Durch Klimakatastrophe droht Waldsterben 2.0

Bund Naturschutz Bayern fordert: Politik muss Klima jetzt schützen

Im Rahmen einer Pressekonferenz verdeutlichte der BUND Naturschutz in Bayern (BN) am 05.07.2019 die dramatischen Ausmaße, die das Sterben von Bäumen und teilweise ganzer Wälder in verschiedenen Regionen Bayerns bereits angenommen hat. „Wir stehen vor einem Waldsterben 2.0, das durch die Klimakrise verursacht wird“, sagte Richard Mergner, Landesvorsitzender des BN. „Verantwortlich dafür machen wir die Politik, weil sie über Jahre hinweg versäumt hat, wirkungsvolle Maßnahmen zum Schutz des Klimas – und damit auch zum Schutz der Wälder – auf den Weg zu bringen.“

Waldschaden durch Unwetter in Mecklenburg Vorpommern 2018 – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Um die Klimakrise und das Waldsterben 2.0 zu stoppen, brauche es eine ähnliche Kraftanstrengung wie beim Waldsterben in den 80er Jahren. Damals sei es der Regierung Kohl 1983 gelungen mit der Großfeuerungsanlagen-Verordnung die Luftschadstoffe, v.a.  durch Rauchgasentschwefelungsanlagen das Schwefeldioxid um über 80 % zu reduzieren und dadurch das Waldsterben zu stoppen. „Wir brauchen sofort politische Entscheidungen zum Schutz des Klimas, auch auf globaler Ebene,“ verlangte Mergner. „Wir fordern die Politiker auf Landes-, Bundes- und Europaebene auf, hier mit gutem Beispiel voranzugehen und umgehend wirkungsvolle Klimaschutzmaßnahmen.“ Die Schäden für Gesellschaft und Waldbesitzer durch die Klimakrise sind heute schon enorm. „Die Folgekosten für ein weiteres Aussitzen der Klimakrise durch die Politik wären deutlich höher als die Kosten für Klimaschutzmaßnahmen“, so Mergner.

BN fordert, konkrete Klimaschutzmaßnahmen umgehend zu beschließen

„Wir appellieren an Ministerpräsident Markus Söder, dem Waldsterben 2.0 in Bayern nicht mehr länger tatenlos zuzusehen, “ so Mergner, „sondern sich aktiv für mehr Klimaschutz stark zu machen.“ Davon würden Waldeigentümer wie Gesellschaft profitieren. Als Oberziel für die globale Erwärmung muss die 1,5 °C Grenze gemäß der Beschlüsse der Klimaschutzkonferenz Paris 2015 eingehalten werden. „Wir brauchen jetzt keine allgemeinen Sonntagsreden mehr, sondern konkrete und wirksame Klimaschutzmaßnahmen in verschiedenen Sektoren“, so Mergner, „wie z.B. ein bayerisches Klimaschutzgesetz oder ein Tempolimit.“

