Big Data vs. Bad Data

Was passiert, wenn schlechte Daten die Nachhaltigkeitspolitik bestimmen?

Daten und Fortschritt wurden bislang weitgehend für synonym gehalten, aber Redner des Asia-Pacific Carbon Forum vom 11. bis 13.07.2018 in Singapur sahen das kritisch, so Sonia Sambhi am 20.07.2018 im Portal eco-business.com (Singapur). Sie warnten davor, dass Daten das Potenzial haben könnten, die Aufmerksamkeit von den wirklichen Umweltproblemen abzulenken. Daten ermöglichen es Städten, ihre Fortschritte zu bewerten, Verbesserungsmöglichkeiten aufzuzeigen und sich ehrgeizige Ziele für die Zukunft zu setzen. Aber bedeuten mehr Daten immer mehr Fortschritt oder sollten Politiker zwischen guten und schlechten Daten unterscheiden? fragte Assaad Razzouk, Geschäftsführer von Sindicatum Sustainable Resources.

Singapur 1996 – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

„Das Sustainable Development Scenario (SDS) der Internationalen Energieagentur (IEA) erschöpft bis 2023 den 1,5-Grad-Kohlenstoffhaushalt. Dieses Szenario berücksichtigt nicht einmal das Pariser Abkommen“, sagte er und verwies auf das ehrgeizige globale Energiewende-Szenario der IEA, das in ihrem World Energy Outlook 2017 (siehe: solarify.eu/weo-indien-rueckt-an-die-spitze) publiziert worden ist. Eine Studie von Oil Change International und des Institute for Energy Economics and Financial Analysis legt jedoch nahe, dass das SDS eine Zukunft voraussagt, in der Öl und Gas eine sehr wichtige Energiequelle bleiben, und dass die Welt das Ziel des Pariser Abkommens, den globalen Temperaturanstieg auf unter 2 Grad zu begrenzen, nicht erreicht. „Die Regierungen gehen davon aus, dass diese Zahlen maßgebend sind, und fangen an, darauf aufbauend eine Politik zu entwickeln. Das Problem beginnt, wenn diese Zahlen falsch sind“, sagt Razzouk. „Wir können uns diese Zahlen nicht ansehen, das sind gefährliche Daten.“

„Schlechte Daten“ der IEA hätten  Regierungen und Investoren davon abgehalten, Erneuerbare Energien zu unterstützen und eine schnellere Energiewende behindert. „2016 prognostizierte die IEA, dass die Photovoltaik bis 2040 jährlich um 50 Gigawatt zunehmen wird. Aber allein 2017 haben wir 100 Gigawatt zugelegt“, erklärte Razzouk vor dem 40köpfigen Publikum des Forums, Teil der Asia-Pacific Climate Week, einer Veranstaltungsreihe der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) im Rahmen der Nairobi-Framework Partnership. (Die in Paris ansässige autonome IEA ist – obwohl wichtige Datenquelle für den Welt-Energiemarkt – in den vergangenen Jahren auf Kritik gestoßen, weil sie die Rolle der Erneuerbaren Energien zugunsten fossiler Brennstoffe unterschätzt hat.)

Die übertriebene Konzentration auf das Sammeln von Daten „hält uns auf, bringt uns nicht weiter“, indem sie Maßnahmen zur Lösung des eigentlichen Problems verzögert, so Razzouk.  „Wir haben riesige Datenmengen und wenn wir weiter sammeln, wird es nur der Tod durch Daten sein. Wir müssen damit aufhören, es lenkt uns wirklich von dem ab, was wir tun sollten.“ Er wies darauf hin, dass die Notwendigkeit, Daten zu sammeln und zu analysieren, die Entwicklung der Städte verzögert habe, und nannte als Beispiel den verzögerten Übergang zu Elektroautos in Delhi.

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