Oberflächeneigenschaften als Herausforderung

Forscher entwickeln Strukturierungsmethode

Die Funktionalisierung (Veränderung der Eigenschaften zu bestimmten Zwecken) von Oberflächen mit verschiedenen physikalischen oder chemischen Eigenschaften ist eine Anforderung in vielen Anwendungsgebieten. So erlaubt zum Beispiel die Strukturierung von Oberflächen mit wasserliebenden und wasserabweisenden Flächen, Emulsionen, wie etwa Wasser und Öl, wieder zu trennen. Solche Strukturen können auch verwendet werden, um Flüssigkeiten zu leiten, z. B. in Mikrofluidik-Anwendungen, die für die Analyse kleinster Flüssigkeitsmengen wichtig sind – so eine Medienmitteilung vom 04.10.2014 aus dem Mainzer Max-Planck-Instituts für Polymerforschung (MPI-P).

Definierte Oberflächeneigenschaften herzustellen bedeutet jedoch eine Herausforderung. Forscher des MPI-P, sowie der beiden chinesischen Universitäten für Wissenschaft und Technik (in Hefei) und elektronische Wissenschaft und Technologie (Chengdu) haben nun Oberflächen entwickelt, die durch sichtbares Licht strukturiert werden können. Diese Oberflächen sind mit einem speziellen Molekül bedeckt, das ein Ruthenium-Atom in seinem Zentrum hat; der Molekül-Komplex ist fest mit der Oberfläche verbunden und wirkt als eine Art „molekularer Schraubenzieher“. Prof. Si Wu, Gruppenleiter am MPI-P in der Abteilung von Prof. Hans-Jürgen Butt: „Man kann sich dieses Molekül als Schraubenzieher vorstellen, an den verschiedene Bits angedockt werden können. Das bedeutet, dass wir die Oberfläche durch Wechsel der Bits mit verschiedenen Funktionen ausstatten können, wie z. B. wasserabweisenden Eigenschaften“.

Schematische Darstellung des Austauschs von Oberflächen-Funktionen durch sichtbares Licht. Ruthenium-Komplexe dienen als molekulare Schraubenzieher, während Thioether-Gruppen als molekulare Bits die Oberflächen-Eigenschaften bestimmen – Bild © MPI-P

Das Andocken von solchen Bits – hier sogenannter „Thioether-Gruppen“, organischer Moleküle mit einem Schwefelatom – wurde bisher durch chemische Verbindungen bewerkstelligt, die nur schwer, über komplizierte chemische Methoden wieder entfernt werden konnten, die gleichzeitig die funktionalen Thioether-Gruppen sowie die an der Oberfläche angebrachten Ruthenium-Komplexe zerstörte. In ihrer Veröffentlichung zeigten die Forscher, dass die Entfernung der Thioether-Gruppen – also der Bits – einfach durch sichtbares Licht möglich ist. „Dies ist sehr wichtig – wenn wir z. B. an Biomoleküle auf der Oberfläche denken, die durch UV-Licht zerstört werden können. Daher haben wir in unserer Arbeit mit sichtbarem Licht experimentiert, das weniger Energie besitzt und damit ggf. angedockte Biomoleküle nicht zerstört“, so Wu.

Mit der neu entwickelten Methode ist es jetzt möglich, Oberflächen sehr einfach zu strukturieren. Im Dunkeln wird die komplette Oberfläche mit einem Molekül mit gewünschten, beispielsweise wasserabweisenden Eigenschaften funktionalisiert. Die Oberfläche wird daraufhin durch eine Schattenmaske beleuchtet. Das löst die Verbindungen des fest mit der Oberfläche verbundenen Ruthenium-Komplexes mit der angedockten funktionalen Thioether-Gruppe. Nach Waschen der Oberfläche wird die Funktionalität an den belichteten Stellen entfernt, nur die unbelichteten Stellen bleiben zurück. Da der Ruthenium-Komplex fest mit der Oberfläche verbunden ist (und beim Waschen zurückbleibt), kann er immer wieder genutzt werden, um andere „Bits“ – andere Funktionalitäten – auf die Oberfläche aufzubringen: Die Oberfläche kann mehrfach rekonfiguriert werden. Ihre Resultate haben die Forscher in Nature Communications veröffentlicht.

Über Prof. Si Wu

Si Wu wurde 1982 in Chongqing, China geboren und studierte Polymerchemie an der University of Science and Technology of China in Hefei (USTC); 2005 erhielt er einen Bachelor-Grad, unterstützt durch das gemeinsame Promotionsprogram der USTC mit dem MPI-P, 2010 promovierte er mit einer Arbeit über photoresponsive Verbindungen von Azopolymeren. Seit 2012 ist er Gruppenleiter am MPI-P. 2018 wurde er als Professor an die USTC berufen und gründete dort eine neue Forschungsgruppe. Aufgrund seiner Untersuchungen zu photoresponsiven Materialien bekam Si Wu 2016 in Dänemark eine Auszeichnung als eines der 10 führenden chinesischen Talente in Wissenschaft und Technologie in Europa.

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