WWF mit Palmöl-Scorecard 2017

„Wenig Klasse, viel träge Masse“

46 Prozent der deutschen Händler und Produzenten verweigern die Auskunft über ihren Umgang mit Palmöl. Nur ein Teil macht Fortschritte beim Einsatz von zertifiziertem Palmöl. Das ist die durchwachsene Bilanz des bereits am 02.02.2017 veröffentlichten neuen WWF-Palmöl-Checks – und: Wenigen Palmöl-Vorreitern steht die Masse der Totalverweigerer gegenüber. Daher fordert der WWF gesetzliche Vorgaben für Import und Kennzeichnung von Palmöl.

Alle Jahre wieder will der WWF wissen, welche deutschen Firmen zertifiziertes Palmöl nutzen und welche den Verbraucher im Dunkeln stehen lassen. Die Ergebnisse: leider nur durchwachsen. Egal ob Pizza, Margarine, Waschmittel, Tierfutter oder Lippenstift – in fast jedem zweiten Produkt aus dem Supermarktregal steckt Palmöl oder Palmkernöl, das vor allem auf Plantagen in den tropischen Regenwaldregionen Südost-Asiens angebaut wird. Deswegen fragt der WWF in den „Palmöl Scorecards“ seit 2009 alle zwei Jahre bei Unternehmen deren Palmöl-Einkaufspolitik ab.

Vor allem die Futtermittelbranche schneidet einer WWF-Medienmitteilung zufolge zum wiederholten Mal schlecht ab. Obwohl in der Herstellung von Tierfutter signifikante Mengen an Palmöl eingesetzt werden, sind die größten deutschen Futtermittelhersteller bisher nicht zertifiziert. Dabei bildet eine RSPO Zertifizierung eine sinnvolle Ergänzung für die firmeneigene CSR Strategie und demonstriert gegenüber Kunden und Stakeholdern glaubhaft den Einsatz für eine transparente Lieferkette. Der Anteil der Totalverweigerer bleibt damit seit Veröffentlichung des ersten Palmöl-Checks im Jahr 2009 unverändert hoch. Um sie zu bewegen, fordert der WWF von der nächsten Bundesregierung, alle Palmölimporte an die Einhaltung von ökologischen und sozialen Kriterien zu knüpfen.

Fast die Hälfte der für den Palmöl-Check befragten Unternehmen bleiben die Antwort schuldig, ob sie Nachhaltigkeitskriterien beim Einkauf von Palmöl beachten und was für Palmöl sie verwenden. „Die Totalverweigerer reagieren nicht auf Appelle zu Transparenz und Verantwortlichkeit, sie brauchen gesetzliche Vorgaben zu ökologischen und sozialen Kriterien für importiertes Palmöl oder eine Kennzeichnungspflicht für alle Verbrauchsgüter“, bilanziert Jörg-Andreas Krüger, Direktor WWF für den Bereich Ökologischer Fußabdruck. Die Firmen Lekkerland, Globus, der Lübecker Marzipanhersteller Niederegger und die Drogeriekette Müller verweigern seit Jahren transparente Angaben über ihren Palmöleinkauf. Dass es auch anders geht, zeigt Wettbewerber Rossmann, der nach mehrfacher Null-Punkte-Bewertung jetzt erstmals im grünen Bereich landet. Die vorderen Plätze belegen Care Naturkost, Daabon, Agrarfrost, Rapunzel Naturkost und Lorenz Bahlsen Snack-World.

44 Prozent geben an, zertifiziertes Palmöl vollständig oder zumindest teilweise einzusetzen. Wo Unternehmen auf zertifiziertes Palmöl setzen, ist es in der Regel nach dem RSPO-Standard zertifiziert, den der WWF als Einstieg einstuft. Noch gibt es zu wenige deutsche Firmen, die als Palmöl-Vorreiter verbindliche Zusatzkriterien zum Mindeststandard RSPO einfordern, Kleinbauern unterstützen oder Bio-Palmöl einsetzen. „Fortschrittliche Palmöl-Produzenten bieten Palmöl von Flächen an, auf denen zum Beispiel das Umwandlungsverbot von Torfböden gilt oder keine gefährlichen Pestizide eingesetzt werden. Aber sie finden keine Abnehmer und müssen ihre Ware häufig unter Wert verkaufen“, so Krüger vom WWF.

Der Palm-Öl-Check – Titel © WWF

Erneut und schon gewohnt schlecht schneidet die Futtermittelbranche ab. „Bei Palmöl reden alle über Nutella, keiner über Wurst, Käse oder Ei. Nur wenige wissen, dass acht Prozent des importierten Palmöls an Geflügel, Schweine und Rinder verfüttert wird. Das macht es den Herstellern von Futtermitteln leicht, sich beim Thema Palmöl aus der Verantwortung zu schleichen“, sagt Jörg-Andreas Krüger. Der WWF fordert, dass Nutztiere bevorzugt vor allem heimische Eiweißpflanzen wie Lupinen oder Ackerbohnen als Futter bekommen. Wo weiter Soja oder Palmöl im Trog landet, müsse dieses wenigstens ökologische und soziale Mindestkriterien erfüllen.

Hintergrund Palmöl-Check:
Mit dem Palmöl-Check nimmt der WWF Deutschland seit 2009 regelmäßig die Einkaufspolitik der Käufer und Verarbeiter unter die Lupe. Bewertet wird dabei mithilfe eines Fragenkatalogs, ob sie Nachhaltigkeitskriterien beim Einkauf von Palmöl beachten und was für Palmöl sie verwenden. Befragt werden nur Firmen mit Hauptsitz in Deutschland, die Mitglieder des RSPO sind oder zu den großen Akteuren in ihrer Branche zählen, diesmal 255 Unternehmen. Von 255 befragten Unternehmen blieben 118 (46 Prozent) jegliche Rückmeldung schuldig. 112 Unternehmen (knapp 44 Prozent) gaben an, vollständig oder zumindest teilweise zertifiziertes Palmöl einzusetzen. Die übrigen Hersteller und Händler sind zwar Mitglied im „Roundtable on Sustainable Palmoil“ (RSPO) und haben sich zum Teil Ziele gesetzt, bis wann sie auf zertifiziertes Palmöl umstellen wollen, sie legten aber keine Nachweise für den tatsächlichen Bezug von zertifiziertem Palmöl vor. Die Auskünfte der Unternehmen beziehen sich auf das Kalenderjahr 2016. Die Top 5 im Ranking sind Care Naturkost, Daabon, Agrarfrost, Rapunzel Naturkost und Lorenz Bahlsen Snack-World. Zu den Aufsteigern zählen zum Beispiel Rossmann und Coppenrath und Wiese. Zu den notorischen Dauerverweigerern, die seit Jahren keinerlei Auskunft geben, zählen Lekkerland, Globus der Lübecker Marzipanhersteller Niederegger und die Drogeriekette Müller. Erneut schneidet die Futtermittelbranche schlecht ab: Deutsche Tiernahrung Cremer und die Agravis Raiffeisen AG erzielten jeweils nur 1 Punkt. Heinrich Nagel, die Bröring Unternehmensgruppe und Mega Tierernährung äußerten sich nicht öffentlich dazu, ob und was für Palmöl sie einsetzen.

Auch positive Trends

Die Certifizierungsgesellschaft für Managementsysteme mbH GutCert sieht auch positive Trends in der Studie ab: Immer mehr deutsche Unternehmen treten dem Roundtable on Sustainable Palm Oil (RSPO) bei. Der Anteil an segregiertem (SG) zertifiziertem Palmöl wächst gegenüber der Studie 2015 deutlich. Die Mitglieder des Forum Nachhaltiges Palmöl (FONAP) schneiden zudem besonders gut ab – sie haben oftmals auf 100% SG zertifiziertes Palmöl umgestellt und streben weiterhin eine identitätssichernde IP-Zertifizierung an, bei der das eingesetzte Palmöl bis zur Plantage zurückverfolgt werden kann. Einige FONAP Mitglieder fordern zudem Zusatzkriterien bei ihren Lieferanten ein, wie z.B. durch den Erwerb von RSPO-NEXT Zertifikaten oder einer POIG Verifizierung.

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