt genannten Begriffe ‚Balance zwischen Emissionen und Senken‘ müssen aber so interpretiert werden, dass sie tatsächlich ein Startsignal für die notwendige naturverträgliche Energiewende sind,.

Für die EU, die selbst das 1,5 Grad-Ziel mit in die Debatte gebracht habe, bedeute das Abkommen, dass die Klimaziele bis 2030 noch einmal deutlich nachgeschärft werden müssten. Der NABU habe bereits bei der Verabschiedung der EU-Ziele für 2030 die Minderung der [[CO2]]-Emissionen um 55 Prozent, die Erhöhung der Energieeffizienz um 40 Prozent und den Ausbau grüner Energien um 45 Prozent gefordert.

Weitere Schwachpunkte des Abkommens seien, „dass die Emissionen aus internationalem Luft- und Schiffsverkehr nicht einbezogen werden – beides Sektoren in denen starkes Wachstum prognostiziert wird und die bereits heute so viele Emissionen wie in ganz Deutschland erzeugen. Aus Naturschutzsicht besonders bitter ist, dass der rechtsverbindliche Schutz und Erhalt von Ökosystemen nicht mehr im Abkommen zu finden ist“.

Folgt: WWF: „Stresstest bestanden“ – „bitter, dass Luft- und Schiffsverkehrs-Emissionen nicht einbezogen sind“

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So kommentiert der WWF World Wide Fund For Nature das erste für alle Staaten verbindliche Weltklimaabkommen, das auf das 1997 verabschiedete Kyoto-Protokoll folgen soll. Den Verhandlern sei damit „ein Meisterstück der Klimadiplomatie gelungen“.

„COP-Präsident Laurent Fabius hat den Vertrag über die Ziellinie gebracht. Paris hat geliefert. Es wird erstmals eine Architektur aufgesetzt, bei der sich alle Staaten gemeinsamen, transparenten Zielen und Regeln unterwerfen, um den Klimawandel zu bekämpfen. Der internationale Klimaschutz hat einen großen Sprung nach vorn gemacht“, kommentiert Regine Günther, Generaldirektorin Politik und Klimaschutz beim WWF Deutschland.

„Auf der Basis dieses Abkommens soll die globale Erwärmung auf weit unter 2 Grad gegenüber vorindustriellen Werten begrenzt werden, mit dem Anspruch 1,5 Grad in Sichtweite zu bringen. Der Text folgt damit den Vorgaben der Wissenschaft. Dies ist ein wirklich bedeutender Schritt, gerade für die verletzlichsten Staaten und kleinen Inseln“, sagt Günther.

Das Abkommen sende auch ein klares Zeichen, dass Waldschutz unerlässlich sei, um die globale Temperaturerwärmung unter der kritischen 1,5 Grad-Schwelle zu halten. Alle Länder sind aufgefordert, sofortige Maßnahmen zum Waldschutz und zum nachhaltigen Landmanagement einzuleiten. Der Landsektor ist die zweitgrößte Emissionsquelle nach dem Energiesektor.

„Bitter ist,“ so Günther, „dass die Emissionen des internationalen Luft- und Schiffsverkehrs im Abkommen nicht einbezogen sind. Die Lobby hat wieder einmal ganze Arbeit geleistet.“ Entwicklungsländer sollen in ihrem Bemühen um Klimaschutz, Anpassung und bei der Bewältigung der Klimaschäden verpflichtend von Industrieländern unterstützt werden.  Weniger positiv sei dabei, dass die Höhe der Zusagen bisher aber bei weitem nicht ausreichend scheinen, um diese Mammutaufgabe zu bewältigen. Dies müsse nach Paris dringend nachgebessert werden.

Agora: Pariser Abkommen verlangt von Deutschland einen Dekarbonisierungsfahrplan 2030

Auch Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende, sieht im Klimaschutzabkommen von Paris „ein Signal an die Welt: Die globale Energieversorgung muss mittelfristig ohne Kohle, Öl und Gas auskommen“. Sonst könne die 2-Grad-Grenze und damit verbunden die Klimaneutralität in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts nicht erreicht werden. „Deutschlands Entscheidung für die Energiewende mit dem Ziel 100 Prozent Erneuerbaren Energien wird damit bestätigt“.

„Nach Paris, wo die 2030er-Ziele der Nationen verbindlich festgeschrieben wurden, müssen wir jetzt hier in Deutschland unsere Hausaufgaben machen und ebenfalls unseren Blick auf 2030 richten. Das Jahr 2016 wird das Jahr der Umsetzung unseres Klimaschutzziels 2030 sein müssen. Denn Deutschland hat sich verpflichtet, seine Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55 Prozent unter das Niveau von 1990 zu senken. Dieses 2030er-Ziel bedeutet eine ganz andere Kraftanstrengung als das 2020er-Ziel.“

Das 2030er Klimaschutzziel bedeute letztlich die unumkehrbare Dekarbonisierung von Strom, Wärme und Verkehr. Denn 2030 müssten wir

  • mehr als die Hälfte unseres Stroms aus Erneuerbaren Energien gewinnen,
  • mehr als die Hälfte unserer Kohlekraftwerke abgeschaltet haben,
  • sechs Millionen Elektrofahrzeuge auf den Straßen haben
  • die Hälfte unserer Gebäude auf Niedrigstenergiestandard saniert haben.

„Diese Transformation des Strom-, Wärme- und Verkehrssystems geschieht nicht über Nacht. So, wie die damalige Bundesregierung bereits 2007 das Integrierte Energie- und Klimaprogramm zur Umsetzung des 2020-Klimaschutzziels beschlossen hat, so müssen auch jetzt die Weichen für 2030 gestellt werden. Die Aufgabe des Jahres 2016 ist es, einen Klimaschutzaktionsplan 2030 zu beschließen. Dieser Plan muss die Dekarbonisierung Deutschlands konkret durchbuchstabieren. Wichtige Bestandteile davon sind ein Kohlekonsens zum schrittweisen Ausstieg aus der Kohleverstromung, eine Verdopplung der Anstrengungen in der Gebäudesanierung und ein massiver Ausbau der Elektromobilität.“

->Quellen: