Agora: Kohleausstieg möglich

Verlässliche strukturpolitische Maßnahmen bis 2040 nötig

Um die Belastungen der Braunkohleregionen abzufedern, gehören zu einem Kohlekonsens verlässliche strukturpolitische Maßnahmen über den gesamten Zeitraum bis 2040. Die Braunkohlereviere sollen daher mit 250 Millionen Euro im Jahr gefördert werden. „Da die Energiewende im Wesentlichen auf Bundesebene beschlossen wurde, sollten die zusätzlichen Strukturhilfen vollständig aus dem Bundeshaushalt bereitgestellt werden. Die hauptbetroffenen Bundesländer wissen wiederum am besten, welche strukturpolitischen Maßnahmen vor Ort am sinnvollsten sind, sie sollten deshalb über die Verwendung der Mittel entscheiden“, empfiehlt Graichen.

Überdies sollte ein Fonds eingerichtet werden, der die Folgelasten der Rekultivierung der Braunkohletagebaue nach dem Ende der Braunkohleförderung übernimmt. Anstelle der  bisherigen Rückstellungspraxis der Tagebaubetreiber sollte künftig eine Abgabe von etwa 2,50 Euro pro Megawattstunde Braunkohlestrom in diesen Fonds eingezahlt werden. Er würde so über die Jahre auf mehrere Milliarden Euro anwachsen. „Wir sollten frühzeitig klären, wie wir nach Auslaufen des Kohleabbaus mit der Rekultivierung der Braunkohletagebauen umgehen, sonst kriegen wir später die gleichen Diskussionen wie aktuell bei den Atomrückstellungen“, sagt Graichen.

„Die Dekarbonisierung des Stromsystems wird nur in einem fairen und ausgewogenen gesellschaftlichem Konsens gelingen. In diese Richtung zielt unser Vorschlag: Er verlangt allen Beteiligten etwas ab, vermeidet jedoch unbillige Härten und setzt auf den Ausgleich unterschiedlicher Interessen. Zudem gibt er Planungssicherheit und ausreichend Zeit, sich auf die Veränderungen einzustellen. Das gilt für die Kraftwerksbetreiber genauso wie für die Braunkohlekumpel und die Regionen, die derzeit noch von der Braunkohle leben“, erläutert Agora-Direktor Graichen.

Julius Ecke von der Unternehmensberatung Enervis Energy Advisors, von der die modellierten Eckpunkte stammen, erklärte dazu: „Unsere Modellierungen zeigen, dass der Agora-Kohlekonsens effektiv die Emissionen der Kohlekraftwerke reduzieren kann, so dass der Stromsektor insgesamt wieder zur Dekarbonisierung des Energiesystems beiträgt. Die energiewirtschaftlichen Effekte aus dem Kohlekonsens bleiben dabei beherrschbar.“

So liege die Steigerung der Strom-Großhandelspreise und die damit einhergehende Verbraucherbelastung bei nur 0,2 – 0,3 Cent je Kilowattstunde. Ein nicht unerheblicher Anteil dieser Strompreiseffekte komme den Kraftwerksbetreibern zu Gute und kompensiere diese (anteilig) für vorgezogene Stilllegungen. Die Exporte gingen zwar zurück, im Mittel über den Betrachtungszeitraum bleibe Deutschland aber Nettoexporteur. Der Kohlekonsens stelle dabei sicher, dass die bisher genehmigten Braunkohlemengen bis 2040 ausreichten und weitere Aufschlüsse nicht notwendig seien.

Das Impulspapier „Elf Eckpunkte für einen Kohlekonsens: Konzept zur schrittweisen Dekarbonisierung des deutschen Stromsektors“ steht unten in einer Kurz- und einer Langfassung zum Download bereit. Die Langfassung enthält zusätzlich zur Erörterung der elf Eckpunkte auch umfassende Modellierungsergebnisse, unter anderem zu den – eher geringen – Auswirkungen des Konzepts auf die Strompreise. Diese wurden vom Beratungsunternehmen Enervis Energy Advisors im Auftrag von Agora Energiewende erarbeitet.

Am 13.01.2016 stellte Agora Energiewende das Konzept in Berlin öffentlich zur Diskussion – mit Beiträgen von Prof. Dr. Klaus Töpfer (Vorsitzender des Rates der Agora), Prof. Dr. Martin Faulstich (Sachverständigenrat für Umweltfragen), Dr. habil. Christian Growitsch (Universität Hamburg), Dr. Wolfgang Krüger (Industrie- und Handelskammer Cottbus), Joachim Diehl (Innovationsregion Rheinisches Revier) sowie von Julius Ecke (Enervis Energy Advisors).

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Mitschnitt der Veranstaltung: