„Schon 60 Ratifizierungen mit 48 Prozent der Emissionen“

Hendricks-Rede zur COP21-Ratifizierung

Die Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Barbara Hendricks, hielt am 22.09.2016 vor dem Deutschen Bundestag in Berlin eine Rede zum Entwurf des Gesetzes zum Übereinkommen von Paris vom 12. Dezember 2015. Solarify dokumentiert.

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Botschafter, schön, dass Sie da sind,

ich weiß nicht wie es Ihnen geht. Aber in einer Zeit, in der die Nachrichten voll sind von Krieg und Gewalt, erscheint mir das Pariser Abkommen als ein großes Hoffnungszeichen. Bei einem der wichtigsten Probleme unserer Zeit haben die Staaten dieser Erde erkannt, dass es in ihrem eigenen Interesse ist, gemeinsam zu handeln.

Der 12. Dezember 2015 wird als das Datum in die Geschichte eingehen, an dem sich 195 Staaten auf einen gemeinsamen Weg zum Schutz unseres Klimas verständigt haben. Wir werden die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad begrenzen, möglichst auf 1,5 Grad. Wir werden unsere Weltwirtschaft im Laufe des Jahrhunderts klimaneutral machen. Und wir werden die armen Länder dabei unterstützen, den Weg in Richtung Treibhausgasneutralität gemeinsam mit uns zu gehen. Damit diese Länder sich umweltfreundlich entwickeln können. Und damit die neuen Technologien allen Menschen zu Gute kommen, denn der Klimaschutz ist schon heute ein ökonomisches Erfolgsmodell. Wir haben im vergangenen Dezember das Jahr 2020 ins Auge gefasst, ab dem das Abkommen gelten sollte. Die Unterschriften von 55 Prozent der Staaten, die 55 Prozent der Treibhausgase emittieren, sind dafür notwendig.

Gemessen am Kyoto-Protokoll, das über sieben Jahre von der Vereinbarung bis zum Inkrafttreten gebraucht hatte, erschien das sportlich. Jetzt hat sich gezeigt: Wir werden das Quorum voraussichtlich schon in den kommenden Wochen erreichen. Anfang des Monats haben China und die USA ratifiziert. Gestern sind in New York 31 weitere Staaten dazugekommen. Bislang liegen damit 60 Ratifizierungen vor. Diese umfassen schon knapp 48 Prozent der globalen Emissionen. Das zeigt: Das Übereinkommen von Paris ist alles andere als geduldiges Papier. Im Gegenteil: Weite Teile der Staatengemeinschaft sind bereit, ihrem Versprechen jetzt Taten folgen zu lassen. Wir sollten diese Bereitschaft nutzen, um in Marrakesch die nächsten Schritte zu gehen.

Es ist unser gemeinsamer Anspruch, dass das Abkommen so schnell wie möglich in Kraft tritt und Deutschland von Anfang an dabei ist. Wir haben viele Jahre für dieses Abkommen gekämpft. Lassen Sie uns jetzt einen Beitrag dazu leisten, dass es unumkehrbar wird.

Ich danke Ihnen allen – den Kolleginnen und Kollegen der Koalition genauso wie den Kolleginnen und Kollegen der Opposition – dass Sie bereits heute über diesen Gesetzentwurf beschließen und damit den Weg dafür frei machen, dass Deutschland seine Ratifikationsurkunde rechtzeitig hinterlegen kann. Auch der Bundesrat wirkt bei der Beschleunigung mit, indem er unseren Gesetzesbeschluss für seine morgige Sitzung auf die Tagesordnung gesetzt hat. Sie sehen: Der Klimaschutz ist uns mindestens so wichtig, wie die Stabilisierung des Weltfinanzsystems – nur in Ausnahmefällen können wir ja so rasch agieren. Wir sollten weiterhin leidenschaftlich über unsere nationale Klimaschutzpolitik diskutieren und wo nötig auch streiten. Wir sollten aber mit der gleichen Leidenschaft heute ein entschlossenes Signal an unsere internationalen Partner senden: Der Klimaschutz in Deutschland steht auf dem breiten Fundament aller Parteien in diesem hohen Haus!

Ich bin zuversichtlich, dass auch die EU ihre Ratifikation in den kommenden Wochen bei der UN wird hinterlegen können. Ich bin dazu in enger Abstimmung mit meinen europäischen Kollegen und mit Kommissar Cañete. Wir werden auf einem Sonder-Umweltrat am 30. September die rasche Ratifizierung vereinbaren und hoffen in der darauffolgenden Woche auf die Zustimmung des Europäischen Parlamentes.

Das Pariser Abkommen ist nicht das Ende, es ist der Beginn eines langen Weges. Die Geschwindigkeit, mit der es jetzt in Kraft tritt, zeigt aber, dass der Wandel schneller kommt, als wir uns das lange Zeit vorstellen konnten. Wir sollten uns deshalb zu Hause nicht ausruhen. Wir sollten weiter vorangehen. Der Klimaschutzplan 2050, den ich meinen Kolleginnen und Kollegen im Kabinett zur Abstimmung zugeleitet habe, ist dafür die richtige Gelegenheit. Und ich füge hinzu: Es ist auch ein Test für unsere Glaubwürdigkeit. Die Ratifikation des Pariser Übereinkommens bedeutet die Verpflichtung, es im eigenen Land umzusetzen. Kritik am Klimaschutzplan ist in Ordnung. Allerdings ändert man die Realität nicht dadurch, dass man sie ignoriert.

Lange Jahre haben die Kritiker unserer Klimaschutzpolitik gerufen: „Wir gehen zu schnell voran. Uns folgt keiner.“ Nach Paris ist klar: Sie folgen uns. Viele holen sogar auf. Was für einen Grund gibt es also noch, langsamer zu laufen? Oder wollen wir warten, bis sie uns überholen? Das kann sich niemand unserer starken Volkswirtschaft wünschen. Die Menschen in unserem Land erwarten von uns, dass wir eine klare Orientierung geben. Dass wir sagen, wo die Reise hingeht.

Am Beispiel Chinas und der USA sehen wir, wie sich das Bewusstsein wandelt: Zwei ehemalige Bremser gehören zu den größten Unterstützern des Abkommens. Und wir sollten nicht glauben, dass das Engagement der beiden größten Volkswirtschaften der Welt keinen Einfluss auf unsere wirtschaftliche Entwicklung haben wird. Wir sollten nicht so tun, als sei Strom aus fossilen Brennstoffen auf Dauer zukunftsfähig. Oder als würden Autos noch lange von Diesel und Benzin angetrieben werden. Der Erfolg unserer Volkswirtschaft liegt seit je her in ihrer Kraft, Neues zu entwickeln. Wir haben nicht die billigsten, wir haben die besten, die hochwertigsten, die innovativsten Produkte. Darin wird auch unsere Zukunft in einer klimaneutralen Welt liegen. Lassen Sie uns diskutieren, wie diese Zukunft aussehen kann. Nicht, wie wir sie hinauszögern können.

Das Abkommen der 195 Staaten von Paris war ein großes Geschenk. Ein Geschenk für uns, weil Paris gezeigt hat, dass Stillstand und Streit nicht die letzten Worte sind. Ein Geschenk für die, die nach uns kommen – weil es ihnen die Hoffnung auf ein besseres Leben gibt. Ich bitte Sie, lassen Sie uns gemeinsam dieses Geschenk annehmen! Vielen Dank!

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