Stanford-Doktorand entlarvt Klimaleugner

Gebetsmühlenartig die gleichen falschen Argumente
Benjamin Franta – mit freundlicher Genehmigung von Project Syndicate

Was ist die Wurzel der Klimaleugnungsbewegung? Benjamin Franta, Forscher an der kalifornischen Stanford Universität (heute Smith School of Enterprise and the Environment, University of Oxford), verfolgte die Geschichte der heimtückischen Kräfte, welche die Bewegung formten, die echtes Handeln gegen die Klimakrise behindert. Er fand: Zwei Wirtschaftswissenschaftler als willige Helfer – Paul Bernstein und W. David Montgomery.

Klimawandel – Erdgasreklame – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft, für Solarify

Fünfundzwanzig Jahre nach der Verabschiedung des UN-Rahmenübereinkommens über den Klimawandel am 09.05.1992 hat die Staatengemeinschaft noch immer keinen Vertrag abgeschlossen, der die globale Erwärmung wirksam angeht. Jetzt, nach Präsident Donald Trumps Rückzug der Vereinigten Staaten aus der Pariser Klimavereinbarung durch , ist es Zeit, die Kräfte, welche die Verzögerung betreiben, genauer zu untersuchen.

In den 90er Jahren stützte sich das amerikanische Petroleum Institute (API) – die größte Öl- und Gas-Handels- und Lobby-Gruppe der USA – immer wieder auf Modelle, die von zwei Wirtschaftswissenschaftlern, Paul Bernstein und W. David Montgomery, erdacht worden waren, um die Behauptung zu stützen, Klimaschutz-Politik sei verheerend teuer.

API hat mit Erfolg Klimaschutzmaßnahmen zu verhindern oder verzögern versucht, indem sie die Projektionen von Bernstein und Montgomery nutzten, um zu behaupten, dass Arbeitsplatzverluste und wirtschaftliche Kosten die Umweltvorteile überwögen:

  • Diese Argumente wurden 1991 genutzt, um die Idee der CO2-Kontrollen zu torpedieren,
  • 1993 gegen die vorgeschlagene BTU-Steuer (ein Zuschlag, der Energiequellen auf der Grundlage ihrer Wärme- und Kohlenstoffgehalte besteuert hätte) der Clinton-Regierung,
  • 1996 gegen die Ziele der UN-Konferenz der COP2,
  • 1997 gegen die Ziele der UN-Konferenz der Parteien in Kyoto (COP3), und
  • 1998 gegen die Umsetzung des Kyoto-Protokolls. Der API wiederholte deie Argumente ihres Lobby-Plans gebetsmühlenartig. Und dieser funktionierte – immer wieder.

Die Öl- und Gasindustrie schilderte die bei Bernstein, der einst bei der Hawaiian Electric Company gearbeitet hatte, und bei Montgomery, einem ehemaligen Staatssekretär für Politik im US-Energieministerium, in Auftrag gegebenen Berichte als sachlich, unabhängig und Produkte einer echten Wirtschaftsdebatte.

Bis 580 US-Dollar pro Tonne Kohlenstoff

Im Vorfeld des Treffens von 1997 in Kyoto, Japan, z. B. behauptete die Ölfirma Mobil in Anzeigen im Wall Street Journal und der New York Times, dass „die Kosten für die Begrenzung der Emissionen von 200 bis 580 US-Dollar pro Tonne Kohlenstoff reichen könnten, „basierend auf“ einer Studie, die gerade von Charles River Associates herausgegeben wurde. „Mobil nannte nicht, wer den CRA-Bericht geschrieben (Bernstein und Montgomery waren die ersten beiden Autoren) oder wer (API) sie finanziert hatte.

Mobils Botschaft war irreführend, aber war die Analyse, die Bernstein und Montgomery verfasst hatten, wirklich fehlerhaft? Man bedenke: Sie ignorierten die negativen Kosten des Klimawandels und behaupteten, dass saubere Energie niemals mit fossilen Treibstoffen konkurrenzfähig sei, was einfach nicht wahr ist. Sie setzten das Ergebnis voraus, das sie zu belegen vorhatten.

