Schulze will Einwegbecher verteuern

5.300 pro Minute – 5,8 Milliarden im Jahr

Um der Berge von Einwegbechern Herr zu werden, will Bundesumweltministerin Svenja Schulze deren Kosten erhöhen. Sie denkt dabei über einen Fonds zur Beseitigung des herumliegenden Mülls nach. Derweil hat das Verbot von Einmal-Plastik die letzte europäische Hürde genommen: Der Europäische Rat beschließt strikte Vorgaben für Plastikprodukte Die Europäische Union hat mit der Einweg-Plastik-Richtlinie neue rechtliche Grundlagen für einen nachhaltigen Umgang mit Kunststoffen geschaffen.

Die Zustimmung der Mitgliedstaaten war der letzte Schritt im europäischen Gesetzgebungsverfahren. Die Richtlinie umfasst unter anderem ein Vermarktungsverbot für bestimmte Einweg-Kunststoffprodukte, die die Meere belasten. Damit will die Europäische Union den Eintrag von Abfällen in die Weltmeere deutlich verringern. Außerdem legt die Richtlinie Mindestmengen für den Einsatz von Kunststoff-Rezyklaten bei Kunststoffflaschen fest und ermöglicht es, bestimmte Branchen stärker an den Kosten für die Beseitigung der Vermüllung zu beteiligen.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze: „Die neuen EU-Vorgaben helfen uns, eine echte Trendwende zu bewirken, hin zu weniger kurzlebigen Verpackungen, weniger Müll und mehr Recycling. Die EU stellt sich damit ihrer Verantwortung für die weltweite Verschmutzung der Meere. Weil dazu vor allem Plastikabfälle beitragen, ist es nur folgerichtig, Einmalgeschirr, -besteck und andere Wegwerfprodukte aus Plastik rasch zu verbieten. In Deutschland sollen diese Produkte bereits vor 2021 aus den Regalen verschwinden. Dazu werde ich meine Gespräche mit dem Handel fortsetzen. Außerdem können wir Hersteller einfacher an den Entsorgungskosten ihrer Produkte beteiligen, wenn diese Parks, Wege oder Strände vermüllen. Davon werden wir sowohl bei Einwegkaffeebechern als auch bei Zigaretten Gebrauch machen.“

Die Einweg-Plastik-Richtlinie der EU umfasst im Wesentlichen:

  • ein Vermarktungsverbot: Dies betrifft Kunststoffteller und -besteck, Kunststoffrührstäbchen, Luftballonhalter und Kunststofftrinkhalme, Getränkebecher aus geschäumten Polystyrol, Wattestäbchen mit Kunststoffanteil. Sie werden ab 2021 nicht mehr gehandelt werden. Laut EU-Angaben machen diese Plastikartikel etwa 70 Prozent des in den Meeren schwimmenden Plastikmülls aus. Zudem gibt es für diese Produkte bereits leicht erhältliche und erschwingliche Alternativen, zum Beispiel aus Bambus, Papier oder Holz.
  • Anforderungen an das Produktdesign von Kunststoffprodukten: Die Verschlüsse von Einwegflaschen aus Kunststoff müssen fest mit der Flasche verbunden sein, damit sie nicht einzeln in der Umwelt landen. Dies gilt spätestens ab 2025.
  • Kennzeichnungsvorschriften für den Einwegcharakter beziehungsweise für die umweltschädliche Wirkung bestimmter Produkte, wenn diese unachtsam weggeworfen werden: Dazu zählen Luftballons, Zigarettenfilter, Kunststoffbecher und Hygieneartikel mit Kunststoffanteil.
  • eine erweiterte Herstellerverantwortung: Diese gilt für leichte Kunststofftragetaschen, Getränkebecher, Zigarettenfilter, Fanggeräte der Fischerei. Dazu gehört zum Beispiel die Pflicht der Hersteller, sich an den Reinigungskosten zu beteiligen, die diese Produkte verursachen, wenn sie in der Umwelt landen. Dazu wird das Verpackungsgesetz entsprechend erweitert werden.
  • Maßnahmen zur Verbrauchs-und Abfallminderung: Diese gilt unter anderem für Getränkebecher und Fast Food-Verpackungen mit Kunststoffanteilen.

Darüber hinaus schreibt die Richtlinie vor, dass Einweg-Getränkeflaschen aus Kunststoffen bis 2023 zu mindestens 30 Prozent aus Rezyklaten, also recycelten Kunststoffen, bestehen müssen.

Die Richtlinie tritt 20 Tage nach Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft. Danach haben die EU-Staaten zwei Jahre Zeit, sie in nationales Recht umzusetzen.

FairCup erhält Umweltzeichen für Mehrwegbechersystem

Das Startup „FairCup“ erhält als erstes Unternehmen den Blauen Engel für sein Mehrwegbechersystem. Begonnen hatte FairCup als Schülerprojekt einer berufsbildenden Schule in Göttingen. Mittlerweile ist das Unternehmen in ganz Deutschland verbreitet. Ziel des Blauen Engel für ressourcenschonende Mehrwegbechersysteme (DE-UZ 210) ist es, den Verbrauch von Einwegbechern zu verringern und umweltverträgliche Mehrwegbechersysteme zu etablieren.

