Kohle essen Wasser auf

…für eine Milliarde Menschen

Kohlekraftwerke schaden dem Klima und unserer Gesundheit. Mit dem Wasser, das alle Kohlekraftwerke weltweit verbrauchen, ließe sich eine Milliarde Menschen mit Trinkwasser versorgen. Dies belegt ein Ende März 2016 veröffentlichter Greenpeace-Report. Erstmals werden darin die Auswirkungen der weltweit 8.400 Kohlekraftwerke auf den aktuellen sowie künftigen Wasserbedarf analysiert. Die Studie identifiziert Regionen, in denen bestehende und geplante Kohlekraftwerke den Wassermangel weiter verstärken, bzw. verstärken werden.

„Kohlekraftwerke befeuern nicht nur den Klimawandel, sie rauben uns auch die wertvollste Ressource – das Wasser. In Zeiten günstiger und sauberer erneuerbarer Energien lassen sich weitere Kohlekraftwerke nicht mehr verantworten“, sagt Greenpeace-Energieexperte Karsten Smid.

Sieben Prozent des weltweiten Wasserverbrauchs

Kohlestrom allein ist für rund sieben Prozent des weltweiten Wasserverbrauchs verantwortlich. Neben dem nötigen Kühlwasser der Kraftwerke werden enorme Wassermengen in den Kohleminen sowie zum Waschen der Kohle verbraucht. Dazu werden Kohleasche-Deponien besprüht, um die Ausbreitung gesundheitsschädlichen Kohlestaubs zu verhindern.

Ein Viertel geplanter Kohlekraftwerke liegt in wasserknappen Regionen

Das Pariser Klimaabkommen mit seinen ehrgeizigen Zielen hat der deutschen Debatte über einen Ausstieg aus der Kohleverstromung neue Dynamik verliehen. Hauptargument für den mittelfristigen Ausstieg sind bislang die enormen Mengen klimaschädlicher Treibhausgase, die Kohlekraftwerke ausstoßen. Mit dem aktuellen Report beleuchtet Greenpeace eine bislang in Deutschland wenig beachteten Aspekt der Kohleverstromung. „Deutschland kann der Welt mit dem Kohleausstieg zeigen, dass ein Industrieland auch ohne einen Energieträger auskommt, der das Klima zerstört und Wasser verschwendet“, so Smid.

Ein Viertel der weiteren Kohlekraftwerke ist in Regionen geplant, die schon heute unter schrumpfenden Trinkwasserreserven und Wasserknappheit leiden. Die meisten zusätzlichen Kohlekraftwerke planen weltweit China (derzeit 237 GW an neuen Kohlekapazitäten), Indien (52 GW) und die Türkei (7 GW). Fast die Hälfte der geplanten chinesischen Kohlekraftwerke soll in Regionen entstehen, in denen bereits heute Wassermangel herrscht.  Die geplanten weiteren Kohlekraftwerke würden den Wasserverbrauch fast verdoppeln.

China: Reich an Kohle, arm an Wasser

China etwa will seinen steigenden Energiehunger auch künftig mit vielen weiteren Kohlekraftwerken decken. Gewaltige 237 GW an zusätzlichen Kohlekapazitäten sollen dort gebaut werden. Der Plan zeigt das Dilemma: Zusätzliche Kohlekraftwerke sollen oft in Regionen entstehen, die schon jetzt unter Wassermangel leiden, beispielsweise im oberen und mittleren Einzugsbereich des Jangtse-Flusses. Ein Nebenfluss des Jangtse ist der Kuye. An seinem Oberlauf, in den Provinzen von Shanxii und der Inneren Mongolei, liegt das größte Kohlevorkommen Chinas, das Shenfu-Dongsheng-Feld.

Zwischen 1997 und 2006  wurden im Shenfu-Dongsheng jährlich rund 55 Millionen Tonnen Kohle abgebaut. 2011 waren es 173 Millionen Tonnen. Gleichzeitig wird das Wasser immer knapper. Bis 2030, so die Schätzungen, kann die Region nur noch knapp die Hälfte ihres prognostizierten Bedarfs an Wasser und Trinkwasser decken.

Indien: Wettstreit um Wasser

Indien ist auf dem Weg, das bevölkerungsreichste Land der Erde zu werden. Bis 2050 dürften dort schätzungsweise 1,6 Milliarden Menschen leben. Gleichzeitig verfügt das Land nur über vier Prozent der weltweiten Wasservorräte. Um das knappe Gut wetteifern Industrie, Landwirtschaft und Haushalte – es reicht längst nicht für alle.

Trotz dieser alarmierenden Situation setzt Indiens Energiewirtschaft weiter auf Kohle. Im Dezember 2015 waren neue Kohlekraftwerke mit einer Leistung von insgesamt 75 Gigawatt im Bau. Wie hoch ihr Wasserverbrauch sein wird, welche Folgen dieser zum Beispiel für die Landwirtschaft haben wird, ob es überhaupt auch nur annähernd genug Wasser geben wird – alles offen. Indien verwaltet den Mangel eher schlecht als recht, genaue Daten gibt es nicht.

Wasser: Gemeingut geht für Kohle drauf

Der Greenpeace-Report listet weitere Regionen auf, deren ohnehin knappe Wasserressourcen durch die Kohlenutzung zusätzlich gefährdet sind, darunter Polen, wo die Kohleindustrie für weltweit einzigartige 70 Prozent der Wasserentnahme im Land verantwortlich ist.

Auf dem Spiel stehen Ernährung und Gesundheit. Schon beim Abbau der Kohle werden enorme Wassermengen benötigt: Grundwasser wird abgepumpt, um an den Rohstoff heranzukommen, und durch Kohleschlamm verunreinigt. Im nächsten Schritt wird die Kohle gewaschen. Während dieses Prozesses gelangen oft giftige Chemikalien in die Gewässer.

In den Kraftwerken dient Wasser unter anderem zum Kühlen. Ein 500-MW-Kraftwerk kann alle drei Minuten eine Wassermenge verbrauchen, die ein Olympia-Schwimmbecken füllt – rund 2,5 Millionen Liter. „Kohlekraftwerke befeuern nicht nur den Klimawandel, sie rauben uns auch die wertvollste Ressource – das Wasser“, so Smid. „In Zeiten günstiger und sauberer Erneuerbarer Energien sind weitere Kohlekraftwerke nicht mehr zu verantworten. Deutschland muss der Welt mit dem Kohleausstieg zeigen, dass ein Industrieland auch ohne diese schmutzige Energieform auskommt.“

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