DIHK besorgt über „Schneckentempo“ bei Windkraftausbau

Grund sind unter anderem langwierige Genehmigungsverfahren – DIHK sieht Ansatzpunkte zur Beschleunigung

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) diagnostiziert beim schleppenden Ausbau der Windenergie in Deutschland eine „alarmierende Entwicklung“. Deutschland sei hier „von der Überholspur auf den Standstreifen gewechselt“, kritisierte der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks am 28.08.2019 in Berlin. Die Unternehmen – nicht nur aus der Windkraftbranche – seien von diesem „Schneckentempo direkt betroffen“. Denn wenn Deutschland gleichzeitig aus der Kohle und der Kernenergie aussteigt, muss der Strom aus anderen Quellen kommen. Der DIHK hat den Status quo sowie die Ursachen der Stagnation analysiert und erste Vorschläge entwickelt.

3x Rot für Onshore-Wind – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Durch infolge des Atomausstiegs bis 2022 und des bis 2038 angepeilten Endes der Kohleverstromung müsse die Energie aus anderen Quellen kommen. „Versorgungssicherheit ist für alle Unternehmen entscheidend – vom Konzern bis zum Ein-Mann-Betrieb“, erklärte Dercks. Bereits kurze Unterbrechungen bei der Stromzufuhr könnten Betriebsabläufe empfindlich stören.

Zwar löste die Windenergie im ersten Halbjahr 2019 mit 55 Terawattstunden (TWh) erstmals die Braunkohle (53 TWh) als Nummer eins bei der Stromerzeugung in Deutschland ab. Doch zugleich brach der Bau von neuen Anlagen deutlich ein – im ersten Halbjahr 2019 laut DIHK auf den niedrigsten Stand seit dem Start des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Jahr 2000. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat angesichts dieser Entwicklung für den 6. September zu einem Windenergiegipfel in Berlin geladen.

Täglich fünf neue Anlagen mit 3 MW nötig

Im ersten Halbjahr 2019 seien Windkraftkapazitäten von nur noch 280 Megawatt neu errichtet worden, während es im gesamten Vorjahr noch 2.500 Megawatt waren. Zudem führten die stockenden Genehmigungen für neue Projekte dazu, dass der Ausbau auf absehbare Zeit niedrig bleibe. „Mit diesem Tempo kann die Bundesregierung ihre selbstgesteckten Ziele beim Klimaschutz und bei erneuerbaren Energien nicht erreichen“, befürchtete Dercks. Für das neue 2030er-Ziel, 65 Prozent der Energien aus erneuerbaren Quellen zu gewinnen, seien jeden Tag fünf neue Anlagen mit 3 Megawatt Leistung erforderlich und nicht alle zwei Tage eine. „Und selbst das reicht nur, wenn der Stromverbrauch nicht ansteigt“, betont der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer.

Schon jetzt melde jeder vierte Industriebetrieb, von kurzen Stromausfällen betroffen zu sein. „Angesichts der ohnehin schwierigen Lage für die deutsche Exportwirtschaft müssen wir hier dringend gegensteuern“, mahnt er. Aus der Analyse der Fakten haben sich folgende erste vorläufige Vorschläge herausgebildet, die der DIHK mit Blick auf die aktuelle politische Diskussion bereits auf den Tisch legt:

  1. eine massive Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren
  2. die Schaffung bundesweit einheitlicher Regeln für Abstände zur Wohnbebauung, die den weiteren Ausbau nicht hemmen
  3. die intensive Auseinandersetzung mit dem Thema Flächenkonkurrenzen
  4. ein stärkerer Ausbau von Wind im Wald
  5. eine flexible Gestaltung der Auktionsvolumina
  6. die Beschleunigung des Zubaus von Photovoltaik

Über das, was zu tun ist, damit der Ausbau der Windenergie wieder Fahrt gewinnt, befindet sich der DIHK im weiteren Austausch mit den Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen in seinen Gremien. Nötig seien bundeseinheitliche Regeln, die den Unternehmen Planungssicherheit verschafften. So spielt etwa der Abstand von Windkraftanlagen zu Wohnhäusern in vielen Bundesländern eine zunehmende Rolle. Prominent sei hierbei das Beispiel Bayern, wo der Mindestabstand zu Siedlungen das Zehnfache der Höhe der Windräder betragen muss. Da neue Anlagen gemessen an der Flügelspitze rund 200 Meter hoch sein können, beträgt der Abstand dann etwa zwei Kilometer. Diese Regelung hat den Bau von Windrädern in Bayern laut DIHK weitgehend zum Erliegen gebracht. Außerdem habe Deutschland im internationalen Vergleich besonders strenge Regeln beim Thema Flugnavigationsanlagen – mindestens 15 Kilometer muss der Abstand von Windrädern zum nächsten Drehfunkfeuer betragen.

Auch PV schneller ausbauen

Dennoch müsse der Ausbau der Windenergie weitergehen, wenn die Ziele der Energiewende auch nur ansatzweise erreicht werden sollten. Für denkbar hält der DIHK etwa auch Windkraftanlagen im Wald. Denn durch die anhaltende Trockenheit seien an vielen Stellen Lücken entstanden, die teils durch Windräder genutzt werden könnten. Zugleich sei ein schnellerer Ausbau bei der Photovoltaik nötig, um den fehlenden Ausbau der Windkraft an Land zumindest ein Stück weit auszugleichen.

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