Kohlekommission mit Zwischenbericht

Empfehlungen zum Strukturwandel in den Braunkohlerevieren

Umzug von Behörden in die heutigen Kohleregionen, bessere Verkehrs- und Mobilfunknetze – und 1,5 Milliarden Euro als Sofortprogramm – das sind die Vorschläge der „Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ in ihrem am 24.10.2018 verabschiedeten, aber bisher unveröffentlichten ersten Zwischenbericht. Ein Datum für den Kohleausstieg enthält der Bericht laut tagesschau.de und vielen anderen Medien nicht. Ihren komplizierten und verschleiernden Namen hat die Kommission längst eingebüßt: „Kohlekommission“ heißt sie inzwischen schlicht medienübergreifend.

 Demonstration der Anti-Kohlekraft-Bewegung unter dem Motto „Stopp Kohle!“ vor der ersten Sitzung der Kohlekommission am 26.06.2018 in Berlin – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Wie die vier Vorsitzenden der Kohlekommission, die früheren Ministerpräsidenten von Brandenburg und Sachsen, Matthias Platzeck (SPD) und Stanislaw Tillich (CDU), sowie Bahn-Vorstand Ronald Pofalla und die Wissenschaftlerin Barbara Praetorius, in Berlin mitteilten, haben sie einstimmig entschieden. Insgesamt gehe es um den Erhalt von 60.000 direkt und indirekt von der Braunkohle abhängige Arbeitsplätze. Diese Anzahl will die Kommission durch die vorgeschlagenen Maßnahmen in etwa erhalten.

[note Jan Siegel kommentierte in der Lausitzer Rundschau: „Klar, wird es jetzt viele Stimmen geben, die an den Einschätzungen und Vorschlägen der Kohlekommission etwas auszusetzen haben. Das liegt angesichts der Größe der Aufgabe in der Natur der Sache. Der Zwischenbericht ist trotz allem eine solide Basis. Es gibt wohl kein Mitglied der 28-köpfigen Kommission, das nicht mindestens einmal hat schlucken müssen, um dem Kompromiss zuzustimmen. Wer sich die Zusammensetzung der Kommission aber anschaut, wird erkennen, welcher Spagat da von den Beteiligten abgefordert wurde. Immerhin mussten sich Industrielobbyisten und teils fundamentalistische Umweltretter einigen. Vorgelegt haben sie eine erstaunlich genaue und schonungslose Beschreibung der Situation…“]

SZ: Kohleausstieg 2035 oder 38

Laut Süddeutscher Zeitung rechnen Kommissionskreise mit einem zweistelligen Milliardenbetrag an Strukturhilfen zugunsten von „Infrastrukturprojekten für Verkehr und Digitalisierung im großen Stil“. Die Reviere sollen besser „an die Metropolen Berlin, Dresden, Düsseldorf und Köln angebunden werden. Dazu zählt etwa der Ausbau der A 13 bei Berlin und eine neue ICE-Verbindung von Berlin nach Polen, die die Revierstadt Görlitz „‚in die Mitte einer internationalen Eisenbahnachse rücken‘ werde. Zudem sollen das Rheinische Revier und die Lausitz Modellregionen bei der Einführung des neuesten Mobilfunkstandards werden. Für die Realisierung solcher Projekte empfiehlt die Kommission einen ‚Revierbonus‘ für schnellere Planung und Finanzierung.“

Nach weiteren Angaben aus der Kommission sollen die letzten Kraftwerke zwischen vom Netz gehen. Co-Chef Ronald Pofalla hatte diesen Korridor schon genannt und nicht nur Jubel ausgelöst. Das endgültige Datum soll bis Jahresende stehen.

Lausitz soll Power-to-X-Region, Rheinland „Energierevier der Zukunft“ werden

Das Rheinische Revier und die Lausitz sollen Energieregionen bleiben. Wegen der dort bereits vorhandenen Energieinfrastruktur eigneten sich diese Gebiete besonders für den großtechnischen Einsatz von Erneuerbaren Energie-Technologien. In der Lausitz sollen so Wind- und Solarenergie sowie Speicher weiter ausgebaut werden, als Erprobungsgebiet für Power-to-X-Technologien. Industriestandorte wie die Raffinerie in Schwedt und das BASF-Werk in Schwarzheide böten Abnahmepotenziale für Wasserstoff und Fernwärme. Die Ausgangsbedingungen für das Rheinischen Revier hält die Kommission für „besonders gut“. Die Kommission regt an, die Region zu einem „Energierevier der Zukunft“ umzubauen, wo vor allem CO2-arme Technologien für die energieintensive Industrie entwickelt werden.

[note „Weniger Ambition geht kaum“
Michael Bauchmüller kommentierte am 08.10.2018 in der Süddeutschen drastisch: „Immer nur kneifen und der Wirtschaft nicht wehtun: Die Bundesregierung agiert in der Klimapolitik verantwortungslos. Am Rande des Hambacher Forstes wird über das fossile Deutschland verhandelt, über seine Rolle im Kampf gegen die Erderhitzung, das größte Umweltproblem der Menschheit. Ein Menschheitsproblem? Aus der Bundesregierung hört man dazu wenig. Kürzlich war Wirtschaftsminister Peter Altmaier in Den Haag zu Gast. Die Regierung dort, so musste sich der CDU-Mann anhören, wolle im Klimaschutz schneller werden, alle EU-Ziele anheben. Die Zeit sei reif für „Drastisches“. Altmaier entgegnete, man solle sich nur Ziele setzen, die sich auch erreichen lassen. Weniger Ambition geht kaum. Umweltpolitik findet in dieser Koalition nicht statt. In der Union hat der Wirtschaftsflügel das Sagen, in der SPD das Gewerkschaftslager. Die Schnittmenge aus beidem ist das Gegenteil von Umwelt- und Klimaschutz.“]

->Quellen: