Abgasskandal und Verkehrswende

PK BUND, DUH, VCD – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

DUH: Euro-6 mit Rekord-Ausstoß

Resch kündigte in der Pressekonferenz einen „Rekordfund“ an: ein Euro-6 mit 1.100 mg Nox, der aktuell als „sauberer Diesel“ verkauft werde. forderte dringend Entschädigungen für die Betrogenen Dieselkäufer – und, wie Weiger, verbindliche Hardware-Nachrüstungen. Statt konsequent durchzugreifen, wolle die Regierung die künftig nötigen Kontrollen einem von der Autoindustrie abhängigen Verein übertragen. Resch hofft darauf, dass in München und Stuttgart bald Zwangsgelder gegen die Regierungen verhängt werden – in München möglicherweise gar Erzwingungshaft.

Deutschland habe ein flächendeckendes Problem mit der Luftverschmutzung durch Verbrenner-Abgase. Nach einer aktuellen Übersicht der DUH würden die NO2-Grenzwerte in 115 Städten überschritten. Für die notwendige Verkehrswende soll die Bundesregierung die circa 22 Milliarden Euro Strafzahlungen der bisher nachgewiesenen 4,4 Millionen Betrugsdiesel verwenden, die deutsche Dieselhersteller wegen illegalen Abschalteinrichtungen zahlen müssen. Resch weiter: „Bislang sondert diese Bundesregierung nur heiße Luft ab. Aus dem vor einem Jahr verabschiedeten ‚Sofortprogramm  Saubere Luft‘ ist bislang nicht ein Cent geflossen. Auch wird es dem Ausmaß der Probleme in unseren Städten in keiner Weise gerecht. Die Menschen leiden unter Lärm und Abgasen. Um schnellstmöglich saubere Luft in unseren Städten zu bekommen, wird die DUH wirksame zonale Diesel-Fahrverbote im Rahmen gerichtlicher Entscheidungen durchsetzen.“

Wie ernst es der Bundesregierung unter Führung der ehemaligen Klimakanzlerin mit ihren eigenen Klimazielen ist, müsse sie noch in diesem Jahr zeigen, forderte Gerd Lottsiepen, verkehrspolitischer Sprecher des VCD: „Bis zum Oktober muss die Bundesregierung ihre Position zum CO2-Grenzwert für Pkw festlegen. Das ist der Lackmustest für die Glaubwürdigkeit Deutschlands in Sachen Klimaschutz. Der bisher vorliegende Vorschlag der EU-Kommission, den CO2-Austoß von Neuwagen bis 2030 um 30 Prozent zu senken, reicht nicht aus, um die Klimaziele zu erreichen. Das sieht auch das Bundesumweltministerium und fordert wie andere EU-Mitgliedsstaaten ein höheres Ambitionsniveau. Das Verkehrsministerium und das Wirtschaftsministerium folgen aber den kurzfristigen Gewinninteressen der Autoindustrie, Vizekanzler und Finanzminister Olaf Scholz erliegt den Einflüsterungen der IG Metall.“

Aus der Sicht der Umweltverbände ist eine CO2-Minderung um 60 bis 70 Prozent beim CO2-Ausstoß von Pkw bis 2030 notwendig, technisch machbar und volkswirtschaftlich sinnvoll. Lottsiepen: „Je schwächer die CO2-Grenzwerte ausfallen, umso stärker müssen andere Maßnahmen wirken. Eine extreme Erhöhung der Energiesteuer oder hohe Straßenbenutzungsgebühren sind dann geboten, um die Klimaziele doch noch zu erreichen. Ein Tempolimit auf Autobahnen wird auf jeden Fall kommen. Je lascher die Regelung für CO2-Emissionen bei neuen Pkw, desto schärfer wird es ausfallen. Ambitionierte Grenzwerte sind zudem wichtige Antreiber für die europäische Automobilindustrie, um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu sein. Mittelfristig werden global nur noch solche Geschäftsmodelle tragfähig sein, die dem Klima- und Umweltschutz Rechnung tragen.“

BUND, DUH und VCD begrüßen, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel sich – anders als Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer – zur Verkehrswende bekannt hat. Eine solche Wende müsse den Klimaschutz und die Lebensqualität ins Zentrum rücken und das Primat des Autos beenden, fordern die Verbände. Für eine umfassende Mobilität der Menschen brauche es sofortige Investitionen in ein attraktives Fuß- und Radwegenetz, für Busse und Bahnen. Gleichzeitig müsse für lebenswerte Städte die Zahl der Pkw deutlich sinken.

[note Lottsiepen verwies auf eine dpa-Meldung vom gleichen Tag, nach der die Autoindustrie tritt vor den entscheidenden Verhandlungen auf EU-Ebene erneut beim Klimaschutz auf die Bremse tritt. Der europäische Dachverband Acea habe angezweifelt, ob die bereits verbindlich vorgeschriebenen Ziele für 2021 eingehalten werden könnten und vor Jobverlusten bei harten neuen Vorgaben für 2030 gewarnt. Es geht um die anstehende Festlegung des Europaparlaments auf neue Auto-Klimaziele bis 2030. Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, dass der Kohlendioxid-Ausstoß bei Neuwagen von 2021 bis 2030 um 30 Prozent reduziert werden soll – „bei weitem nicht ausreichend“ (Lottsiepen). Im Europaparlament steht dagegen eine Minderung um 50 oder gar 75 Prozent zur Debatte. Spätestens 2021 dürfen Autos eines Herstellers im Durchschnitt nur noch 95 g CO2/km ausstoßen. Tatsächlich lag der Wert 2017 im Schnitt bei 118,5 Gramm – mit leicht steigender Tendenz. (Nach zeit.de/autobauer-stellen-einhaltung-ihres-klimaziels-in-frage)]

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