Klima- und Energieziele für 2020 vorzeitig erreicht

Oberfränkische Gemeinde Wunsiedel erreicht vorzeitig Klimaziele dank Wind, Bioenergie und Co.

Die bayerische Gemeinde Wunsiedel wurde am 23.06.2016 von der Agentur für Erneuerbare Energien als Energie-Kommune des Monats ausgezeichnet. Die Stadt hat bereits in diesem Jahr die selbst gesteckten Klima- und Energieziele für das Jahr 2020 erreicht. In Wunsiedel mit rund 9.300 Einwohnern wird 20 Prozent mehr Strom aus regenerativen Quellen produziert als verbraucht. Auch die Hälfte des städtischen Wärmebedarfs decken Erneuerbare Energien. Die Treibhausgasemissionen haben sich im Vergleich zum Basisjahr 2008 um die Hälfte reduziert.

„Wunsiedel ist ein gutes Beispiel dafür, wie zahlreiche Städte und Gemeinden den Ausbau der Erneuerbaren Energien betreiben“, hebt Nils Boenigk, stellvertretender Geschäftsführer der Agentur für Erneuerbare Energien, während der Übergabe der Urkunde an den zweiten Bürgermeister der Stadt,  Manfred Söllner, und den Chef der Wunsiedler Stadtwerke, der SWW Wunsiedel GmbH, Marco Krasser, hervor.

Schon seit 2001 geht die Stadt vor allem mit Hilfe des Stadtwerks und der Bürger konsequent den Weg einer regionalen und klimaverträglichen Energieversorgung. Vor Ort produzieren sechs Windräder, über 340 PV-Anlagen und zwei Holzheiz(kraft)werke Strom und Wärme. „Von Anfang an haben wir die Erneuerbaren Energien als große Chance begriffen, dezentrale Erzeugungskapazitäten aufzubauen und so Wertschöpfung und Arbeitsplätze in der Region zu stärken“, sagt Marco Krasser, Chef der Wunsiedler Stadtwerke.Seit Frühjahr 2016 setzt die hundertprozentige Tochter der Stadt auf die regionale Vermarktung des Stroms aus den hiesigen Solar- und Windkraftanlagen an Verbraucher in den Landkreisen Wunsiedel, Hof und Kulmbach. Dafür führt sie die Direktvermarktung von regional erzeugtem Strom in einem regionalen Bilanzkreis durch. Dies erlaubt es, den vor Ort produzierten Strom den Verbrauchern vor Ort auch direkt anzubieten – ohne den Umweg über die Strombörse.

Um die Akzeptanz gegenüber Erneuerbaren Energien zu stärken, setzen die Stadtwerke auf Beteiligungsformen und transparente Information. So informiert beispielsweise das Internetportal „Energiefluss-Visualisierung“ in Echtzeit über Stromerzeugung und -verbrauch. Nutzer können über eine interaktive Grafik diese Daten live verfolgen und erkennen, ob der in Wunsiedel erzeugte Strom gerade in andere Versorgungsgebiete weiterverkauft wird oder ob Strombezug von außen nötig ist. „Mit dem ,WUNsiedler Weg Energie` gehen wir in unserer Gemeinde gemeinsam in eine Richtung, die auf regenerative Ressourcen zurückgreift und damit für Nachhaltigkeit steht“, so Krasser.

Wunsiedel vorbildlich für EE-Ausbau

Energieexperten zitieren immer wieder Wunsiedel als Beispiel für den vorbildlichen Ausbau Erneuerbarer Energien. Denn schon seit 2001 geht die Kommune vor allem mit Hilfe des Stadtwerks konsequent den Weg einer regionalen und klimaverträglichen Energieversorgung. Aktuell wird hier rein bilanziell 20 Prozent mehr Strom aus regenerativen Quellen produziert als verbraucht. Auch für einen Großteil des städtischen Wärmebedarfs sorgen Erneuerbare Energien. Die Treibhausgasemissionen habe sich im Vergleich zum Basisjahr 2008 um die Hälfte reduziert. Die Wunsiedler haben seit 2001 konsequent Erzeugungskapazitäten auf Basis Erneuerbarer Energien aufgebaut: Von den etwa 90 Millionen Kilowattstunden Strom im lokalen Stromnetz stammen bereits zwei Drittel aus lokalen Erneuerbare-Energien-Anlagen v.a. auf der Basis von Wind-, Sonnen- und Bioenergie.

