„Hier gibt es keine einfachen Kompromisse“

Teil 2

Die G20, das sind fast zwei Drittel der Weltbevölkerung und über vier Fünftel der weltweiten Wirtschaftsleistung. Das sind aber auch 80 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen. Gerade deshalb kommt es darauf an, dass wir die Chancen nutzen, die uns das Paris-Abkommen und die 2030-Agenda bieten. Es geht ja um nicht weniger als einen weltweiten Strukturwandel hin zu nachhaltigem und klimaverträglichem Wirtschaften. Und damit um einen Modernisierungsschub, der zu zukunftssicheren Arbeitsplätzen führt. In Taormina haben sich sechs der G7-Staaten klar für Wohlstand durch Klimaschutz entschieden. Denn sie wissen: Nur mit einer beherzten Politik gegen den Klimawandel können wir wirtschaftlich wettbewerbsfähig bleiben.

Natürlich wäre es besser, wenn sich die USA nicht selbst aus dem Spiel genommen hätten. Und vielleicht erkennt der amerikanische Präsident noch, dass er nicht nur der Welt insgesamt schadet, sondern vor allem auch dem eigenen Land. Oder, wenn ich das umgangssprachlich ausdrücken darf, er schießt sich ins eigene Knie. Die Umsetzung des Paris-Abkommens hat jedenfalls bereits begonnen, und sie lässt sich nicht aufhalten.

Auch wenn die USA tatsächlich aus dem Abkommen aussteigen sollten, wird es in den Vereinigten Staaten weiterhin Klimaschutz geben. Denn die Pariser Klimaziele werden nicht allein in Washington D.C. umgesetzt, sondern vor allem in den einzelnen Bundesstaaten. Kalifornien wird ein starker Vorreiter im Klimaschutz bleiben. Auch andere US-Bundesstaaten haben ehrgeizige Ziele für erneuerbare Energien. Namhafte Investoren haben damit begonnen, ihre Investitionen in fossile Energieträger abzuziehen und in klimafreundliche Alternativen umzuschichten. Ermutigend ist auch das Engagement so vieler Bürgermeisterinnen und Bürgermeister aus den USA, die sich als „Climate Mayors“ für deutlich mehr Klimaschutz aussprechen, darunter auch die Bürgermeister aus New York, Atlanta und Pittsburgh. Auch zahlreiche Unternehmen – in den USA und weltweit – wollen saubere Energie und eine klimafreundliche Entwicklung. All diese Akteure werden diesen Weg weiter verfolgen.

Die Initiative „We are still in“ mit über tausend Unterzeichnern hat das eindrücklich unterstrichen. Im Juni habe ich mich in Kalifornien mit Gouverneur Brown darauf verständigt, dass wir unsere Aktivitäten im Rahmen der transatlantischen Klimabrücke weiter ausbauen werden. Es geht jetzt darum, die Vorreiter in den USA zu unterstützen und auf Fakten basierende Argumente für den Klimaschutz in die US-Gesellschaft zu tragen.

Ihnen als Stiftungen kommt dabei eine besondere Rolle zu. Sie können eine Brückenfunktion zwischen Staat, Privatwirtschaft und Zivilgesellschaft einnehmen. Dafür gibt es interessante Anknüpfungspunkte, bei Gewerkschaften, Landwirten oder Glaubensgemeinschaften. Beim G7-Gipfel, beim Petersberger Klimadialog, auch hier beim C20-Gipfel haben wir als Bundesregierung deutlih gemacht: Klimaschutz ist ein zentrales Anliegen unserer G20-Präsidentschaft.

Der OECD Bericht „Investing in Climate, Investing in Growth“ kommt zu dem Schluss, dass ehrgeiziger Klimaschutz einen Wachstumsschub von fast fünf Prozent im Durchschnitt der G20 bis zum Jahr 2050 bringen kann. Für den Erfolg ist es unerlässlich, die globalen Finanzströme in nachhaltige Investitionen umzulenken. Den öffentlichen Investitionen kommt hier eine wichtige katalytische und Vorbildrolle zu, um noch mehr privates Kapital zu mobilisieren.

In diesem Zusammenhang freut es mich besonders, dass Sie in Ihrem Bericht empfehlen, bei der Investition von Stiftungskapital Klimawandel und Nachhaltigkeit noch stärker zu berücksichtigen. Und beim G7-Umweltministertreffen in Bologna haben alle sieben Umweltminister – und das kann man nicht genug betonen, alle sieben – klargemacht: Ohne eine nachhaltige Finanzierung geht es nicht. Hier sind auch die Regierungen gefragt: Sie können ihre eigenen Mittel verantwortlich anlegen und die öffentliche Beschaffung klimafreundlich ausrichten. Sie müssen jeweils einen verlässlichen Rahmen für Investitionsentscheidungen schaffen.

Folgt: Teil 3