Mehr als 100 forschten an „RAVE – Research at alpha ventus“

Meer – Wind – Strom. Forschungsergebnisse zu Deutschlands erstem Offshore- Windpark alpha ventus

Die Offshore-Windenergie wird in der zukünftigen Stromversorgung eine entscheidende Rolle spielen. Diese Entwicklung steht aber gerade erst an ihrem Anfang. Ein großes Team aus Forschung, Industrie, Verwaltung und Politik hat sich deshalb zum Ziel gesetzt, die aktuellen und grundlegenden Fragen der Offshore-Windenergienutzung zu bearbeiten. Es ist das weltweit umfangreichste und ehrgeizigste Offshore- Forschungsprojekt: Die Forschungsinitiative RAVE – Research at alpha ventus, Nach mehr als fünfjähriger RAVE-Tätigkeit liegen nun die Untersuchungsergebnisse in einem 193 Seiten starken Buch vor.

Mehr als 100 Forscher beteiligten sich in interdisziplinären Forschungsprojekten an der mehrjährigen Forschungsinitiative über Deutschlands ersten Offshore-Windpark alpha ventus, rund 40 Kilometer nördlich der Nordseeinsel Borkum. Noch nie gab es in der Windbranche eine so umfangreich konzipierte und koordinierte Initiative, bei der Forscher und Industrie gleichermaßen an einem Strang zogen, um unser Wissen zu erweitern und anwendungsorientierte Lösungen für die Offshore-Windenergie zu finden. Damit trugen sie dazu bei,  die Offshore-Windenergie als eine zuverlässige, nachhaltige und kostengünstige Energiequelle auf Dauer zu etablieren..

Im Testfeld alpha ventus, Deutschlands erstem Offshore-Windpark, wurden die Voraussetzungen für diese Forschung geschaffen. Der Windpark wurde mit umfangreicher Messtechnik ausgestattet: Über 1200 Messgrößen werden aufgezeichnet und sind über ein zentrales Forschungsarchiv zugänglich. Die Forscher der RAVE-Initiative haben somit die weltweit einmalige Möglichkeit, viele Messdaten aus einem operativen Windpark zu nutzen. Die Auswertungen erfolgen dezentral an Forschungseinrichtungen im gesamten Bundesgebiet. Vom Verhalten der Schweinswale bei Errichtung und Betrieb der Anlagen auf See über die Belastung der Tragstrukturen durch Wind und Wellen reicht die Bandbreite neuen Wissens. Die Entwicklung eines Überwachungsmodells für die Gründungen auf See gehört ebenso zum Forschungsauftrag von RAVE wie die Weiterentwicklung von einzelnen Offshore-Komponenten für mehr Langlebigkeit bei gleichzeitiger Kostenreduzierung.

Über Ziele, Methoden und Schwierigkeiten der RAVE- Forschungsprojekte wird in allgemeinverständlicher Form berichtet und die Ergebnisse sowie ihre Bedeutung für die weitere Nutzung der Offshore-Windenergie dargestellt. Der Leser erhält somit einen Überblick über den aktuellen Stand der Offshore-Windenergieforschung und die Ergebnisse der Forschungsarbeiten.

Noch Zukunftsmusik ist die Konstruktion intelligenter, adaptiver Rotorblätter („Smart Blades“), doch auch hier wurden erste Ansätze entwickelt und Konzepte erprobt. Industrie- und anwendungsreif sind dagegen die konstruierten neuen Lidargeräte für die Lasermessungen ganzer Windfelder vor und hinter für den Anlagen. Mit diesen Systemen lassen sich Abschattungsverluste und Nachlaufcharakteristika von Offshore-Windparks analysieren. Wie der Windstrom aus Offshore-Windparks sich verlässlich prognostizieren und in die Energieversorgung integrieren lässt, wurde im Forschungsvorhaben Netzintegration untersucht. Weitere Projekte befassten sich mit Sonartranspondern zur Vermeidung von Kollisionen mit U-Booten, den Einflüssen von Salz und Korrosion auf die Offshore-Bauwerke sowie der Entwicklung eines telemedizinischen Notfallkonzeptes, falls es zu Unfällen in Offshore-Windparks kommen sollte.

Grundlagenforschung im RAVE-Projekt leistete dagegen die Turbulenzparametrisierung und die Beschreibung der maritimen atmosphärischen Grenzschicht. Hier zeigt sich ein ganz erheblicher Einfluss der vertikalen Feuchteflüsse über dem Meer – die „Verdunstung“ – für die Entstehung von Turbulenzen. Im Winter war alpha ventus per Schiff nur zu 30 % der Zeit erreichbar. Hier Methoden und Werkzeuge für eine preagierende Instandhaltung zu finden, gehörte auch zum Forschungsauftrag – eben, bevor ein Schaden auf See eintritt.

Die ökologische Begleitforschung zu alpha ventus wiederum setzte und setzt Maßstäbe: Mit dem Standarduntersuchungskonzept zur Ermittlung der Auswirkungen von Offshore-Windenergieanlagen auf die Meeresumwelt das für neue Offshore-Windparks verbindlich anzuwenden ist. Hierzu gehören beispielsweise – wie zunächst bei alpha ventus erforscht – Schallminderungsmaßnahmen auf See, für den Baulärm bei der Errichtung des Offshore-Windparks. Neuland wurde bei RAVE auch in der Akzeptanzforschung betreten, mit langzeitlichen Untersuchungen und Befragungen von Anwohnern, Touristen und lokalen Experten.

„Meer-Wind-Strom“ stellt die Ergebnisse zu alpha ventus aus mehrjähriger Forschung vor. Die Herausgeber Michael Durstewitz vom Fraunhofer IWES in Kassel und Dr. Bernhard Lange vom Fraunhofer IWES in Bremerhaven leiten die Koordination der Forschungsinitiative RAVE. Die Berichte der Forscher wurden von dem Wissenschaftsjournalisten Björn Johnsen (Windmedia) bearbeitet. Dabei gingen alle Beteiligten neue Wege: Weg vom reinen Wissenschaftstext, hin zu mehr Allgemeinverständlichkeit für eine breite interessierte Öffentlichkeit. „Der Wind hat gegen das Regelwerk verstoßen“, heißt es da schon mal ironisch zu manchen neuen Forschungserkenntnissen. Zahlreiche „Storys am Rande“ ermöglichen dem Leser einen Blick hinter die Kulissen der Offshore-Vorhaben. Mit jährlich rund 4.500 Vollaststunden erzielt alpha ventus bislang Spitzenwerte im europäischen Vergleich. „Offshore-Windenergie in Deutschland geht jetzt erst richtig los“, sagen die Herausgeber, „wir Forscher wollen unseren Beitrag dazu leisten und freuen uns darauf.“

->Quellen:

  • windenergie.iwes.rave_buch
  • link.springer.com
  • Meer-Wind-Strom. Forschung am ersten deutschen Offshore-Windpark alpha ventus. Hrsg. Michael Durstewitz und Bernhard Lange, Texte bearbeitet von Björn Johnsen. 285 Seiten, 157 Abbildungen und Tabellen, 39,99 €. Verlag Springer Fachmedien Wiesbaden 2016, DOI 10.1007/978-3-658-09783-7. ISBN 978-3-658-09782-0 ; ISBN 978-3-658-09783-7 (eBook) Eine englische Auflage von „Meer – Wind – Strom“ ist bereits in Vorbereitung und erscheint noch in diesem Jahr.