PV in Wunsiedel

Den Anfang machte 2004 eine PV-Anlage auf dem Dach des Technikhofes der Stadtwerke, an der sich auch die Bürger beteiligen konnten. Mit einer Leistung von 81 kWp erzeugt sie rund 70.000 Kilowattstunden Strom pro Jahr und reduziert somit die Treibhausgasemissionen jährlich um ca. 65 Tonnen Kohlendioxid. Insgesamt erzeugen im Netzgebiet der SWW Wunsiedel GmbH schon 340 Solaranlagen auf Privat- und Gewerbegebäuden Strom, 20 davon betreiben die Stadtwerke. 2014 wurde zudem eine Photovoltaik-Freiflächenanlage auf dem Gelände der ehemaligen Porzellanfabrik Retsch gebaut. Die Solarzellen bedecken eine Fläche von 7.000 Quadratmetern und bestehen aus über 2.000 Modulen. Sie produzieren bis zu 550.000 Kilowattstunden Strom pro Jahr und können etwa 170 Vier-Personen-Haushalte mit Strom versorgen und somit jährlich 325 Tonnen Kohlendioxid einsparen.

Windkraft in Wunsiedel

Vor Ort sind außerdem sechs Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von 12,7 Megawatt in Betrieb. Derzeit befinden sich vier weitere in Bau. Auch bei den Windenergieprojekten gab es die Möglichkeit für die Bürger, sich zu beteiligen. Der Einstieg in eine Bürgerenergieanlage lag bei 500 Euro – eine niedrige Einstiegshürde, die viel Wunsiedler genutzt haben.

Die Kompetenzen in Sachen Windenergie werden in einer interkommunalen Gesellschaft, der ZukunftsEnergie Fichtelgebirge GmbH, gebündelt. Diese wurde 2010 mit den Kommunen Arzberg, Kirchenlamitz, Wunsiedel und der SWW Wunsiedel GmbH gegründet. In den vergangenen Jahren wurden weitere Kommunen und kommunale Unternehmen als Gesellschafter in die ZukunftsEnergie Fichtelgebirge GmbH aufgenommen.

Bioenergie in Wunsiedel

Das Kernstück des innovativen Wärmeversorgungkonzeptes in Wunsiedel ist das Biomasse-Heizkraftwerk mit angeschlossener Pelletproduktion im Stadtteil Holenbrunn. Der Rohstoff stammt aus den Wäldern vom Fichtelgebirge und Frankenwald die in einer ORC-Turbine verbrannt werden. Die dabei entstehende Abwärme wird zum Trocknen der Sägespäne genutzt. Jährlich entstehen so rund 38.000 Tonnen Pellets, die vor allen in die wachsenden Märkte im Norden Bayerns, in Thüringen und Sachsen geliefert werden. Betreiber des Pelletwerks und des Holzkraftwerks ist die WUN-Bioenergie GmbH. Gesellschafter sind die Stadtwerke, zwei weitere Unternehmen sowie zwei regionale Waldbauernvereinigungen.

Um das Biomasse-Heizkraftwerk Holenbrunn wurden als sogenannte „Satelliten“ die Heizkraftwerke Schönbrunn, Breitenbrunn und Neusorg errichtet, in denen ein Teil der vor Ort produzierten Pellets eingesetzt wird. Diese Anlagen versorgen jeweils über ein Nahwärmenetz Wohngebäude und städtische Gebäude klimafreundlich mit Wärme, zudem wird aus den Pellets Strom erzeugt. Zum Beispiel: Das im Jahr 2012 in Betrieb gegangene Satelliten-Heizkraftwerk in Schönbrunn produziert rund 2.600 Megawattstunden Strom und rund 3.200 Megawattstunden Wärme jährlich und versorgt rund 100 Haushalte.

Die Nahwärmeversorgung hat noch einen weiteren großen Vorteil für die Bewohner. Mit den Rohren verlegen die Stadtwerke auch Glasfaserkabel und machen damit schnelles Internet möglich.

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