Söder: Bayerischer Staatswald soll „Klimaspeicher“ werden
Der bayerische Staatswald soll künftig nicht mehr gewinnorientiert bewirtschaftet, sondern zum „Klimaspeicher“ umgebaut werden, verkündete der bayerische Ministerpräsident Markus Söder am 10.07.2019: Es sollten mehr Bäume gepflanzt werden – insgesamt 30 Millionen ein den nächsten fünf Jahren – fünf Millionen mehr als bisher geplant. Dem Haushalt entgehen laut BR dadurch 10 bis 30 Millionen Euro jährlich. Für Privatwälder soll es ebenfalls mehr Mittel geben. Söder zufolge geht es um eine „moralische Herausforderung zur Bewahrung der Schöpfung“, Klimaschutz müsse unabhängig von der konjunkturellen Lage gestaltet werden.
Am 03.07.2019 hatten schweizerische und amerikanische Forscher in Berlin eine Arbeit mit der These vorgestellt, Bäumepflanzen könne entscheidend gegen die Erderwärmung wirken –  das sei die Erkenntnis einer aktuellen Untersuchung. „Die wichtigste Waffe gegen die Klimakrise sind Bäume“, habe  Jean-François Bastin von der ETH-Zürich gesagt. Der gleichen Meinung sind seine Kollegen Robin Chazdon, USA, und Pedro Brancalion, Brasilien. Alle haben ihre Erkenntnisse eben in der Fachzeitschrift Science veröffentlicht: Die Weltgemeinschaft könnte zwei Drittel der anthropogenen CO2-Emissionen binden, wenn sie Wälder im globalen Maßstab aufforste. Laut der Untersuchung könnte die weltweite Waldfläche um 0,9 Milliarden Hektar vergrößert werden – etwa die Fläche der Vereinigten Staaten.
Offenbar reagierte der publikumsbewusste Ober-Bayer auf den Hype, den die Publikation ausgelöst hatte – allerdings war sie unmittelbar darauf recht umstritten (siehe: solarify.eu/retten-baeume-das-weltklima und solarify.eu/lesehinweis-zu-schoen-um-wahr-zu-sein).

Dramatische Entwicklung der Waldschäden: Waldsterben 2.0 droht

Die Klimakrise trifft die Wälder verschiedener Regionen Bayerns und Deutschlands hart. Vor allem die Nadelbaumarten Kiefer und Fichte leiden unter den zunehmenden Klimaextremen Hitze, Trockenheit und Stürme. In Nordbayern und etlichen Bundesländern sterben in den tieferen und wärmeren Lagen immer mehr Kiefern ab, teilweise gar ganze Wälder. „Wenn man durch in Deutschland fährt, sieht man an vielen Stellen tote Kiefern, die an den rot gefärbten Kronen gut zu erkennen sind“, so Ralf Straußberger, Wald- und Jagdreferent des BN. Auch die Baumart Schwarzkiefer ist massiv betroffen, die bisher als besonders wärmetolerant gegolten hat. Der größte Schwarzkiefernbestand Deutschlands im Landkreis Würzburg ist zu ca. 80 % massiv geschädigt. Inzwischen (16.07.2019) hat der Bund Deutscher Forstleute den Wald-Klimanotstand ausgerufen – siehe solarify.eu/foerster-und-waldbesitzer-in-sorge.

In den Mittelgebirgen und in Südbayern rafft der Borkenkäfer zahlreiche Fichten dahin, die durch Hitze und Trockenheit so geschwächt sind, dass sie dem Borkenkäfer massenhaft zum Opfer fallen. Die Ausbreitung der Fichten-Borkenkäfer ist in einigen Privatwäldern so massiv, dass manche Waldbesitzer den Kampf gegen den Borkenkäfer aufgegeben haben. Es fehlen auch schlicht die Kapazitäten für die Aufarbeitung der Borkenkäferschäden. Als Alternativen zu diesen besonders gefährdeten Baumarten gelten Eichen, Buchen und Weißtannen, die eine moderate Erwärmung verkraften würden. Aber auch diese Baumarten stehen unter Stress und würden eine Klimaerwärmung von 4 bis 5 °C wohl nicht überleben. „Ein derartiges Mittelmeerklima würde wohl keine unserer heimischen Baumarten verkraften“, so Straußberger. „Die bisherigen Waldumbaubemühungen, d.h. die Unterpflanzungen der Waldbesitzer und Förster sind gefährdet, wenn die Politik nicht endlich beim Klimaschutz handelt“. Eine weitere Verschärfung des Baum- und Waldsterbens würde zahlreiche zentrale Leistungen dieser Wälder für die Daseinsvorsorge stark beeinträchtigen und gefährden. Dies beträfe den Trinkwasser-, Hochwasser-, Klima-, Boden-, Lawinen- und den Biotopschutz dieser Wälder, so z.B. die Trinkwasserversorgung und die Bewohnbarkeit des Alpen- und Voralpenraums sowie der Flusstäler.

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