Die Öl- und Gasindustrie wurde reich dafür belohnt, dass sie das öffentliche Vertrauen missbraucht hatte. Die Amerikaner wählten schließlich einen Präsidenten, George W. Bush, der die Forderungen der Branche übernahm und mit den USA aus dem Kyoto-Protokoll austrat.

Sechzehn Jahre später stand Trump im Rosengarten des Weißen Hauses und verkündete mit gleicher Sophistik, dass die Pariser Klimavereinbarung die US-Wirtschaft verheeren und Amerika bis zum Jahr 2025 rund 2,7 Millionen Arbeitsplätze, vor allem in der Bauindustrie, kosten würde. Diese Kalkulation stammte, laut Trump von „den National Economic Research Associates.“

Für den Fall, dass Sie sich fragen sollten: Die ersten beiden Autoren im von Trump zitierten Bericht – gerade im März veröffentlicht – sind Bernstein und Montgomery. Diesmal wurden sie von der American Council for Capital Formation, einem in Washington ansässigen Lobby-Think Tank mit einer Vorgeschichte der Beauftragung stark fehlerhafter Arbeiten, die zur Herausforderung der Klimapolitik eingesetzt wurden, beschäftigt.

In den 90er Jahren perfektionierten die Öl- und Gasindustrie und ihre Verbündeten die Kunst, die Unterstützung Amerikas für wichtige globale Klimawandel-Initiativen zu blockieren. Die Maestros, so scheint es, sind zurückgekehrt, und ihr Repertoire hat sich nicht verändert. Das musste es nie.

Neben der Vergabe von Studien, die behaupteten, dass Klimapolitik die US-Wirtschaft belasten würde, besteht die Industrie konsequent darauf, dass Anstrengungen, die globale Erwärmung in den Griff zu bekommen, eindeutig schädlich für die USA seien, Risiken nicht verringern und Armutsbekämpfung verhindern würden. Alle drei dieser Zusatz-Argumente erscheinen auch in Trumps Ankündigung in Bezug auf das Pariser Übereinkommen.

Wenn eine Schildkröte auf einem Pfosten sitzt, weiß man, dass sie nicht allein da hinauf gekommen ist. Das Wiederauftauchen der gleichen vier Argumente, die vor einem Vierteljahrhundert von einer Branche entwickelt worden waren, die von der Verzögerung der Klimapolitik profitiert – Argumente, die mit großem Erfolg verwendet wurden, gerade weil ihre Herkunft und ihr wahrer Zweck vor der Öffentlichkeit verborgen wurden – sieht sehr nach den vier wackelnden Füßen der Schildkröte aus .

Wenn sich Geschichte wiederholt, ist hier das, was wir in den kommenden Monaten erwarten können: branchenübergreifende ökonomische „Studien“, auffällige Online-Inhalte, Think-Tank-Berichte und polierte Frontgruppen als Basisorganisationen. Dies sind zeitgetestete Komponenten der Strategie der fossilen Brennstoffindustrie und anderer, um die Klimapolitik zu blockieren, zu behindern und zu kontrollieren.

Wir dürfen die Industrie nicht weiter Obstruktion gegen die Klimapolitik betreiben lassen. Das bedeutet, dem Geld zu folgen, das die Pseudowissenschaft der Verzögerung finanziert und die kooptierten Gelehrten öffentlich anprangern, die falsche Bilder der Debatte in die Öffentlichkeit bringen.

Die gleichen Argumente – und Menschen – die von der fossilen Brennstoffindustrie genutzt werden, um die Klimapolitik vor Jahrzehnten zu blockieren, sind zurück. Um der Menschheit willen, dürfen wir sie nicht wieder Erfolg haben lassen.

Benjamin Franta, ehemaliger Forscher am Belfer Center for Science and International Affairs an der Harvard Kennedy School of Government, ist Doktorand in Wissenschaftsgeschichte an der Stanford University; seine Schwerpunkte sind Klimapolitik und Manipulation der Wissenschaft.

Copyright: Project Syndicate, 2017

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