Netzentgelte steigen rasant

Anfang 2017 um 80 bzw. 42 Prozent – exakte Festlegung erst Ende 2016

Einer Medienmitteilung des Stromübertragungsnetzbetreibers 50Hertz folgend werden die Netzentgelte im kommenden Jahr um 42 Prozent steigen. TemeT will gar um 80 Prozent erhöhen. Die exakte Festlegung der Entgelte für 2017 erfolge Ende dieses Jahres, so 50Hertz.

Hochspannungsmasten und Windenergie bei Nauen, Brbg. - Foto © Dieter Fichtner, Agentur Zukunft

Foto © Dieter Fichtner, Agentur Zukunft für Solarify

Haupttreiber für diese Steigerung seien die enorm gestiegenen Kosten für das Engpassmanagement zur Netzstabilisierung, also Redispatchmaßnahmen und die Einsenkung von Anlagen zur Erneuerbaren Stromerzeugung, die allein rund 90 Prozent der Steigerung der Netzentgelte von 50Hertz ausmachten, so das Stromtransportunternehmen. Nur etwa sechs Prozent der Steigerung seien auf den Netzausbau zurückzuführen, ca. vier Prozent auf gesetzliche Neuerungen (Kosten zur Stilllegung von Braunkohlekraftwerken und Kosten für sogenannte schwarzstartfähige Kraftwerke). Der Anteil der Netzentgelte an den Stromkosten der Privathaushalte schlägt mit rund vier Prozent zu Buche.

Die energiewendebedingten Kosten zur Netzstabilisierung und die daraus resultierenden Netzentgeltsteigerungen führen zu immer größeren regionalen Unterschieden und Mehrbelastungen bei den Strompreisen in Deutschland. Von daher plädiert 50Hertz weiterhin und mit Nachdruck dafür, die Netzentgelte auf Übertragungsnetzebene bundesweit zu vereinheitlichen. Die Energiewende ist ein bundesweites Projekt, dessen Kosten auch bundesweit fair verteilt werden müssen.

TenneT erhöht Netzentgelt um 80 Prozent

Auch Tennet erhöht massiv seine Preise und begründet dies mit den Folgekosten der Energiewende. „Unsere Netzentgelte werden zum Jahreswechsel um 80 Prozent steigen“, kündigte TenneT-Chef Keussen am 22.09.2016 gegenüber Klaus Stratmann vom Handelsblatt  an. Ein Drei-Personen-Haushalt werde dann 30 Euro pro Jahr mehr für Strom zahlen müssen. Für Großverbraucher wird der Anstieg allerdings zur echten Belastung: Ein mittelständisches energieintensives Industrieunternehmen mit einem Jahresverbrauch von 300.000.000 kWh muss Mehrkosten von 2,7 Millionen Euro tragen. Keussen: „Hauptursache für den Anstieg ist, dass der Netzausbau nicht so schnell voran kommt wie der Zubau der Erneuerbaren. Das muss uns alarmieren“. Der Netzausbau wird allerdings seit Jahren durch politischen Streit, lange Genehmigungsverfahren und Proteste entlang der geplanten Trassen verzögert.

Ohne Netzausbau komme die Energiewende nicht voran, sagen viele Experten. Denn Freilandleitungen seien schwer durchsetzbar. Andere halten dagegen, die großen Stromautobahnen litten wegen des Überangebots von Kohlestrom unter permanentem Stau. Wie auch immer: Erdkabel sollen helfen; die sind aber teurer – und sie stoßen auch auf Widerstand. Ohne den Ausbau ist es aber angeblich schwierig, Sonnen- und Windstrom aus dem Norden in den Süden der Republik zu übertragen, wenn dort die letzten AKW vom Netz genommen werden müssen.

Weil das Stromnetz mit den schwankenden Einspeisungen überfordert ist, fallen Milliarden-Kosten für Gegenmaßnahmen an. Der Löwenanteil des Anstiegs der Netzentgelte von TenneT gehe auf das Konto solcher „netzstabilisierenden Notmaßnahmen“, sagte denn auch Keussen. „Nur fünf Prozent sind durch den Netzausbau begründet.“ Das zeige, dass die vielen Verzögerungen beim Bau neuer Stromnetze teurer seien als der Neubau von Masten und Leitungen selbst.

Hintergrund: Die ostdeutschen Bundesländer sind führend beim Ausbau der Erneuerbaren Energien. Die Kosten für den dazu notwendigen Netzausbau werden von den Verbrauchern in den Netzausbauregionen getragen. Daher sind die Netzentgelte in Ostdeutschland deutlich höher als in westdeutschen Bundesländern. Sachsen-Anhalt fordert deshalb schon länger, die Netzentgeltssystematik im Sinne einer fairen Lastenverteilung zu reformieren. Dieser Forderung hat sich im Juni 2016 eine klare Mehrheit der Wirtschaftsminister der Länder angeschlossen.

Hinter vermiedenen Netzentgelten verbirgt sich eine zusätzliche Vergütung für Betreiber dezentraler Energieerzeugungsanlagen. Sie erhalten Geld, da ursprünglich angenommen wurde, dass diese dezentralen Anlagen die Stromnetze entlasten und daher geringere Netzkosten verursachen.

Unter Redispatch (siehe: solarify.eu/redispatch) sind Eingriffe in die Erzeugungsleistung von Kraftwerken zu verstehen, um Leitungsabschnitte vor einer Überlastung zu schützen. Droht an einer bestimmten Stelle im Netz ein Engpass, so werden Kraftwerke diesseits des Engpasses angewiesen, ihre Einspeisung zu drosseln, während Anlagen jenseits des Engpasses ihre Einspeiseleistung erhöhen müssen. Auf diese Weise wird ein Lastfluss erzeugt, der dem Engpass entgegenwirkt.

->Quellen: