Macrons Reformen in schwerem Fahrwasser

Protest-Katalysatoren: CO2-Steuer und Dieselabgabe

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron werde mit seiner Reformpolitik nur dann Erfolg haben, wenn er sie nicht als „Kommandoaktion“ sehe, meinte Handelsblatt-Paris-Korrespondent Thomas Hanke am 24.11.2018 in einem Deutschlandfunk-Kommentar und am 25.11.2018 im Handelsblatt. Er habe versäumt, den Franzosen zu vermitteln, dass Steuern auf Diesel-Treibstoff und CO2 notwendig seien. Solarify zitiert wichtige Ausschnitte.

CO2 – Montage © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Macron präsentierte am 27.11.2018 zwar eine neue Klimapolitik, hält aber weiter an Atomstrom fest. Immerhin  will er das Pannen-AKW Fessenheim 2021 vom Netz nehmen. Aber generell verzichtet Macron nicht so schnell auf Atomstrom. In einer Rede über die französische Energiewende versprach der Präsident am 27.11.2018 „eine tiefgreifende Veränderung der Politik“. Sein Ziel: eine Klimapolitik, die saubere, bezahlbare und sozial verträgliche Energie ermöglicht. Macron will „nicht mehr mit dem Kopf durch die Wand“. Hanke: „An politischer Intelligenz hat er gewonnen“.

Immerhin hätten schon fast zwei Wochen Tausende Franzosen Autobahnen, Schnellstraßen und Treibstoffdepots blockiert. „Künden die gelben Warnwesten eine soziale Revolte an, die Frankreichs Regierung bei der Erhöhung der Energiesteuern, und vielleicht nicht nur da, in die Knie zwingen wird? Rund zwei Drittel der Franzosen erwarten eine soziale Explosion. Das klingt nach ‚Friede den Hüten, Krieg den Palästen’“.  Doch der drohende Aufstand gehöre zur französischen Befindlichkeit wie gutes Essen und Schimpfen auf die Regierung. Seit nicht weniger als 20 Jahren erwarteten zwei Drittel der Franzosen die soziale Revolte. Zu den Besonderheiten unseres Nachbarn gehöre, „dass es auch darüber verlässliche Statistiken gibt“.

Tags darauf sah es bereits anders aus: Hanke titelte zwar: „Noch keine Entwarnung für Macron“ – attestierte der Bewegung der „gilets jaunes“ aber, sie „schwächelt. Die Gegner der Steuererhöhungen auf Kraftstoff zogen am vergangenen Wochenende zwar wieder ihre „Gelbwesten“ an. Aber sie mobilisierten nach Angaben des Innenministeriums landesweit nur halb so viele Menschen wie eine Woche zuvor.“ Habe Hollandes „angeblich so neoliberaler Nachfolger Emmanuel Macron“ die rebellische französische Seele zunächst spürbar beruhigt, sie die Rebellions-Quote allerdings wieder auf einen „historischen Mittelwert gestiegen“.

Direkter Anlass war laut Hanke das Zusammenfallen zweier neuer, bzw. Erhöhung von Abgaben: Steuern auf CO2 und Diesel. Beide habe Macron von seinem Vorgänger geerbt. Schon vor anderthalb Jahren hätten seine Berater aber Macron gewarnt. Es sei äußerst riskant, beide Steuererhöhungen „kalt durchzuziehen“. Er müsse unbedingt „mit einem großen Teil des zusätzlichen Aufkommens sozial schwache Pendler entlasten, die vom Auto abhängen. Und vor der Erhöhung müsse die Regierung sorgfältig erklären, wieso der Klimaschutz eine höhere Steuer auf CO2 erfordere“. Macron schlug die Warnungen in den Wind, obwohl er habe wissen können, wie hoch entzündlich die Steuer auf Treibstoff“ sei. Macrons glück- und farbloser Vorgänger habe nämlich ein ähnliches Echo erzeugt, als er eine elektronische Maut einführen wollte – damals nannten sie sich bonnets rouges oder rote Mützen. Hollande knickte ein und verzichtete auf die Abgabe.

Hanke sieht aber einen Unterschied zwischen beiden Präsidenten: „Macron will standhafter sein“. Am 23.11.2018 habe er nämlich bekanntgegeben, dass es bei den Steuererhöhungen bleibe. Aber: Er hat „bereits 500 Millionen Euro zusätzlich für soziale Erleichterungen zur Verfügung gestellt. Und aus Angst davor, dass sich die Lkw-Fahrer den gelben Westen anschließen könnten, setzt die Regierung die für 2020 geplante neue Lkw-Vignette erst einmal aus. Die Regierung hat Angst davor, dass die gelben Westen etwas schaffen, was den Gewerkschaften misslungen ist: zum Katalysator einer breiteren Protestbewegung zu werden, die Macron zur Beendigung seiner Reformen zwingt.“

Nun wolle er endlich umschalten, sagen seine Berater – so Hanke. Und, dass Macron seine Reformen nicht als „Kommandoaktion“ durchreiten wolle. „Statt Reformen im Alleingang durchzudrücken, werde er wie zuvor im Wahlkampf erst dem Land den Puls fühlen. Auf ganz neue Weise, nämlich basisdemokratisch, wolle er Veränderungen vorbereiten. Die Frage ist, ob die Franzosen da mitspielen – und ob Reformen auf diese Weise besser möglich sein werden oder ob man sie völlig zerredet.“

[note Solarify meint: Hoffentlich wirken sich die Gelbwesten-Proteste nicht nach Osten aus – will heißen, dass unsere Regierung erst recht am Dieselprivileg festhält und E-Fuels lieber nicht steuerlich besser stellt…]

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