„Klimazusage einhaltbar“

Hendricks vor Untersuchungsausschuss – Beamter verteidigt Regierungs-Kungelei

Umweltausschuss Anhörung zu Tschernobyl Fukushima Publikum - Foto © Gerhard Hofmann_Agentur ZukunftUmweltministerin Barbara Hendricks (SPD) sieht die Klimaschutz-Selbstverpflichtung Deutschlands nicht gefährdet, auch dann nicht, wenn der Anteil von Dieselfahrzeugen am Fahrzeugbestand sinkt – berichtet der parlamentseigene Pressedienst heute im bundestag. Vor dem Abgas-Untersuchungsausschuss des Bundestages schränkte sie aber ein, das sei lediglich die Meinung ihres Hauses. (Diesel stoßen zwar weniger klimaschädliches CO2 aus als Benziner, haben aber das Problem hoher Stickoxid-Emissionen, die zu Atemwegserkrankungen führen können.)

PK E-Mobilität - Sigmar Gabriel - Foto © Gerhard Hofmann, Agentur ZukunftZuvor hatte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) im Ausschuss erklärt, man dürfe den Beitrag der Dieseltechnologie zum Klimaschutz nicht unterschätzen. Der Dieselanteil an den 45 Millionen Pkw lag Anfang 2016 bei 32,2 Prozent. Bei den Neuzulassungen ist er aber höher: 2015 betrug er laut Statistik des Kraftfahrt-Bundesamts 48 Prozent und im November dieses Jahres 44,9 Prozent.

1-jahr_altmaier_Foto © BMUWie zuvor Gabriel und Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) hatte auch Hendricks nach eigener Aussage vor dem Bekanntwerden des VW-Skandals keine Kenntnis von illegalen Abschalteinrichtungen zur Abgasreinigung. Laut EU-Verordnung ist eine solche Software verboten, allerdings mit der (reichlich benutzten)  Ausnahme etwa zum Motorschutz. Mehrere Umweltorganisationen – und schließlich auch die vom Verkehrsministerium eingesetzte Untersuchungskommission – hatten herausgefunden, dass einige Hersteller bereits bei normalen Temperaturen von unter zehn Grad Celsius (einige sogar bei höheren Temperaturen) die Abgasnachbehandlung abriegeln. „Das halte ich für eine missbräuchliche Nutzung von Abschalteinrichtungen für den Motorschutz“, sagte Hendricks. Justiziabel sei dies aber nicht. Die Ministerin sprach sich dafür aus, in die Verordnung den Terminus „Stand der Technik“ als einklagbaren Sachverhalt einzubauen.

[note Die DUH am 07.09.2016: Von mehreren Herstellern ist bekannt, dass sie unterhalb von +19 Grad (Fiat), +17 Grad (Opel, Porsche, Renault) bzw. +10 Grad (Mercedes) die Abgasreinigung massiv reduzieren, obwohl die Zulassungsvorschriften die Funktionstüchtigkeit der Abgasreinigung auch für niedrige Außentemperaturen vorschreiben und zwei Tests bei -7 bzw. -15 Grad Celsius vorsehen.]

Indirekte Kritik an Dobrindt

Jochen Flasbarth, StS BMUB -Foto © Gerhard Hofmann Agentur ZukunftEntgegen dem Wunsch von Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth waren weder das Umweltministerium noch das Wirtschaftsressort in die Arbeit der Kommission eingebunden worden. Auch das Umweltbundesamt hätte seinen Sachverstand einbringen können, sagte Hendricks. PK E-Mobilität - Alexander Dobrindt - Foto © Gerhard Hofmann, Agentur ZukunftDas Verkehrsministerium habe aber anders entschieden. Auch sei man zwischendurch nicht unterrichtet worden. „Wenn man nicht informiert wird, kann man auch keine Verantwortung übernehmen“, betonte die SPD-Politikerin.

Abgestimmt hatten sich drei Ressorts hingegen für die europäischen Verhandlungen über die Grenzwerte für die ab Herbst 2017 geplanten RDE-Straßentests. Dabei ging es im Kern darum, um wie viel der Labor-Grenzwert auf der Straße überschritten werden darf. Das Umweltministerium unterstützte zunächst den strengen Vorschlag der EU-Kommission eines Faktors von 1,6 in der ersten Stufe und zwei Jahre später 1,2. Die drei Ministerien verständigten sich auf 1,95, schließlich einigte man sich in der EU Ende Oktober 2015 auf die Werte 2,1 und 1,5. Das halte sie für verantwortbar, sagte Hendricks. „Das Ergebnis ist deutlich besser als alles, was wir bis jetzt haben“, betonte sie.

Beamter verteidigt Kungelei mit Auto-Industrie

BMVI-Referent Stephan Redmann, der auch Mitglied der Untersuchungskommission war, berichtete, es hätten bei einigen Modellen abseits von VW Zweifel bestanden, ob eine Abschalteinrichtung zulässig gewesen sei oder nicht. Diese Hersteller seien zu freiwilligen Rückrufen bewegt worden. Betroffen seien rund 630.000 Autos. Redmann verteidigte das Vorgehen, dass  v o r  der Veröffentlichung des Berichts bereits mit den Unternehmen  gesprochen wurde, „um Missverständnisse auszuräumen“. Auf die Schlussfolgerungen der Kommission habe dies keinen Einfluss gehabt, versicherte er. (hib/STU)

Solarify logo[note Solarify meint: Inzwischen hat die DUH (siehe: solarify.eu/vorsaetzliche-koerperverletzung-in-vielen-tausend-faellen), das ZDF-Magazin Frontal21 („Wie VW mit dem Staat kungelte“) und zahlreiche andere Medien zweifelsfrei nachgewiesen, dass es sich bei der Behandlung des Abgasskandals (unter anderem) um eine riesige Kungelei zwischen dem Bundesverkehrsministerium (dem Minister?) zulasten der Gesundheit vieler Bürger handelt. Die Europäische Umweltagentur veröffentlichte vor kurzem erschreckende (und belastende) Zahlen: 10.610 Tote („premature deaths“)  in einem Jahr durch NOx allein in Deutschland! Dabei soll eine Regierung, sollen eine Kanzlerin und ihr Minister doch ihrem respektiven Amts-Eiden folgend „Schaden vom deutschen Volke abwenden“… Wen wundert es, wenn sich die Wähler von diesen Parteien abwenden?]

->Quellen: