„Light & Sound“: Gravitationswellen verschmelzender Neutronensterne

Kosmisches Ereignis im sichtbaren Licht beobachtet – Erklärung für Gammablitze

Die New York Times machte einen „Breaking News Alert (LIGO Detects Fierce Collision of Neutron Stars for the First Time)“ daraus: Zum ersten Mal haben Forscher  – laut einer jetzt veröffentlichten Medienmitteilung der Max-Planck-Gesellschaft – die Gravitationswellen von zwei verschmelzenden Neutronensternen in mehreren Bereichen des elektromagnetischen Spektrums gemessen und gleichzeitig das dabei entstandene Licht registriert. Das historische Ereignis von vor 130 Millionen Jahren, „als bei uns noch Dinosaurier über die Erde liefen“ (NYT) erzeugte eine Energiestrahlung, 100 Millionen mal so intensiv wie die der Sonne.

Die Entdeckung (am 17.08.2017) habe bestätigt, dass die Kollision zweier Neutronensterne in der Tat zu einem kurzen Gammastrahlenausbruch führe und dass die darauf folgende Explosion – eine sogenannte Kilonova – der Ursprung schwerer Elemente im Universum sei. Bei den Beobachtungen hätten Forscher der Max-Planck-Institute für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut) in Potsdam und Hannover sowie der Max-Planck-Institute für Astrophysik und für extraterrestrische Physik in Garching eine zentrale Rolle gespielt, so eine Medienmitteilung der Max-Planck-Gesellschaft.

Tanz der Schwergewichte: Zwei Neutronensterne umkreisen einander auf immer engeren Bahnen. Dabei werden Gravitationswellen ausgesendet. Dieses Szenario haben Astrophysiker schon lange in der Theorie studiert. Sie vermuteten auch, dass Neutronensterne – die Leichen ausgebrannter, massereicher Sonnen – beim Verschmelzen zu einer sogenannten Kilonova werden und dabei als Gammablitz aufleuchten. Das Bild des realen Ereignisses GW170817 stammt aus einer numerisch-relativistischen Simulation. © Numerisch-relativistische Simulation: T. Dietrich (Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik) und BAM-Kollaboration; Wissenschaftliche Visualisierung: T. Dietrich, S. Ossokine, H. Pfeiffer, A. Buonanno (Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik)

Die beiden Detektoren vom LIGO (Laser Interferometer Gravitational-Wave Observatory) in Hanford (US-Bundesstaat Washington) und Livingston (Louisiana) beobachteten das GW170817 genannte Signal für rund 100 Sekunden. Die Messungen des Virgo-Detektors in der Toskana nahe Pisa verbesserten die Lokalisierung am Firmament erheblich und erlaubten es den Forschern, den Ursprung der Welle auf einen Fleck am Südhimmel von nur 28 Quadratgrad – die rund 130-fache scheinbare Größe des Vollmonds – einzuschränken.

Nur 1,7 Sekunden später registrierte der Gamma-ray Burst Monitor (GBM) an Bord des Satelliten Fermi (Foto re.: Start) einen Gammastrahlenblitz, GRB 170817A genannt, aus ungefähr der gleichen Richtung wie das Gravitationswellensignal. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Zusammentreffen rein zufällig entsteht, liegt bei eins zu 200 Millionen – die Gewinnchancen auf einen Sechser im Lotto sind deutlich besser…!

„Zuerst schien der Nachweis dieses neuen Gammastrahlenausbruchs mit Fermi nichts Außergewöhnliches zu sein“, sagt Andreas von Kienlin, der als Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik am Bau des Instruments beteiligt war. „Denn wir sehen wöchentlich etwa vier bis fünf neue Gammablitze.“ Erst später erfuhr der Forscher von den Messungen der Observatorien LIGO und Virgo: „Da wussten wir sofort, dass es sich um ein historisches Ereignis handelte.“

Folgt: Überraschung: Zeitunterschied von etwa zwei Sekunden