Verantwortung für Gleichstromverbindungen neu vereinbart

Übertragungsnetzbetreiber: Tennet soll Süd-Ost-Trasse übernehmen – Auswirkungen des Netzausbaus

Die vier Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz, Amprion, TenneT und TransnetBW haben sich vor dem Hintergrund der im Januar in Kraft getretenen gesetzlichen Regelungen für den Netzausbau über neue Grundsätze zur Verantwortung für den Bau und Betrieb der Gleichstromleitungen (HGÜ) verständigt. Der für die erfolgreiche Umsetzung der Energiewende dringend nötige Ausbau des Übertragungsnetzes soll damit möglichst zügig und bürgerfreundlich vorangehen – so eine Pressemitteilung der vier Unternehmen.

Die Vereinbarung sieht im Grundsatz folgende Zuständigkeiten vor:

  • Im Zuge der Verschiebung des Endpunktes der Gleichstromleitung „Süd-Ost-Passage“ von Gundremmingen nach Isar in die Regelzone von TenneT übernimmt TenneT die Vorhabenträgerschaft für den bayerischen Abschnitt.
  • 50Hertz wird weiterhin den nördlichen Teil der „Süd-Ost-Passage“ von der bayrischen Landesgrenze bis nach Wolmirstedt bei Magdeburg verantworten.
  • Übertragungsnetzbetreiber Amprion, der bereits den südlichen Teil des Korridors A (Ultranet) mit TransnetBW umsetzt, wird die komplette Strecke des Korridors A Nord umsetzen.

Weil die Übertragungsnetzbetreiber in Deutschland immer häufiger in Markt und Netz eingreifen müssen, sollen Projekte ohne Verzug umgesetzt werden, um die Stabilität der Stromversorgung zu gewährleisten. Das kostete deutschlandweit im vergangenen Jahr schon etwa eine Milliarde Euro. Die Ursache ist vor allem im fehlenden zu Transportengpässen im Übertragungsnetz führenden Netzausbau von Nord- nach Süddeutschland.

Das berichtete Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur, in einem öffentlichen Fachgespräch am 26.01.2016 im Bundestags-Umweltausschuss. Homann sagte, der Wechsel habe verschiedene Vorteile: Unter andere könne die Akzeptanz vor allem in Bayern gesteigert werden.

Auswirkungen auf Strahlenschutz, Naturhaushalt und Landschaftsbild

Thema des Fachgesprächs waren die Auswirkungen des Netzausbaus auf Strahlenschutz, Naturhaushalt und Landschaftsbild. Beate Jessel vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) betonte, dass der Naturschutz im Vergleich mit anderen Themen beim Netzausbau „kein herausragendes Konfliktfeld“ sei und begrüßte den jüngst beschlossene Vorrang der Erdverkabelung. Die Trassenlegung müsse aber grundsätzlich im Einzelfall betrachtet werden, denn auch bei Erdkabeln könnten Bodenschutzziele, etwa in Hinblick auf den Wasserhaushalt, eine wichtige Rolle spielen. Bei Freileitungen dagegen seien die Auswirkungen auf Vögel, Landschaftsbild und Waldgebiete zu beachten. In Hinblick auf Vogelkollisionen forderte Jessel, Wirkungsforschung zu betreiben. Die bisher genutzten Kollisionsmarker seien „kein Allheilmittel“.

Laut Homann wird der Netzausbau für die Energiewende dringend gebraucht, denn im Gegensatz zum Ausbau der Erneuerbaren Energien kämen die notwendigen Netzkapazitäten nicht vom Fleck. Homann räumte ein, bestimmte Ausbauvorhaben seien umstritten, bis zur „Totalablehnung“ in manchen Regionen. Diese Konflikte resultierten aber häufig nicht auf der Abwägung verschiedener Naturschutzgüter, sondern auf der Abwägung zwischen Mensch und Natur, dann etwa, wenn eine Trasse wegen des Naturschutzes näher an eine Siedlung rücke. Diese Konflikte könne die Erdverkabelung beruhigen. Man müsse aber auch erklären, dass der Erdverkabelungsvorrang nur für die Gleichstrom gelte, sagte der Netzagentur-Präsident.

Peter Ahmels von der Deutschen Umwelthilfe e.V. verwies darauf, dass es zu vielen Fragen der Betroffenen schon Antworten gebe, etwa in Hinblick auf die Lärmbelastung durch den sogenannten Korona-Effekt oder die Schadstoffbelastung. Allerdings sei das vor Ort häufig noch nicht bekannt. Zudem seien einige Fragen durchaus noch offen. Im Hinblick auf Naturschutz müsse etwa bei Erdverkabelung genau analysiert werden, ob ein Wald durchquert werden könne oder umgangen werden müsse, sagte Ahmels.

Wolfram König, Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS), sieht die bekannten Gesundheitsgefahren durch Stromleitungen vom Bundes-Immissionsschutzgesetz und den sich daraus ergebenden Anforderungen abgedeckt. Es gebe aber „Hinweise“, denen man nachgehen müsse, beispielsweise eine Studie zum Leukämierisiko bei Kindern im Umfeld von Stromleitungen. Dieses sei noch nicht wissenschaftlich belegt; die Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge in diesem Bereich sehr komplex, sagte König. Man müsse die Fragen aber offen angehen. Der BfS-Präsident regte ein entsprechendes Forschungsprogramm an, dessen Ergebnis-Akzeptanz durch die Gewährleistung der Unabhängigkeit der Forschung in ihrer Akzeptanz sichergestellt werden müsse. Als Beispiel verwies König auf die Erforschung der Wirkung von Mobilfunkstrahlung – durch die Studien habe sich das Wissen und die Akzeptanz enorm erhöht, so König.

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