Einer aktuellen Studie des Umweltbundesamtes (UBA) zufolge werden pro Jahr im Außer-Haus-Verkauf 2,8 Milliarden Einwegbecher jährlich für Heißgetränke genutzt, davon 1,7 Milliarden Pappbecher. Die Folge: Immer mehr weggeworfene Einwegbecher verschmutzen öffentliche Plätze, Straßen und die Natur. Das Littering, also das achtlose Wegwerfen der Abfälle im öffentlichen Raum, belastet unsere Umwelt. Die Menge des Abfalls in den Städten kostet die Kommunen viel Aufwand und Geld. Außerdem werden für Einwegbecher wertvolle Ressourcen wie Holz und Kunststoff sowie Wasser und Energie benötigt. Dem steht eine Nutzungsdauer von vielleicht fünfzehn Minuten gegenüber.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze: „Einwegbecher sind vor allem in Städten ein wachsendes Umweltproblem. Auch der Ressourceneinsatz ist beträchtlich: Einwegbecher werden nur 15 Minuten genutzt, müssen aber immer wieder neu aus Frischfaserpapier hergestellt werden. FairCup zeigt mit seiner Mehrweglösung, dass umweltfreundlicher Konsum auch beim Kaffee möglich ist, ohne das To-Go-Lebensgefühl aufzugeben.“

Das Startup FairCup entstand 2016 auf Initiative der Lehrerin Sibylle Meyer und ihren damaligen Schülerinnen und Schülern der berufsbildenden Schule II in Göttingen. Die Besonderheit bei den FairCup-Bechern ist, dass sie ganz einfach in Leergutautomaten in beteiligten Supermärkten zurückgegeben werden können. Der Automaten-Partner von FairCup hat schon jetzt 30.000 Standorte, Tests laufen aktuell in ausgewählten Supermärkten in Göttingen und Hildesheim. Neben Heiß-und Kaltgetränken eignen sich die Becher auch für Speisen wie etwa Salate.

Die Kriterien des Blauen Engel für Mehrwegbecher beinhalten sowohl Anforderungen an die Becher selbst als auch an die Anbieter. Bei der Herstellung der Mehrwegbecher und -deckel müssen unter anderem umwelt- und gesundheitsbelastende Materialien vermieden werden. Ausgeschlossen sind beispielsweise Melaminharze und Polycarbonat-Kunststoffe, die Bisphenol A freisetzen können. Um das Abfallaufkommen nicht zu erhöhen, müssen die Becher ein werkstoffliches Recycling ermöglichen. Dies bedeutet, dass Kunststoffbecher nur aus sortenreinem Kunststoff ohne Beschichtung mit anderen Materialien hergestellt werden dürfen. Außerdem müssen die Becher langlebig sein und eine Lebensdauer von mindestens 500 Spülzyklen aufweisen. Ökobilanzielle Rechnungen aus einer aktuellen UBA-Studie zur Reduzierung von Einwegkaffeebechern zeigen, dass die Häufigkeit der Wiederverwendung der Becher ein wichtiges Kriterium zur Umweltentlastung darstellt.

Weiterhin muss für den Blauen Engel ein Pfand auf Becher und Deckel gefordert werden. Am Ende der Lebensdauer müssen Becher und Deckel zurückgenommen und recycelt werden. Die Anbieter müssen sich überdies verpflichten, die „Guten Regeln“ für den Heißgetränke-Ausschank einzuhalten: Kundinnen und Kunden soll entweder immer erst der Mehrwegbecher und -deckel angeboten werden oder kundeneigene Becher befüllt werden. Weiterhin müssen die Mehrwegbechersystem-Anbieter nachweisen, dass ihr Logistikkonzept zur ökologischen Optimierung von Transportwegen und von Transportfahrzeugen beiträgt.

Pappbecher – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Deutsche Umwelthilfe fordert Abgabe und verbindliches Reduktionsziel zum Stopp der Kaffeebecherflut

Eine neue Studie des Umweltbundesamtes belegt das Ausmaß des Problems mit Einwegbechern in Deutschland: Im Jahr werden 2,8 Milliarden Einwegbecher für Heiß- und 3 Milliarden für Kaltgetränke im Außer-Haus-Konsum verbraucht (70 pro Kopf). In der Folge werden sie besonders oft in der Umwelt gefunden und verschmutzen öffentliche Plätze, Parks und die Natur. Die ständige Neuherstellung von Einwegbechern vergeudet Ressourcen, belastet das Klima und verschmutzt die Umwelt. Weil aber nur ein Bruchteil der Einwegbecher  recycelt wird, fordert die Deutsche Umwelthilfe eine Abgabe von mindestens 20 Cent auf Einwegbecher, 10 Cent auf Einwegdeckel und die Einführung eines verpflichtenden Reduktionsziels von 70 Prozent bis 2022.

Die Stellvertretende DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz: „Wir brauchen ambitionierte gesetzliche Regelungen, die viel wirksamer sind, als es freiwillige Vereinbarungen mit der Wirtschaft je sein könnten. Wir fordern die Einführung eines verpflichtenden Reduktionsziels von 70 Prozent und einer Abgabe auf Einwegbecher und Deckel. Selbstverpflichtungen haben bisher noch kein Umweltproblem nachhaltig gelöst“.

Und Thomas Fischer, DUH-Leiter für Kreislaufwirtschaft: „Als Alternative zu Einwegbechern können Verbraucher ihren Kaffee klassisch vor Ort aus einer Tasse trinken, ihren eigenen Mehrwegbecher zur Wiederbefüllung mitbringen oder das Getränk aus einem Mehrwegbecher mit Pfand genießen, den viele Coffee-to-go-Anbieter gleichermaßen nutzen. Allerdings beteiligen sich an besonders verbraucherfreundlichen Mehrwegbechersystemen mit Pfand bislang kaum große Coffee-to-go-Ketten. Das ist jedoch notwendig, damit eine Flächendeckung bei den Rückgabestellen erreicht wird. Je einfacher die Becherrückgabe, desto größer die Akzeptanz bei den Verbrauchern. Eine Abgabe und ein ambitioniertes Reduktionsziel für Einwegbecher würde insbesondere die Teilnahme von großen Kaffeehausketten und Kantinenbetreibern an Pool-Bechersystemen massiv vorantreiben“.

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